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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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jagten durch die Frühlingssonne, getrieben vom Wind, der die sprießenden Grasstengel niederbeugte.
    Ein Feld lag in langen, dunklen Furchen aus nackter, aufgehäufter Erde da. Am Rand des Feldes lag ein großer Haufen grober Steine ordentlich aufgestapelt.
    »Ist das ein Grabhügel?« fragte sie Ian und senkte ehrfurchtsvoll die Stimme. Solche Hügel dienten dem Gedenken der Toten, hatte ihre Mutter ihr gesagt - manche seit uralter Zeit -,und jeder Besucher fügte im Vorübergehen einen neuen Stein hinzu.
    Er sah sie überrascht an, folgte ihrer Blickrichtung und grinste.
    »Ah, nein, Kleine. Das sind die Steine, die im Frühling beim Pflügen zum Vorschein gekommen sind. Jedes Jahr holen wir sie aus dem Boden, und jedes Jahr kommen neue. Hol mich der Teufel, wenn ich
weiß, woher sie kommen«, fügte er hinzu und schüttelte resigniert den Kopf. »Ich schätze, die Steinfeen kommen des Nachts und säen sie aus.«
    Sie wußte nicht, ob das ein Witz war oder nicht. Unsicher, ob sie lachen sollte, stellte sie statt dessen eine Frage.
    »Was werdet ihr hier pflanzen?«
    »Oh, es ist schon gepflanzt.« Ian beschattete seine Augen und blinzelte voller Stolz über das langgezogene Feld hinweg. »Das ist unser Erdäpfelfeld. Ende des Monats sind die neuen Ranken da.«
    »Erdäpfel - oh, Kartoffeln!« Sie betrachtete das Feld mit neuerwachtem Interesse. »Mama hat mir davon erzählt.«
    »Aye, es war Claires Idee - und zwar eine gute. Die Kartoffeln haben uns schon mehr als einmal vor dem Verhungern gerettet.« Er lächelte kurz, sagte aber nichts mehr und schritt weiter auf die wilden Hügel jenseits der Felder zu.
    Es war ein langer Weg. Der Tag war windig, aber warm, und Brianna schwitzte, als sie endlich mitten auf dem groben Pfad in der Heide anhielten. Der enge Pfad schien unentschlossen zwischen einem steilen Berghang und einem noch steiler abfallenden Felsvorsprung zu schweben, der in einem plätschernden Bächlein endete.
    Ian blieb stehen, wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und bedeutete ihr, sich zwischen die aufgehäuften Granitbrocken zu setzen. Von diesem Aussichtspunkt aus lag das Tal unter ihnen, der Hof sah klein und deplaziert aus, seine Felder eine schwache Einmischung der Zivilisation in die umliegende Wildnis aus Felsgipfeln und Heide.
    Er holte eine Steingutflasche aus dem Sack, den er bei sich trug, und entkorkte sie mit den Zähnen.
    »Daran ist auch deine Mutter schuld«, sagte er grinsend und gab ihr die Flasche. »Daß ich meine Zähne noch habe, meine ich.« Er fuhr sich nachdenklich mit der Zungenspitze über die Schneidezähne und schüttelte den Kopf.
    »Hat es wirklich mit dem Grünzeug, deine Mutter, aber ich kann mich nicht beschweren, was? Die meisten Männer in meinem Alter essen jetzt nur noch Porridge.«
    »Sie hat immer gesagt, ich müßte mein Gemüse aufessen, als ich klein war. Und nach jeder Mahlzeit Zähne putzen.« Brianna nahm ihm die Flasche ab und kippte den Inhalt in ihren Mund; das Ale war kräftig und bitter, aber angenehm kühl nach dem langen Weg.
    »Als du klein warst, was?« Belustigt musterte Ian sie der Länge nach. »So ein Prachtmädchen habe ich noch nicht oft gesehen. Ich würde sagen, deine Mutter hat ihre Sache gut gemacht, aye?«

    Sie lächelte und gab ihm die Flasche zurück.
    »Zumindest war sie so klug, einen großen Mann zu heiraten«, sagte sie sarkastisch.
    Ian lachte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Er sah sie liebevoll an, und Wärme lag in seinen braunen Augen.
    »Ah, es ist eine Freude, dich anzusehen, Schätzchen. Du bist ihm sehr ähnlich, das ist wahr. Himmel, was würde ich darum geben, dabeizusein, wenn Jamie dich sieht!«
    Sie blickte zu Boden und biß sich auf die Lippen. Der Boden war dicht mit Farnen bestanden und ihr Weg hügelaufwärts war deutlich daran zu verfolgen, daß sie die grünen Farnwedel, die den Pfad überwuchert hatten, zertreten und zur Seite gedrückt hatten.
    »Ich weiß nicht, ob er Bescheid weiß oder nicht,« platzte sie heraus. »Über mich.« Sie sah zu ihm auf. »Er hat euch nichts gesagt.«
    Ian lehnte sich ein wenig zurück und runzelte die Stirn.
    »Nein, das stimmt«, sagte er langsam. »Aber ich denke, er hatte wohl keine Zeit, davon zu sprechen, selbst wenn er es wußte. Er ist nicht lange geblieben, das letzte Mal, als er hier war mit Claire. Und dann war es ein solches Durcheinander, mit allem, was passiert ist…« Er hielt inne, spitzte die Lippen und sah sie an.
    »Deine Tante

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