Der Ruul-Konflikt 4: Verschwörung auf Serena (German Edition)
keinen Sinn. Es sei denn, die Panzer und schweren Waffen wurden an anderer Stelle dringender benötigt. Das war der einzige Gedanke, der den Verteidigern und vor allem Rachel noch Auftrieb gab. Vielleicht waren die Til-Nara im Anmarsch und die Panzer wurden gebraucht, um sie aufzuhalten. Im Umkehrschluss bedeutete dies aber, dass die Til-Nara im Augenblick eigene Probleme hatten und sie nicht retten konnten. Wie man es auch drehte und wendete, es wurde immer schwerer, den Silberstreif am Horizont zu erkennen.
Kevley kämpfte an diesem Abschnitt inzwischen ganz allein. Die wenigen dort abgestellten Soldaten waren längst gefallen. Der Sergeant agierte jedoch wie ein Besessener und erweckte den Anschein, die Rebellen allein zurückschlagen zu wollen. Der bullige Körper des Mannes blutete bereits aus einer Vielzahl von Wunden, doch noch immer weigerte er sich, klein beizugeben. Rachel eilte zu ihm. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Amisier sich ihr anschloss. Der TKA-Major trug seinen verletzten Arm in einer Schlinge. In der anderen hielt er eine gefährlich aussehende Maschinenpistole, die man auch einhändig abfeuern und nachladen konnte.
Das charakteristisch hohe Zirpen der auf Vollautomatik gestellten Waffe übertönte kurzzeitig alle übrigen Kampfgeräusche, als Amisier eine Salve in den aufgedunsenen Körper eines Rebellensoldaten pumpte.
Mehrere TKA-Soldaten und Milizionäre eilten ihnen zu Hilfe. Es entbrannte ein heftiges Feuergefecht auf kürzeste Distanz, das schnell zu einem blutigen Handgemenge ausartete. Langsam – zuerst fast unmerklich – begann der Druck vonseiten der Rebellen nachzulassen. Erst zogen sich einzelne zurück, dann ganze Gruppen, bis schließlich der Angriff abebbte und zu einer panischen Flucht auf sichere Distanz mutierte.
Rachel ließ sich auf ein Knie nieder, die Hände auf den Oberschenkeln abgestützt. Ihr Atem ging vor Erschöpfung stoßweise. Ihre Hände und Arme waren bis zu den Ellbogen blutverschmiert. Der Großteil davon war ihr eigenes. Fitz untersuchte wenige Meter entfernt die am Boden Liegenden nach Verwundeten. Hin und wieder wurde er fündig und der Betreffende wurde fortgebracht. Verwundete Rebellen hingegen wurden zum nächsten Fenster geschleift und kurzerhand auf die Veranda geworfen.
Gouverneur Riedler kniete hinter der Barrikade traurig am Boden und schloss Amisiers tote Augen. Der TKA-Major hatte tapfer gekämpft. Noch immer hielt seine unversehrte Hand ein Kampfmesser eisern umklammert. Die leer geschossene Maschinenpistole lag neben ihm. Der überhitzte Lauf dampfte in der kalten Morgenluft. In Amisiers Brust klafften fünf blutende Wunden, wo ihn eine MG-Salve erwischt hatte. Es konnte nicht länger als dreißig oder vierzig Sekunden her sein, seit er gefallen war. Rachel war sich sicher, ihn gerade eben noch kämpfend gesehen zu haben.
Der Gouverneur hielt ein Lasergewehr in der freien Hand. Die Waffe wirkte seltsam fehl am Platz in den Händen des Diplomaten. Doch Rachel war weit darüber hinaus, sich über derlei Dinge noch wundern zu können.
Kevley ließ sich erschöpft neben ihr nieder. Der Sergeant sah sogar noch schlimmer aus als die meisten anderen. Sein Gesicht war aschfahl, seine Augen eingefallen und trübe.
»Dreiundvierzig.«
Rachel sah ihn fragend an.
»Dreiundvierzig sind uns noch geblieben«, erklärte er. »Der Rest ist tot oder verwundet.«
»So wenige?«
»Den nächsten Angriff überleben wir nicht. Auf keinen Fall.«
Rachel sah sich im Foyer um.
Das Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden war zu einer allgegenwärtigen Geräuschkulisse geworden, die sie längst schon nicht mehr wahrnahm.
»Wenigstens haben wir uns gut geschlagen.«
Kevley nickte mühsam. »Zumindest gibt es keine Munitionsknappheit.« Der Sergeant hob das Sturmgewehr eines Rebellen auf, überprüfte das Magazin und nickte zufrieden. Es war fast voll. »Damit können wir ihnen noch einen letzten heißen Empfang bereiten.«
Riedler robbte sich zu ihnen vor, den Kopf zum Schutz vor möglichen Scharfschützen eingezogen. »Sie kommen schon wieder.«
Kevley nickte. »Am besten, wir ziehen alle noch verfügbaren Männer und Frauen hier im Foyer zusammen. Wenn wir uns ihnen stellen, dann alle an einem Fleck. Dadurch können wir uns besser verteidigen.«
Riedler nickte wortlos und gab entsprechende Anweisungen. Es dauerte keine fünf Minuten und die überlebenden dreiundvierzig Verteidiger der Gouverneursresidenz hatten sich im Foyer vor den Fenstern
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