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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zurückgelassen und sie angezündet«, sagte sie zu Jamie. Auch ihre Augen waren schwarz vor Traurigkeit, doch etwas Leben nistete noch darin. »Jetzt gehen wir nach Norden, nach Oglanethaka.« Ihre Hände spannten sich auf Nacognawetos Schultern an, und sie nickte Jamie zu. »Geh jetzt.«
    Er ging, und der Schmerz, den das Lager verströmte, haftete ihm an wie Rauch, der sich durch Kleider und Haare frißt. Und als er das Lager verließ, sprang die Selbstsucht wie ein kleiner, grüner Sprößling in seinem verkohlten Herzen auf, Erleichterung, daß der Schmerz - für dieses Mal - nicht der seine war. Seine Frau lebte noch. Seine Kinder waren in Sicherheit.
    Er blickte zum Himmel auf und sah, wie sich der dumpfe Glanz der sinkenden Sonne in dem rauchigen Leichentuch widerspiegelte. Er verlängerte seine Schritte und wechselte in die raumgreifende Gangart des Bergläufers. Er hatte nicht viel Zeit; die Nacht kam schnell.

ACHTER TEIL
    Beaucoup

30
    Spurlos
    Oxford, April 1971
    »Nein«, sagte er nachdrücklich. Roger schwang herum, um durch das Fenster auf den verhangenen Himmel zu blicken, während er sich den Hörer ans Ohr hielt. »Auf gar keinen Fall. Ich fahre nächste Woche nach Schottland, das habe ich Ihnen doch gesagt.«
    »Oh, aber Roger«, beschwor ihn die Stimme der Dekanin. »Das ist doch wirklich etwas für Sie. Und es würde Ihren Terminplan kaum verzögern; nächsten Monat um diese Zeit könnten Sie in den Highlands Ihren Rehen hinterherjagen - und Sie haben mir doch selbst gesagt, daß Sie Ihrrre Süße nicht vor Juli errrwarrrten.«
    Roger knirschte mit den Zähnen, als er hörte, wie die Dekanin sich an einem schottischen Akzent versuchte, und öffnete den Mund, um noch einmal nein zu sagen, doch er war ein bißchen zu langsam.
    »Und es sind Amerikaner, Rog«, sagte sie. »Sie können doch so gut mit Amerikanern. Wo wir gerade von Frrrauen sprechen«, fügte sie mit einem kurzen Glucksen hinzu.
    »Jetzt hören Sie mal, Edwina«, sagte er und rang um Geduld. »Ich muß in diesen Ferien einiges erledigen. Und dazu gehört nicht, daß ich amerikanische Touristen durch die Londoner Museen scheuche.«
    »Nein, nein«, versicherte sie ihm. »Wir haben bezahlte Aufpasser für die Touristengeschichten; Sie hätten nur mit der Konferenz selbst zu tun.«
    »Ja, aber…«
    »Geld, Roger«, schnurrte sie durchs Telefon und zog damit ihre Geheimwaffe. »Es sind Amerikaner, habe ich gesagt. Sie wissen, was das bedeutet.« Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause, damit er sich in Ruhe das Entgelt für die Ausrichtung einer einwöchigen Konferenz für eine amerikanische Besuchergruppe ausmalen konnte, deren offizieller Aufpasser erkrankt war. Im Vergleich zu seinem normalen Gehalt war es eine astronomische Summe.
    »Äh…« Er konnte spüren, wie er schwach wurde.

    »Ich habe gehört, Sie wollen demnächst heiraten, Rog. Damit könnten Sie doch eine Extraportion Haggis für die Hochzeit kaufen, oder?«
    »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, wie subtil Sie sind, Edwina?« wollte er wissen.
    »Noch nie.« Sie gluckste noch einmal kurz und wechselte dann abrupt in den Beamtenmodus. »Also gut, dann sehen wir uns Montag in einer Woche beim Vorbereitungstreffen«, und dann legte sie auf.
    Er unterdrückte den zwecklosen Impuls, den Hörer auf den Boden zu knallen und ließ ihn statt dessen auf die Gabel fallen.
    Vielleicht war es ja gar keine so schlechte Idee, dachte er dumpf. Ehrlich gesagt war ihm das Geld egal, doch vielleicht würde ihn die Organisation einer Konferenz ablenken. Er hob den mehrfach zerknüllten Brief auf, der neben dem Telefon lag, und strich ihn glatt. Sein Blick wanderte über die entschuldigenden Zeilen, ohne sie wirklich zu lesen.
    Tut mir so leid, hatte sie gesagt. Besondere Einladung zu einer Ingenieurstagung in Sri Lanka (Gott, besuchten denn alle Amerikaner im Sommer irgendwelche Konferenzen?), wichtige Kontakte, Bewerbungsgespräche ( Bewerbungs gespräche? Himmel, er hatte es gewußt, sie würde nicht zurückkommen!) - konnte nicht nein sagen. Tut mir wahnsinnig leid. Bis September dann. Ich schreibe Dir. In Liebe.
    »Ja klar«, sagte er. »In Liebe.«
    Er knüllte das Blatt wieder zusammen und warf es gegen die Anrichte. Es prallte vom Rand des silbernen Bilderrahmens ab und fiel auf den Teppich.
    »Du hättest es mir geradeheraus sagen können«, sagte er laut. »Also hast du einen anderen gefunden; du hattest damals also recht, nicht wahr? Du warst klug und ich der Dumme. Aber

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