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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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oben könnte ich wohnen.«
    »Das ist Sinn und Zweck der Sache, Cal«, lachte Graham. »Das ist Mums und Dads Rezept, dich loszuwerden.«
    Ich grinste ihn an. Er befestigte gerade die Scharniere an der Falltür am Boden des Baumhauses. »Danke, Graham«, sagte ich. Und das meinte ich wirklich so.
    Wir machten Mittagspause. Dad fuhr uns – allesamt auf dem Vordersitz des Landrover zusammenquetscht – zurück zum Hof. Sprühregen vernebelte die Windschutzscheibe und verschleierte die Berge. Iona streckte ihre nackten Füße auf dem Armaturenbrett aus und wärmte sich in der Heizluft des Gebläses die Zehen.
    »Kommt rein«, begrüßte uns Mum, »ihr seid ja klatschnass.«
    Wir drängten in die Küche. Unsere feuchtkalte Kleidung dampfte in der Wärme.
    »Du bleibst doch zum Mittagessen, Hamish?«, fragte Mum. »Und was ist mit dir, Iona? Bleibst du auch?«
    Iona nickte. »Ja, gerne, Mrs McGregor.«
    »Soll ich deinen Großvater anrufen?«, fragte Mum.
    »Ich mach das schon«, sagte Iona. Sie nahm das Telefon raus in den Flur.
    Mum wandte sich an mich. »Eine ganz schön böse Platzwunde an deiner Lippe, Callum«, meinte sie.
    Ich legte meine Finger auf die Stelle, an der mich Rob mit der Faust getroffen hatte. Sie fühlte sich geschwollen undentzündet an. »Bin vom Rad gefallen«, nuschelte ich. Ich sah Mum in die Augen und wusste sofort, dass sie wusste, dass ich log.
    »Mach dich erst mal sauber«, sagte sie, »und wasch dir die Hände.«
    Als ich ins Badezimmer ging, fand ich Iona auf der Treppe sitzen, mit dem Telefon in der Hand.
    »Du hast ihn nicht angerufen, hab ich recht?«, fragte ich.
    »Sag es bitte nicht deiner Mutter, okay?«
    »Macht er sich keine Sorgen, wo du bist?«
    Sie schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn.
    »Großvater ist sehr vergesslich. Wahrscheinlich schläft er sowieso.«
    Zum Mittagessen servierte uns Mum Lammbraten, Bratkartoffeln, Karotten und Erbsen in dicker, brauner Soße. Ich dachte, ich hätte Hunger, aber Iona holte sich von allem einen Nachschlag und dann noch einen. Sie verputzte sogar eine riesige Schüssel von Mums bestem Rübensirup-Pudding mit Vanillesoße.
    Hamish ließ sich auf das durchgelegene Sofa beim Küchenherd plumpsen. Er machte die Augen zu und faltete die Hände über dem Bauch. »Das war so gut«, stöhnte er. »Ich werd mich eine Woche lang nicht mehr rühren können.«
    »Gut, es gibt ja auch kaum einen Grund, irgendwohin zu gehen«, sagte Dad. »Sieht nach Dauerregen aus.«
    Ich schaute aus dem Fenster auf den Hof. Selbst die Scheune versteckte sich hinter einem dicken Regenvorhang.Windböen schleuderten die Regentropfen ans Fenster. Nicht einmal der Gedanke, nach den Fischadlern zu sehen, konnte mich bei diesem Wetter nach draußen bringen.
    Iona und ich packten den Geschirrspüler voll, während Mum den Tisch sauber machte.
    »Ich würde gerne auf einem Bauernhof leben«, sagte Iona. »Mein Großvater hatte doch mal einen Hof?«
    »Stimmt«, entgegnete Mum. »Dein Großvater und Callums Großvater kannten sich beide gut.«
    Ionas Augen wurden groß. »Wirklich?«
    Mum nickte. »Sie waren Freunde und Rivalen. Beide züchteten das Schottische Schwarzkopfschaf und gingen damit auf alle großen Landwirtschaftsausstellungen.«
    »Das wusste ich gar nicht«, sagte ich.
    Mum hängte die nassen Geschirrtücher zum Trocknen auf. »Droben auf dem Dachboden hab ich eine Schachtel mit Großvaters alten Fotos«, sagte sie. »Ich schau mal, ob ich sie finde.«
    Iona und ich saßen in der Küche, lehnten unsere Rücken an den Heizkörper und warteten, während Mum auf dem Dachboden stöberte.
    »Da sind sie.« Mum stellte eine alte Pappschachtel auf den Tisch. Sie roch nach Mäusen, Muff und Mottenkugeln. »Die hat seit Jahren niemand mehr angeguckt.«
    Mum zog einen großen braunen Umschlag heraus und schaute hinein. »Na, da haben wir’s ja«, sagte sie mit zufriedenem Lächeln. »Das sind die beiden, Seit an Seit.«
    Es war ein Schwarz-Weiß-Foto von einer Landwirtschaftsschau, datiert 1962. Eine Reihe von Bauern stand da, die ihre Schafe hielten und auf die Bewertung der Jury warteten.
    »Sehen sie nicht jung aus?«, meinte Mum. »Hier, das ist dein Großvater.«
    Iona starrte auf das Foto. »Er sieht echt glücklich aus, oder?«
    Mum lächelte. »Wenn du magst, kannst du es behalten.«
    Iona und ich sahen noch mehr Fotos durch. Viele zeigten den Hof und Personen in seltsam altmodischer Kleidung. Nicht einmal Mum kannte alle.
    Ich schaute zu Iona rüber. Sie

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