Der Ruf des Abendvogels Roman
meinst – mir geht es auch so.«
Tara meinte, etwas Geheimnisvolles aus Maddys Stimme herauszuhören, und sah sie forschend an.
»Ach, ich kann es einfach nicht länger für mich behalten«, erklärte Maddy scheinbar verlegen. »Es macht dir doch nichts aus, wenn ich mich dir anvertraue?«
»Natürlich nicht.«
»Ethan und ich machen Pläne für eine gemeinsame Zukunft.«
Tara war sprachlos. »Ich ... das habe ich nicht gewusst«, stammelte sie.
»Wir sind schon eine ganze Weile befreundet. Ich glaube, all das Gerede über Familie und Kinder hat ihn dazu gebracht.« Maddy streifte Tara mit einem Seitenblick. Trotz der Dunkelheit konnte sie erkennen, dass Tara völlig am Boden zerstört war.
»Und wie sehen eure Pläne aus, wenn ... wenn ich fragen darf?« Tara konnte nicht glauben, dass Maddy die Wahrheit sagte – sie musste nähere Einzelheiten hören.
»Nach der Hochzeit bauen wir uns ein Haus – kein so großes wie dieses, natürlich, aber etwas geräumiger als seine Hütte. Ich würde gern mit ihm herumreisen, bevor wir eine Familie gründen.«
Tara antwortete nicht. Sie fühlte sich wie betäubt und begriff erst in diesem Augenblick, wie viel Ethan ihr bedeutete.
»Ich ... Das freut mich für dich, Maddy. Wenn du mich jetzt entschuldigst – ich würde gern noch einen kleinen Spaziergang machen und über einiges nachdenken ...« Damit stolperte Tara in die Dunkelheit hinaus.
Maddy sah Tara zwischen den Schatten der Eukalyptusbäume verschwinden. Sie fühlte eine leise Reue, doch nichts, das mit ihrer Eifersucht vergleichbar gewesen wäre.
»Maddy!«, sagte Ethan neben ihr. »Ich dachte ... ich hätte Tara hier herauskommen sehen.«
»Nein, sie ist nicht hier.« Maddy hakte sich mit einer besitzergreifenden Geste bei ihm unter. »Bist du jetzt enttäuscht?«, fragte sie kokett und blickte lächelnd zu ihm auf.
»Nein – natürlich nicht.« Doch trotz seiner Worte hörte Maddy die Enttäuschung in seiner Stimme, und es gab ihr einen schmerzhaften Stich. Ethan war dabei, sich in Tara zu verlieben, und Maddy war fast sicher, dass Tara auch ihn liebte.
»Ich denke, Tara wird jetzt eine Menge zu tun haben«, sagte sie und beobachtete Ethan genau.
»Ja, das wird sie wohl.«
»Ihre Mutter erzählte mir vorhin, dass sie eine gemeinsame Zukunft mit Riordan Magee in Irland plant. Du weißt ja, dass er sie um ihre Hand gebeten hat, nicht wahr?«
Ethan fühlte einen stechenden Schmerz in seiner Brust. »Ja, aber ich dachte ...«
»Er ist ein sehr gut aussehender Mann, und er besitzt eine Galerie, also wird sie bei ihm bestimmt ein gutes Leben haben.«
Ethan blieb stumm, doch er fühlte ich so elend wie selten zuvor.
»Sie hat mir gesagt, dass sie nach dem Wanderleben bei den Zigeunern jetzt gern ein festes Heim hätte und einen Mann, der jede Nacht an ihrer Seite schläft.«
Maddy sah die Verzweiflung in Ethans dunklen Augen, und die Eifersucht schnitt ihr wie ein Messer ins Herz ...
Am folgenden Morgen kam Rex, um Lottie, Belle und Maddy abzuholen. Er war tatsächlich alles andere als erfreut darüber, schon wieder nach Tambora fahren zu müssen, vor allem mit der Aussicht, diesen ›Stier von einer Frau‹ ertragen zu müssen.
»So – und was ist nun diese fantastische Neuigkeit, deretwegen du mich hier herausgelotst hast?«, fragte er Lottie und blickte sich müde um. In Wirklichkeit brauchte Lottie ihn nie zu lotsen, denn er konnte ihr nichts abschlagen.
»Saladin bringt Mrs. Conway in einem wilden Kamelritt nach Marree«, sagte sie.
Rex ließ ihre Reisetaschen in den Sand fallen. »Ist das dein Ernst?«
Lottie nickte. »Sie sind gestern aufgebrochen, und sie reitet Hurricane Horace !«
Rex brüllte vor Lachen. »Das ist das beste Weihnachtsgeschenk, das ich je bekommen habe, Lottie!« Er hob sie hoch und wirbelte sie herum.
»Stell mich wieder hin, bevor du uns beiden weh tust!«, rief Lottie atemlos, »und fahr bitte vorsichtig in die Stadt zurück!«
Während sie sich alle vier vorn in den Packard quetschten, verlangte Rex, alles ganz genau zu hören. Tara, Elsa, Sorrel und Victoria winkten ihnen noch zu, und die Kinder riefen ihnen vom Balkon aus Abschiedsworte nach.
»Was ist mit dir los, Tara?«, fragte Elsa, als sie zusammen die Treppe hinaufgingen. »Du scheinst heute Morgen so verändert.«
»Es geht mir gut, Mutter. Ich bin nur ein bisschen müde.«
Elsa war nicht überzeugt – die dunklen Ringe um Taras Augen waren ihr nicht entgangen.
Tara blieb fast den ganzen Tag für
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