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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Flüstern. »Dich angelogen ?«
    »Aye, mich angelogen!« Mit plötzlicher Heftigkeit drehte er sich wieder zu ihr um. »Daß du aus Lust mit einem Mann geschlafen und dann Vergewaltigung geschrien hast, als du gemerkt hast, daß du schwanger bist! Begreifst du nicht, daß es purer Zufall ist, daß ich mir die Hände nicht mit einem Mord befleckt habe, und alles deinetwegen?«
    Sie war zu wütend zum Sprechen; ich sah, wie ihr Hals anschwoll und wußte, daß ich etwas tun mußte, sofort, bevor einer von ihnen die Gelegenheit hatte, noch etwas zu sagen.
    Ich konnte ebenfalls nicht sprechen. Blind tastete ich in meiner Rocktasche nach dem Ring. Ich fand ihn, zog ihn heraus und ließ ihn auf den Tisch fallen. Er fiel klingelnd auf das Holz, drehte sich und kam scheppernd zum Halten. Das Gold des kleinen Kreises glänzte rot im Schein des Feuers.
    Von F. für C. in Liebe. Immer.
    Jamie sah ihn an. Sein Gesicht hatte jeden Ausdruck verloren. Brianna holte schluchzend Luft.
    »Das ist doch dein Ring, Tante Claire«, sagte Ian. Er klang verblüfft und beugte sich über den Tisch, um genau hinzusehen, als traute er seinen Augen nicht. »Dein Goldring. Den Bonnet dir auf dem Fluß gestohlen hat.«
    »Ja«, sagte ich. Meine Knie fühlten sich weich an. Ich setzte mich an den Tisch und legte meine Hand über den verräterischen Ring, als könnte ich ihn wieder zurücknehmen, sein Vorhandensein leugnen.
    Jamie ergriff mein Handgelenk und hob es hoch. Wie ein Mann, der es mit einem gefährlichen Insekt zu tun hat, ergriff er den Ring vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger.

    »Wo hast du den her?« fragte er, und seine Stimme klang fast beiläufig. Er sah mich an, und Schrecken durchfuhr mich bei seinem Blick.
    »Ich habe ihn ihr mitgebracht.« Briannas Tränen waren getrocknet, verdunstet in der Hitze ihrer Wut. Sie stand hinter mir und umklammerte meine Schultern. »Sieh sie nicht so an, untersteh dich!«
    Er hob den Blick zu ihr, doch sie zuckte nicht mit der Wimper; klammerte sich nur fester an mich, und ihre Finger gruben sich in meine Schultern.
    »Wo hast du den her?« fragte er noch einmal, seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern. »Wo?«
    »Von ihm. Von Stephen Bonnet.« Ihre Stimme zitterte, doch es war vor Wut, nicht aus Angst. »Als… er… mich… vergewaltigt… hat.«
    Jamies Gesicht brach plötzlich, als hätte eine Explosion ihn von innen heraus aufgesprengt. Ich machte ein zusammenhangloses Angstgeräusch und griff nach ihm, doch er zuckte herum, drehte uns den Rücken zu und stand erstarrt mitten im Zimmer.
    Ich spürte, wie Brianna sich aufrichtete, hörte Ian wie einen Idioten »Bonnet?« sagen. Ich hörte das Ticken der Uhr auf der Anrichte, spürte den Luftzug von der Tür. Ich war mir all dieser Dinge vage bewußt, hatte aber nur Augen für Jamie.
    Ich schob die Bank zurück und kam stolpernd auf die Beine. Er stand wie angewurzelt da, die Fäuste vor dem Bauch geballt wie ein Mann mit einer Schußwunde, der versucht, das unausweichliche, tödliche Herausquellen seiner Eingeweide zu verhindern.
    Ich hätte in der Lage sein sollen, etwas zu tun, etwas zu sagen. Ich hätte in der Lage sein sollen, ihnen zu helfen, mich um sie zu kümmern. Doch ich konnte nichts tun. Ich konnte keinem von ihnen helfen, ohne den anderen zu verraten - und hatte sie schon beide verraten. Ich hatte Jamies Ehre verkauft, um ihn vor dem Unheil zu bewahren, und damit hatte ich Roger vernichtet und Briannas Glück zerstört.
    Jetzt konnte ich zu keinem von ihnen mehr gehen. Ich konnte nur dastehen und spüren, wie mein Herz in kleine, gezackte Stücke zerbrach.
    Brianna ließ mich stehen und umkreiste lautlos den Tisch, durchquerte das Zimmer, umkreiste Jamie. Sie blieb vor ihm stehen und sah ihm ins Gesicht, das ihre starr wie Marmor und kalt wie das einer Heiligen.
    »Verdammt«, sagte sie kaum hörbar. »Du verdammtes Schwein. Es tut mir leid, daß ich dir je begegnet bin.«

ELFTER TEIL
    Pas du tout

51
    Verraten
    Oktober 1769
    Roger öffnete die Augen und übergab sich. Oder vielmehr, er untergab sich. Wie auch immer; der brennende Gallestrom in seiner Nase und das Rinnsal von Erbrochenem, das ihm in die Haare lief, waren unwichtig im Vergleich mit der Agonie in seinem Kopf und Schritt.
    Eine rumpelnde Schwankbewegung versetzte ihm einen Stoß und ließ ein Kaleidoskop aus Farben von seinen Geschlechtsteilen bis ins Hirn schießen. Der Geruch von feuchtem Segeltuch erfüllte ihm die Nase. Dann erklang eine Stimme in der

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