Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
er hatte keine Feinde, auf keinen Fall bei der IPPI.«
»Und bei der Konkurrenz?«
»Er wohnte in einem Dienstappartement auf dem Werkgelände, er hat es schon seit Jahren kaum noch verlassen.«
»Was ist mit seiner Familie, seiner Frau, hat sie einen Liebhaber –?«
»Er lebte völlig allein, er war ja schon über Siebzig, und er ging völlig in seiner Arbeit auf.«
»Aber er könnte einem seiner Kollegen gefährlich geworden sein. Vielleicht hatte er eine Unregelmäßigkeit entdeckt? Sie sagen, er war besonders gutmütig. Das ließe vermuten, daß er in solch einem Fall den Kollegen nicht gleich anschwärzte, sondern erst mit ihm sprach.«
»Und wie sollten wir das herausbekommen? Es ist viel wahrscheinlicher, daß er eines, wenn ich es so nennen darf, natürlichen Todes gestorben ist. Die Mutationsrate bei diesen Virusarten ist extrem hoch. Fragen Sie einen Experten! Und selbst wenn – was hätte sein Tod mit dem der anderen zu tun?«
»Sie glauben also nicht, daß es sich um eine Kette von Morden handelt?«
»Ganz und gar nicht.«
»Warum haben Sie dann DuMont vorgeschlagen, das FBI einzuschalten?«
McNamara lehnte sich zurück und sah Timothy belustigt an.
»Um ihn ein für allemal von diesem Hirngespinst abzubringen, Mister Truckle. Um ihn zu einer Entscheidung zu zwingen. Entweder er akzeptiert, daß es sich nur um eine unglückliche Verkettung von Zufällen handelt, oder er halst sich das FBI auf mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben.«
Timothy sah McNamara fragend an.
»Na, die IPPI beschäftigt doch Color-Collars 23 . Wußten Sie das nicht?«
Timothy pfiff verwundert. »Haben Sie dann nicht ohnehin ständig irgendeinen Sicherheitsdienst auf dem Hals?«
»Warum sollten wir? Unsere Werkpolizei ist da absolut kompetent.«
»Erhöht das aber nicht die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens?«
»Ganz im Gegenteil. Durch die Colors sind wir zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen gezwungen. Außerdem hatten Bennisher und Goodman keinerlei Kontakt mit den Sträflingen.«
»Ich würde mir das gerne mal ansehen«, sagte Timothy. – Betriebe, die Sträflinge beschäftigen, waren Außenstehenden verschlossen, es gab kaum Informationen über die Bedingungen in solchen Werken. Vielleicht beschäftigte die IPPI sogar Black-Collars, und er fand dort am Ende einen der vielen Verschollenen wieder?
»Da müssen Sie mit DuMont sprechen«, erwiderte McNamara. »Aber überlegen Sie sich einen guten Grund; der Chef ist nicht sehr freigebig mit seiner Genehmigung.«
»Warum? Er schämt sich doch wohl nicht seiner Colors?«
»Im gewissen Sinne schon.« McNamara goß sich nach. »Auf meinen Chef.« Er hob das Glas und trank Timothy zu. »Die Öffentlichkeit kennt nur das Image, das er um sich errichtet hat, eine schillernde, undurchdringliche Mauer, hinter der er sein wahres Ego versteckt. Sie haben ja keine Ahnung, was für ein empfindsamer Mann DuMont in Wirklichkeit ist, Mister Truckle. Ein Mann, der in aller Stille unheimlich viel Gutes tut, weil er unter dieser Welt leidet. Sie kennen die ›Public-Dope-Free-Schools‹ 24 ?«
Timothy nickte. Er war zwar noch nie in einer dieser streng abgeschirmten Schulen gewesen, in der Kinder aufwachsen konnten, ohne mit all den Rauschgiften in Berührung zu kommen, die sonst an den Schulen gehandelt wurden, aber er hatte schon viel über sie gehört; sie zählten zu den wenigen Glanzlichtern in der oft so finsteren Welt der amerikanischen Kinder, wenn man einmal von den nicht weniger gut behüteten Internaten der Wohlhabenden absah.
»Es war DuMonts Idee, diese Schulen einzurichten«, sagte McNamara, »und er hat eine Unmenge Geld dafür gespendet. Auch eine ganze Reihe der ›Drop-Out-Homes‹ 25 werden von der NATIONAL unterhalten.«
Timothy war beeindruckt. Da bot sich ihm ein völlig neues Bild von DuMont dar.
»Aber er beschäftigt Colors«, sagte er nachdenklich.
»Für DuMont ist das nicht nur eine Frage der Kostenersparnis, sondern auch oder vor allem der Humanität«, erwiderte McNamara. »Irgendwo müssen die Verurteilten ja arbeiten, dann schon bei uns, wo sie es mit Sicherheit besser haben als irgendwo sonst. DuMont kümmert sich persönlich darum, daß sie alle möglichen Erleichterungen bekommen. Ich glaube, er fühlt sich verantwortlich, weil sein Großvater damals die vierzehnte Strafrechtsreform im Kongreß einbrachte, die die Zwangsarbeit und die Zwangstransplantationen einführte.«
»Ich hatte keine Ahnung, daß ›Big Balloon‹
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