Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
belastet und mit Blut befleckt.
Den Fluch der Angelique.
James’ Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln. Sobald er das Amulett in seinen Besitz gebracht hatte, würde das Pech, das die Lassiters so lange verfolgt hatte, enden. Er brauchte lediglich ein wenig Geduld.
»Beeil dich mit den Sauerstoffflaschen, Matthew. Es wird langsam spät.«
Matthew blickte auf und strich sich die Ponyfransen aus den Augen. Hinter dem Rücken seines Vaters stieg gerade die Sonne auf. Mit diesen Strahlen im Hintergrund sieht er aus wie ein König, der sich für die Schlacht bereitmacht, dachte Matthew. Wie immer überwältigten ihn Liebe und Bewunderung und erschreckten ihn in ihrer Intensität.
»Ich habe deinen Druckmesser ausgewechselt. Den alten will ich mir mal genauer ansehen.«
»Du passt wirklich gut auf deinen Alten Herrn auf.« James legte Matthew einen Arm um den Hals und deutete spielerisch einen Ringkampf an. »Heute hole ich dir ein Vermögen nach oben.«
»Lass mich mit dir tauchen! Ich möchte heute an VanDykes Stelle die Morgenschicht übernehmen.«
James unterdrückte einen Seufzer. Matthew war noch nicht imstande, seine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Ganz besonders nicht, wenn es sich um Aversionen handelte. »Du weißt doch, in welchen Teams wir zusammenarbeiten. Du und Buck, ihr taucht heute Nachmittag, VanDyke und ich machen die Morgenschicht.«
»Ich will nicht, dass du mit ihm runtergehst.« Matthew schüttelte den Arm seines Vaters ab. »Ich habe mitbekommen, wie ihr beide euch gestern Abend gestritten habt. Er hasst dich, das habe ich an seiner Stimme gehört.«
Dieses Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit, dachte James, aber er zwinkerte seinem Sohn zu. »Missverständnisse kommen zwischen Partnern nun einmal vor. Das Entscheidende ist, dass VanDyke den Großteil des Geldes bereitstellt. Soll er doch seinen Spaß haben, Matthew. Für ihn ist diese Schatzsuche nicht mehr als der Zeitvertreib eines gelangweilten, reichen Geschäftsmannes.«
»Er kann ums Verrecken nicht tauchen.« In Matthews Augen war dies ein Kriterium, an dem die Qualitäten eines Mannes gemessen wurden.
»Er ist gut genug, nur mangelt es ihm in vierzig Fuß Tiefe ein wenig an Stil.« James hatte keine Lust, die Auseinandersetzung fortzusetzen, und zog seinen Neoprenanzug an. »Hat Buck sich den Kompressor angesehen?«
»Ja, er hat den Fehler repariert. Dad –«
»Lass gut sein, Matthew.«
»Nur dieses eine Mal.« Sein Sohn blieb hartnäckig. »Ich traue diesem verweichlichten Idioten nicht.«
»Deine Ausdrucksweise lässt immer mehr zu wünschen übrig.« Silas VanDyke, trotz der heißen Sonne gepflegt und blass wie stets, kam lächelnd hinter Matthews Rücken aus der Kabine. Es amüsierte und ärgerte ihn gleichzeitig, dass der Junge höhnisch zurückgrinste. »Dein Onkel braucht dich unter Deck, Kleiner.«
»Heute will ich mit meinem Vater tauchen.«
»Tut mir Leid, das passt mir gar nicht. Wie du siehst, habe ich meinen Taucheranzug bereits an.«
»Matthew!« In James’ Stimme schwang ein ungeduldiger Befehlston mit. »Sieh nach, was Buck von dir will.«
»Jawohl, Sir.« Mit trotzigem Blick verschwand Matthew unter Deck.
»Der Junge hat die falsche Einstellung und unmögliche Manieren, Lassiter.«
»Der Junge kann Sie auf den Tod nicht ausstehen«, erwiderte James belustigt. »Ich würde sagen, damit beweist er einen gesunden Instinkt.«
»Diese Expedition neigt sich ihrem Ende zu«, konterte VanDyke, »genau wie meine Geduld und meine Großzügigkeit. Ohne mich wären Sie innerhalb einer Woche pleite.«
»Vielleicht.« James zog den Reißverschluss seines Anzugs hoch. »Vielleicht aber auch nicht.«
»Ich will das Amulett, Lassiter. Sie wissen, dass es da unten liegt, und ich bin davon überzeugt, Sie wissen genau, wo. Ich will es! Ich habe dafür bezahlt, und ich habe für Sie bezahlt.«
»Sie haben für meine Zeit und für mein Können bezahlt, nicht für mich. Die Regeln bei einer Bergung sind eindeutig, VanDyke. Wer den Fluch der Angelique findet, ist sein rechtmäßiger Besitzer.« Und ganz bestimmt würde er nicht auf der Sea Star gefunden werden, so viel stand fest. Er stieß
VanDyke leicht mit der Hand vor die Brust. »Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg.«
Jene Beherrschung, die er auch in Vorstandssitzungen an den Tag legte, hielt VanDyke davon ab zuzuschlagen. Er gewann seine Machtkämpfe grundsätzlich mit Geduld, Geld und Überlegenheit. Geschäftlicher Erfolg, das wusste er, war ganz
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