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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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ebenso satt, aber selbst ich bin ein Gefangener meines Images. Gewiß, ich könnte es ändern, doch soll ich mich allen so zeigen, wie ich wirklich bin? So verwundbar will ich mich nun doch nicht machen. Also beschränke ich meine intimste Freiheit auf diese Räume. Nebenan ist ein Solarium und ein Schwimmbecken, wenn Sie Lust haben, genieren Sie sich nicht!«
    »Vielleicht später«, sagte Timothy. »Im Augenblick möchte ich Ihren Wein und Ihre Gemälde genießen.«
    »Es gibt noch einen Grund, warum ich mein wahres Antlitz nicht öffentlich preisgebe«, unterbrach DuMont die Stille, »ich befürchte, man würde es schnell nachahmen, und dann wäre auch das nicht mehr mein Privileg, sondern würde zur Mode herabgewürdigt. Einmal habe ich leichtsinnigerweise im ›Hilton‹ Erbssuppe mit Würstchen bestellt. Am nächsten Tag war es der neue Hit. Ein oder zwei Wochen lang aß alle Welt Erbssuppe, und ich kann seitdem mein einstiges Lieblingsessen nicht mehr riechen.«
    »Was halten Sie von ›Boston Baked Beans‹?« fragte Timothy. »Eine fast vergessene altamerikanische Farmerkost, sehr einfach und sehr schmackhaft.«
    »Sie machen mich neugierig, Mister Truckle. Würden Sie mir das Rezept verraten, damit mein Küchenchef es uns zubereitet?«
    »Ich würde es lieber selbst kochen«, antwortete Timothy, »doch das geht nicht sofort; die Bohnen müssen über Nacht eingeweicht werden. Darf ich Sie einmal zu mir einladen, Mister DuMont? Ich würde Ihnen gerne ›Boston Baked Beans‹ kredenzen, aber ich hasse es, in fremden Küchen und unter fremden Augen zu arbeiten.«
    »Schade.« DuMont seufzte. »Gerade heute wäre mir nach einem handfesten einfachen Essen.«
    »Lassen Sie die Küche räumen«, schlug Timothy vor, »und ich koche uns einen Topf südschwedischer Suppkartoffeln. Ich bin sicher, das wird Ihnen schmecken.«
    DuMont war sofort dabei, er begann sogar Kartoffeln zu schälen, während Timothy einen Berg Zwiebeln vorbereitete, die er dann mit den zu Scheiben geschnittenen Kartoffeln in Salzwasser aufsetzte.
    »Das ist alles?« erkundigte sich DuMont verwundert.
    »Fast. Noch Pfeffer dazu und ganz am Schluß ein Stück Butter. Für den, der es mag, ein Stück Leberwurst als Zukost; aber es muß grobe Leberwurst sein, und sie wird nur in der Röhre erwärmt.«
    DuMont durchstöberte schon die Kühlschränke. Als er nirgends Leberwurst fand, gab er den Auftrag, sofort welche zu besorgen. Dann saßen sie auf dem langen Holztisch und ließen die Beine baumeln.
    »Wie sieht es aus«, erkundigte sich DuMont, »haben Sie etwas entdecken können?«
    »Um ehrlich zu sein, nein.« Timothy sah ihn an. »Vorgestern hätte ich noch gewettet, daß das genau die Antwort ist, die Sie von mir hören wollen, aber seit gestern bin ich mir nicht mehr sicher. McNamara hat Ihr Loblied in den höchsten Tönen gesungen. Er behauptet, Sie seien ein wahrer Menschenfreund.«
    »Soweit ich es mir leisten kann«, erwiderte DuMont. »Ich möchte vor allem, daß nicht noch mehr derartige Todesfälle geschehen. Waren es Verbrechen, Mister Truckle?«
    »Schwer zu sagen. Da müßte ich mich erst einmal in der IPPI umsehen.«
    »Warum?« fragte DuMont.
    »Wo soll ich ansetzen?« fragte Timothy zurück. »Dies sind keine gewöhnlichen Verbrechen. Wo, zum Beispiel, ist der Tatort? Was ist die Tatzeit? Wo soll ich Spuren suchen? Wo einen Täter? Wo ein Motiv? Wenn ich den kleinsten gemeinsamen Nenner der drei Fälle nehme, stoße ich auf die IPPI. Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, wenn ich mich dort einmal umsehen möchte?«
    »Nicht, wenn ich es anordne«, antwortete DuMont. »Ich verstehe nur nicht recht, wozu das gut sein soll. McNamara kennt sich dort aus. Er soll Ihnen alle Fragen beantworten und von mir aus auch Untersuchungen für Sie anstellen.«
    »Ich will es mit einem Bild verdeutlichen«, erwiderte Timothy. »Wenn Sie auf einen Teich blicken, dessen Oberfläche unbewegt ist, können Sie – vorausgesetzt natürlich, das Wasser ist nicht allzu unsauber –, dicht vor sich bis auf den Grund sehen, in ein paar Metern Entfernung sehen Sie vielleicht noch einen Fisch, wenn er dicht unter der Oberfläche schwimmt, ein Stück weiter bildet das Wasser bereits eine undurchdringliche Barriere für Ihren Blick: Je flacher der Winkel wird, desto stärker die Brechung. Schließlich wird eine kritische Grenze erreicht, an der die Strahlen reflektiert werden und Sie nichts mehr sehen. So geht es mir, wenn ich durch die Augen anderer sehen

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