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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wir bessere Gesellschaft als nur den alten Mr. Cooper oder den Anwalt Forbes«, sagte Phaedre voller Genugtuung. »Wir kriegen’nen echten, lebendigen Lord , was sagt Ihr dazu?«
    Sie ließ eine gigantische Stoffladung auf das Bett sinken und begann, an den rauschenden Wogen herumzuzupfen, wobei sie Anweisungen erteilte wie ein Ausbildungsoffizier.
    »Also, ausziehen und das Korsett hier anziehen. Ihr braucht was Kräftigeres, um den Bauch flachzudrücken. Nur’ne Hinterwäldlerin läßt sich ohne Korsett sehen. Wär’ Eure Tante nicht blind wie’n Maulwurf, sie hätt’ Euch schon lange anständig ausstaffiert - schon lange . Dann die Strümpfe und Strumpfbänder anziehen - sind die nicht hübsch? Das Paar mit den kleinen Blättchen drauf hat mir schon immer gefallen - dann binden wir die Unterröcke um, und dann…«
    »Was für ein Lord?« Brianna ergriff das Korsett, das ihr entgegengehalten wurde, und sah es stirnrunzelnd an. »Mein Gott, was ist das, Walfischbein?«
    »Hm-mm. Bei Miss Jo gibt’s kein billiges Blech oder Eisen, ganz bestimmt nicht.« Phaedre wühlte wie ein Terrier in den Kleidungsstücken herum und brummte stirnrunzelnd vor sich hin. »Wo ist denn das Strumpfband hin?«
    »Ich brauche das nicht. Und was ist das für ein Lord, der da kommt?«
    Phaedre richtete sich auf und starrte Brianna über die Falten aus gelber Seide hinweg an.
    »Braucht das nicht?« sagte sie mißbilligend. »Mit einem Sechsmonatsbauch? Wie stellt Ihr Euch das vor, Mädchen, ganz aufgequollen zum Abendessen gehen, und ein Lord sitzt bei der Suppe und glotzt Euch durch sein Monokel an?«

    Bei dieser Beschreibung mußte Brianna einfach lächeln, doch sie antwortete trotzdem mit beträchtlicher Trockenheit.
    »Was macht das schon für einen Unterschied? Der ganze Distrikt weiß doch inzwischen, daß ich ein Baby bekomme. Es würde mich nicht wundern, wenn dieser Wanderprediger - Mr. Urmstone, nicht wahr? - schon eine Predigt im Hinterland über mich gehalten hätte.«
    Phaedre lachte kurz auf.
    »Hat er«, sagte sie. »Vorletzten Sonntag. Mickey und Drusus sind dagewesen - sie fanden es sehr komisch, aber Eure Tante nicht. Sie hat ihm den Anwalt Forbes auf den Hals geschickt, um ihn wegen Verleumdung anzuklagen, aber der alte Reverend Urmstone, er hat gesagt, wenn’s stimmt, ist’s keine Verleumdung.«
    Brianna starrte das Dienstmädchen an.
    »Und was genau hat er über mich gesagt?«
    Phaedre schüttelte den Kopf und kramte weiter in dem Kleid herum.
    »Das wollt Ihr gar nicht wissen«, sagte sie finster. »Aber wie auch immer, ob es der Distrikt weiß, ist nicht dasselbe, wie wenn Ihr Euren Bauch im Speisesaal spazierentragt und Seiner Lordschaft jeden Zweifel nehmt, also zieht Ihr das Korsett an.«
    Ihr autoritärer Ton ließ keine Diskussion zu. Brianna kämpfte sich widerwillig in das steife Kleidungsstück und ließ es sich von Phaedre fest zuschnüren. Ihre Taille war immer noch schlank, und die verbleibende Wölbung würde problemlos von dem weiten Rock und den Unterröcken verhüllt werden.
    Sie starrte ihr Spiegelbild an, und Phaedres dunkler Kopf nickte neben ihren Oberschenkeln auf und ab, während das Dienstmädchen die grünen Seidenstrümpfe zu ihrer Zufriedenheit befestigte. Sie konnte nicht atmen, und es konnte nicht gut für das Baby sein, wenn es so eingequetscht wurde. Das Korsett wurde vorn geschnürt; sobald Phaedre sie alleinließ, würde sie es öffnen. Zum Teufel mit Seiner Lordschaft, wer auch immer er war.
    »Und wer ist dieser Lord, der zum Abendessen kommt?« fragte sie zum dritten Mal, während sie gehorsam in den Bausch aus gestärktem, weißem Leinen hineintrat, den Phaedre ihr hinhielt.
    »Das ist Lord John William Grey von der Mount-Josiah-Plantage in Virginia.« Phaedre rollte die Silben mit großem Pomp, obwohl die unglückliche Kürze und Schlichtheit der Namen des Lords sie sehr zu enttäuschen schien. Brianna wußte, daß sie einen Lord FitzGerald Vanlandingham Walthamstead bevorzugt hätte, wenn sie ihn hätte haben können.
    »Ein Freund von Eurem Papa, sagt jedenfalls Miss Jo«, fügte das
Dienstmädchen etwas prosaischer hinzu. »Da, so ist’s gut. Ein Glück, daß Ihr hübsche Brüste habt, das Kleid ist dafür wie geschaffen.«
    Brianna hoffte, dies würde nicht bedeuten, daß das Kleid ihre Brüste nicht bedecken würde; die Korsettstangen endeten kurz darunter und schoben sie nach oben, so daß sie erschreckend hoch aufragten wie etwas, das über den Rand eines Topfes

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