Der Ruf Der Trommel
meinte Brianna gedankenverloren.
»Na ja, sie hat nicht gesagt, daß sie nicht ab und zu auch mit ihnen geschlafen hat«, erklärte Roger. »Aber nicht jede Nacht.«
»Einmal reicht, um schwanger zu werden«, sagte Brianna. »Das hat meine Mutter zumindest in der Schule erzählt, beim Sexualkundeunterricht. Und dann hat sie Bilder von Spermien an die Tafel gemalt, die alle lechzend auf ein riesiges Ei zuflitzten.« Sie war wieder rot geworden, offensichtlich aber vor Belustigung.
Arm in Arm standen sie da, und er spürte ihre Körperwärme durch das dünne T-Shirt. Eine Bewegung unter seinem Kilt brachte ihn auf den Gedanken, daß es ein Fehler gewesen war, die Unterhose nicht anzuziehen.
»Vergessen wir mal die Frage, ob Spermien lechzen können - was habt ihr denn sonst so fürs Leben gelernt?«
»Alles mögliche«, erklärte sie. »Jungen und Mädchen wurden getrennt unterrichtet. In der Mädchenklasse haben wir ›Die Geheimnisse des Lebens‹ und ›Zehn Tips, wie man nein zu einem Jungen sagt‹ durchgenommen.«
»Und die Jungs?«
»Na ja, ich weiß es nicht genau, weil ich ja keine Brüder hatte, die es mir hätten sagen können. Aber ein paar von meinen Freundinnen hatten Brüder - einer von denen hat gesagt, sie hätten achtzehn verschiedene Synonyme für ›Erektion‹ gelernt.«
»Sehr nützlich«, sagte Roger und fragte sich, wozu irgend jemand mehr als eines davon brauchte. Glücklicherweise verbarg ein Sporran gleich eine ganze Anzahl von Sünden.
»Vielleicht kann man damit ein Gespräch in Gang halten - unter bestimmten Umständen.«
Ihre Wangen waren gerötet. Er spürte, wie auch ihm die Röte den Hals hochkroch, und er bildete sich ein, daß sie allmählich Aufmerksamkeit erregten. Seit er siebzehn war, hatte ihn kein Mädchen mehr öffentlich bloßgestellt, aber sie war auf dem besten Weg. Sie hatte damit angefangen - also konnte sie es auch zu Ende bringen.
»Mmpf. Unter solchen Umständen sind mir noch keine großartigen Gespräche untergekommen.«
»Du mußt es ja wissen.« Es war nicht direkt eine Frage. Etwas verspätet erkannte er, worauf sie hinauswollte. Er spannte seinen Arm an und zog sie näher an sich.
»Wenn du meinst, habe ich, ja. Wenn du meinst, bin ich, nein.«
»Wie bitte?« Ihre Lippen zitterten leicht, als sie ein Lachen unterdrückte.
»Du willst doch wissen, ob ich in England eine Freundin habe, oder nicht?«
»Will ich das?«
»Ich habe keine. Das heißt, ich habe schon eine, aber es ist nichts Ernstes.« Sie waren vor den Garderoben angekommen; beinahe Zeit, seine Instrumente zu holen. Er blieb stehen und sah sie an. »Und du? Hast du einen Freund?«
Sie war so groß, daß sie ihm in die Augen sehen konnte, und so nah, daß ihre Brüste seinen Unterarm streiften, als sie sich ihm zuwandte.
»Was hat deine Uroma doch gleich gesagt? › Is fhearr an giomach …?‹«
»› …na’bhi gun fear tighe .‹«
»Ah. Na ja, lieber einen Hummer als gar keinen Freund.« Sie hob die Hand und berührte seine Brosche. »Also, es gibt Leute, mit denen ich ausgehe. Aber ich habe keinen festen Freund - noch nicht.«
Er erwischte ihre Finger und führte sie an seinen Mund.
»Laß dir Zeit«, sagte er und küßte ihre Hand.
Das Publikum verhielt sich erstaunlich still, ganz anders als bei einem Rockkonzert. Natürlich konnten sie keinen Lärm machen, hier gab es keine E-Gitarren oder Verstärker, nur ein kleines Mikrofon auf einem Ständer. Manche Dinge hatten aber auch keine Verstärker nötig. Ihr Herz zum Beispiel, das ihr in den Ohren hämmerte.
»Hier«, hatte er gesagt, als er plötzlich mit Gitarre und Trommel in der Tür der Umkleidekabine erschien. Er hatte ihr einen kleinen braunen Umschlag gegeben. »Die habe ich gefunden, als ich Papas Papierkram in Inverness sortiert habe. Ich dachte, vielleicht willst du sie.«
Sie wußte, daß es Fotos waren, doch sie hatte sie nicht sofort angesehen. Sie hatte dagesessen und Rogers Set zugehört und versucht, nicht an die Fotos zu denken.
Er war gut - obwohl sie nur halb bei der Sache war, konnte sie hören, daß er gut war. Er hatte eine überraschend volle, tiefe Baritonstimme, und er wußte sie zu benutzen. Nicht nur, was Tonfall und Melodie anging - er hatte das Talent des echten Bühnenkünstlers, den Vorhang zwischen Sänger und Publikum zur Seite zu ziehen, in die Menge zu blicken, einen Zuhörer anzusehen und ihm zu zeigen, was hinter den Worten und der Musik lag.
Er wärmte sie mit »The Road to the
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