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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Freund.
    »D’anba!«, keuchte Birwain, fuhr herum und deutete mit zitterndem Zeigefinger auf Oskar. »Elender D’anba!«
    »D’anba, D’anba. Kennst du eigentlich auch noch ein anderes Wort?« Oskar wirbelte lässig sein Gewehr herum, als spiele er damit. »Na ja, egal. In der Hölle braucht man keinen großen Wortschatz.«
    Er legte an und schoss dem Schamanen nachlässig, fast ohne zu zielen, in die Brust.
    Er bringt uns alle um, schoss es fassungslos durch Emmas Kopf. Einen nach dem anderen.
    Ohne nachzudenken, stürzte sie sich auf Oskar.
    Er schlug ihr mit der flachen Hand so hart ins Gesicht, dass Emma Hören und Sehen verging. Sie taumelte, und Oskar setzte nach, gab ihr mit dem Gewehrkolben einen brutalen Stoß in den Bauch. Unerträglich flammte der Schmerz in ihr auf. Sie krachte in das Regal hinter Oskar, riss Fässer und Kisten mit sich, kam zwischen Seifen, Salz und getrocknetem Fisch zusammengekrümmt und keuchend auf dem Boden zu liegen.
    Blitze vor ihren Augen, Messerschneiden in ihrem Kopf, glühende Eisen in ihrer Brust. Nicht das Bewusstsein verlieren, Carl ist hier, sie muss ihn vor dem Ungeheuer retten, vor Oskar. Oskars Stiefelspitzen, direkt vor ihren Augen. Gleich kommt der Schmerz, aber nein, er tritt nicht zu, sondern geht vor ihr in die Hocke.
    »So viele Menschen reißt du in den Tod, Emma. Das ist gewiss kein schönes Gefühl, hm? Dayindi mag dir ja noch egal sein, er hat uns deinen Carl schließlich ausgeliefert. Der Narr, er wollte doch tatsächlich, dass ich ihn hier aufnehme, als es ihm beim Clan zu brenzlig wurde. Als ob ich einen unzufriedenen schwarzen Mitwisser brauchen könnte!« Er lacht.
    Sie dämmert weg, Oskars Stimme verschwimmt. Kämpfen, Emma, kämpfen! Ihr Geist kehrt zurück, sie hört, wie Oskar mit ihr plaudert, als erzähle er ihr den neuesten Klatsch.
    »Wir hätten das Ganze so rasch über die Bühne bringen können, wenn dein Geliebter nicht unbedingt den Helden hätte spielen müssen. Aber klar, ein Carl Scheerer kann natürlich nicht klein beigeben. Statt dir zu schreiben und dich hierherzulotsen, hat er sich lieber foltern lassen.« Oskar schüttelt den Kopf. »Tja, das hat er jetzt von seinem Heldentum: ist nicht nur selbst am Sterben, sondern hat auch noch die beiden armseligen Wilden hier auf dem Gewissen und Dayindi. Nun denn. Sollen wir Carl wieder aufpäppeln? Dann lassen wir ihn dabei zusehen, wie du und ich uns miteinander vergnügen.«
    Durch ihren wegdriftenden Geist weht eine Erinnerung. Sie greift nach ihr. Bekommt zu fassen, was Dayindi gesagt hat, als sie ihn damals zur Rede gestellt hat: Irgendwann würde sie alles begreifen, würde Teil davon sein. Jetzt versteht sie, was er damit gemeint hat. Carl hätte ihr schreiben, hätte sie persönlich in die Höhle des Löwen locken sollen.
    Aber Carl hatte sich geweigert.
    Sie leckt sich über die Lippen und fragt: »Warum hast du mich nicht entführt? So wie Carl?«
    Oskar besitzt die Dreistigkeit, ihr väterlich über den dröhnenden Kopf zu streichen. »Du bist so rührend naiv, meine Liebe. Natürlich hätte ich dich einfach entführen können, aber wo wäre denn da der Spaß gewesen? Nein, so simpel ist Oskar Crusius’ Rache nicht. Wie viel reizvoller ist doch die Vorstellung, dein geliebter Gatte erleidet höllische Gewissensqualen, weil er selbst es war, der dich hergelockt und dem Verderben ausgeliefert hat … Er hätte dir schreiben sollen, dass du nach Warwick kommen sollst, verstehst du? Auf dem Weg dorthin hätten wir dich dann abgefangen. Niemand hätte gewusst, wohin es dich verschlagen hat, schließlich wäre mein Name oder der meiner Farm niemals gefallen. Ein feiner Plan, nicht wahr?«
    Er klingt stolz. Ein Funken Wahnsinn glitzert in seinem Blick.
    »Tag für Tag hätte ich deinen Mann damit unterhalten, dich vor seinen Augen zu besitzen. Vielleicht hättest du sogar irgendwann Gefallen daran gefunden, wer weiß? Du warst ja schon immer eine kleine Hure. Wie auch immer, wir hätten unsere Spielchen so lange weitergetrieben, bis dein machtloser Held darum gebettelt hätte, dass ich ihn von seinen Qualen erlöse – und töte.« Er streichelt ihr noch einmal über den Kopf. »Nun, jetzt ist es ja so weit, auch ohne seine Mithilfe. Du bist mir ganz von selbst zugeflogen, mein Täubchen. Der schöne Plan kommt also doch noch zur Ausführung, wenn auch ein wenig anders als gedacht. Wir werden den lieben Carl dafür bestrafen müssen, dass er seine Rolle nicht spielen

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