Der Ruul-Konflikt 3: In dunkelster Stunde
mit Mühe aufrecht halten und Eleanore schaffte dies lediglich, weil sie sich verzweifelt an seinen Rücken klammerte. Aber obwohl die Bombe planmäßig explodiert war, wusste Craig sofort, etwas war schiefgelaufen. Ein schneller Blick durch das Bullauge bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Anstatt des von Sternen hellgesprenkelten Hintergrundes des Selikan-Systems war außerhalb des Schiffes immer noch die undurchdringliche Schwärze des Hyperraums zu sehen. Sie waren nicht wieder in den Normalraum zurückgekehrt. Der ISS-Antrieb funktionierte immer noch tadellos.
»So ein verdammter Mist!«
»Was ist denn?«, erkundigte sich Eleanore, die versuchte, an Craigs breitem Rücken vorbei einen Blick zu erhaschen.
»Wir sind immer noch im Hyperraum«, erklärte er und schüttelte sie ungeduldig von seinem Rücken ab.
»Was? Und jetzt.«
»Lass mich nachdenken.«
»Sie werden ziemlich schnell dahinterkommen, wer dafür verantwortlich ist«, wetterte sie aufgelöst. »Sie werden uns wieder nach Lost Hope schicken oder einfach kurzerhand hinrichten. Sie werden …«
»Halt die Schnauze!«
Als seine Partnerin eingeschüchtert schwieg, hatte er endlich Gelegenheit, die verfahrene Situation zu analysieren. Erst waren Erin, Jakob und Michael nicht erschienen und jetzt das. Dass die drei Angsthasen ihn und Eleanore im Stich gelassen hatten, war zu verschmerzen. Doch dass der Anschlag auf den Antrieb schiefgelaufen war, war ein echter Schlag ins Gesicht. Im Hyperraum konnten sie das Schiff nicht verlassen. Aber noch hatten sie eine Chance davonzukommen.
»Ich hab eine Idee«, brach es plötzlich aus ihm heraus. »Komm mit.«
»Was hast du vor?«
»Willst du lange Erklärungen oder willst du runter vom Schiff?«
»Ich ziehe Letzteres vor«, sagte die ehemalige MAD-Agentin und folgte gehorsam dem Mann, den sie nun freiwillig oder unfreiwillig zu ihrem Anführer erkoren hatte.
Sie ließ sich von Craig widerstandslos durch endlose Korridore und über zwei Leitern auf ein höher gelegenes Deck führen. Warnsirenen gellten immer noch durch das Schiff und Besatzungsmitglieder eilten an ihnen vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich schier endlos, bis Eleanore es nicht mehr aushielt und herausplatzte: »Wo zum Teufel gehen wir jetzt eigentlich hin?«
»Weißt du, wo wir hier sind?«, antwortete Craig, ohne innezuhalten oder sich umzudrehen.
Überrascht von dem plötzlichen Themawechsel sah sich Eleanore um und nahm dabei ihre Umgebung zum ersten Mal wieder bewusst wahr. In Gedanken rief sie sich den Plan der Waterloo ins Gedächtnis, den sie einige Tage zuvor studiert hatte.
»Bugsektion, E-Deck, Sektion 153 B«, spulte sie die Information ab.
»Und was gibt es hier?«, hakte Craig nach.
Eleanore dachte angestrengt nach. »Einen kleinen Shuttlehangar, das Büro des Zahlmeisters, einige Mannschaftsquartiere und außerdem sind hier einige der höheren Offiziere untergebracht. Ich verstehe immer noch nicht, was wir hier eigentlich wollen. Wenn du auf den Hangar spekulierst, wir sind immer noch im Hyperraum, falls du dich erinnerst. Und sie werden sicherlich nicht so nett sein und kurz anhalten, damit wir aussteigen können. Also nutzt uns ein Shuttle nicht viel.«
»Also müssen wir zuerst in den Normalraum zurück.«
»Das ist genau das, was ich gerade gesagt habe, aber …«
»Nichts aber. Es gibt hier etwas enorm Wichtiges. Etwas, das uns hilft, vom Schiff zu kommen.«
»Und das wäre?«
»Menschen.«
»Wie bitte? Menschen?«
»Oder anders ausgedrückt: Geiseln!«
Als in den Nachwehen der Explosion der Alarm durch die Korridore der Waterloo hallte, stand Rachel gerade in ihrem Quartier unter der Dusche. Ohne sich abzutrocknen, sprang sie aus der winzigen Duschkabine, streifte sich schnell ihre Kleider über und verließ mit triefnassen Haaren und einer am Körper klebenden Uniform ihr Quartier. Sie hatte es so eilig, dass sie sogar das Halfter mit ihrer Dienstwaffe vergaß, das griffbereit auf einem Stuhl lag.
In den Gängen herrschte heilloses Durcheinander. Niemand schien zu wissen, was eigentlich vorgefallen war, und von den Besatzungsmitgliedern, denen sie begegnete, war nichts wirklich Relevantes zu erfahren. Sie beschloss, schnellstmöglich die Brücke aufzusuchen, da es der einzige Ort war, an dem sie hoffen konnte zu erfahren, was geschehen war.
Sie eilte, so schnell es möglich war, den Korridor hinab, vorbei am Shuttlehangar und dem Büro des
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