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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ein wenig mit dir unterhalten.«
    Brianna sah sie verwundert an, konnte aber nichts an den bleichen, ebenmäßigen Gesichtszügen und den schrägen Augen ablesen, die den ihren so ähnlich waren.
    »Ja«, sagte sie langsam. »Natürlich bleibe ich.«
    Ein Lächeln berührte Jennys Mundwinkel. Ihr Haar war tiefschwarz mit weißen Streifen wie das Gefieder einer Elster.
    »Das ist gut«, sagte sie leise. Das Lächeln breitete sich langsam aus, während sie ihre Nichte ansah.
    »Herr im Himmel, du bist wie mein Bruder.«

     
    Als sie allein war, wandte sich Brianna wieder dem Brief zu, las noch einmal langsam den Anfang und ließ den Raum um sie herum verblassen, verschwinden, als Jamie Fraser in ihren Händen lebendig wurde, seine Stimme so lebendig in ihrem inneren Ohr, daß er hätte vor ihr stehen können, das rote Haar glänzend in der Sonne, die durch das Fenster schien.
     
    Samstag, 1. Oktober
    Große Überraschung heute. Zwei Gäste sind aus Cross Creek gekommen. Du erinnerst dich vielleicht, daß ich Dir von Lord John Grey erzählt habe, den ich aus Ardsmuir kenne. Ich habe Dir nicht erzählt, daß ich ihn zwischenzeitlich auf Jamaika getroffen hatte, wo er der Gouverneur der Krone war.
    Er ist vielleicht der letzte Mensch, den man in dieser entlegenen Gegend erwarten würde. So weit entfernt von allen Spuren der Zivilisation, ganz zu schweigen von den luxuriösen Amtsgebäuden und dem Prunk und Pomp, den er gewohnt ist. Jedenfalls waren wir höchst erstaunt über sein Erscheinen, obwohl wir ihn sofort herzlich empfangen haben.
    Leider muß ich sagen, daß es ein trauriges Ereignis ist, welches ihn hergeführt hat. Seine Frau, die mit ihrem Sohn aus England unterwegs war, hat sich unterwegs eine fiebrige Erkrankung zugezogen und ist noch auf See daran gestorben. Aus Angst, daß sich die Miasmen der Tropen für den Jungen genauso tödlich wie für seine Mutter erweisen könnten, beschloß Lord John, daß der Junge nach Virginia gehen sollte, wo Lord Johns Familie beachtlichen Landbesitz hat, und er entschloß sich, ihn selbst dorthin zu begleiten, da er sehen konnte, daß der Junge vom Verlust seiner Mutter schwer getroffen war.
    Ich drückte ihm mein Erstaunen wie auch meine Zufriedenheit darüber aus, daß sie sich zu dem Umweg entschlossen haben, der nötig war, um diesen entlegenen Ort aufzusuchen, doch Lord John will nichts davon hören und sagt, es sei sein Wunsch, daß der Junge etwas von den verschiedenen Kolonien sieht, damit er den Reichtum und die Vielfalt dieses Landes schätzen lernt. Der Junge kann es nicht abwarten, den Indianern zu begegnen - und erinnert mich in dieser Beziehung an Ian vor nicht allzulanger Zeit.
    Er ist ein hübscher Junge, hochgewachsen und wohlgeformt für sein Alter, welches, so glaube ich, ungefähr zwölf ist. Er trauert immer noch um den Tod seiner Mutter, doch er ist ein angenehmer Gesprächspartner und hat gute Manieren, denn schließlich ist er ein
Graf (Lord John ist sein Stiefvater, glaube ich; sein Vater ist der Graf von Ellesmere gewesen). Sein Name ist William.
     
    Brianna drehte das Blatt um und erwartete eine Fortsetzung, doch die Passage endete abrupt an dieser Stelle. Es gab eine Unterbrechung von mehreren Tagen, bevor der Brief am vierten Oktober weiterging.
     
    Donnerstag, 4. Oktober
    Der Indianer im Maisspeicher ist heute morgen gestorben, obwohl Claire alles versucht hat, um ihn zu retten. Sein Gesicht, sein Körper und seine Gliedmaßen waren völlig mit einem schlimmen Ausschlag überzogen, was ihm ein höchst grauenvolles und gesprenkeltes Aussehen gab.
    Claire glaubt, daß er die Masern hatte, und ist sehr in Sorge, da dies eine heimtückische Seuche ist, die ansteckend ist und sich schnell ausbreitet. Sie hat niemanden in die Nähe der Leiche gelassen außer sich selbst - sie sagt, sie ist durch irgendeinen Zauber davor sicher -, doch wir haben uns alle gegen Mittag versammelt, worauf ich eine passende Bibelstelle gelesen habe und wir ein Gebet für seinen Seelenfrieden gesprochen haben - denn ich vertraue darauf, daß selbst ungetaufte Wilde ihre Ruhe in Gottes Gnade finden können.
    Wir sind uns allerdings nicht sicher, wohin wir mit den irdischen Überresten seiner armen Seele sollen. Normalerweise würde ich Ian losschicken, damit er seine Freunde holt und sie ihm das bei den Indianern übliche Begräbnis zuteil werden lassen können.
    Doch Claire sagt, das dürfen wir nicht, denn die Leiche könnte die Seuche unter dem Volk des Mannes

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