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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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Einschusslöcher in »Hart Crane« nicht?
    Ja, natürlich würde Owen das Essen bringen. Alles ging seinen gewohnten Gang. So etwas hatten sie zwar noch nie zuvor erlebt, und wenn es auch zu einer Legende werden würde, Septima konnte niemals zulassen, dass irgend etwas den geordneten Ablauf des kreativen Prozesses störte, schon gar nicht das wahnsinnige Wüten des Mobs, mutwillige Zerstörung, Mordversuch, Anarchie und Vandalismus. Nur würde Ruth nicht da sein, wenn Owen das Mittagessen brachte. Sie war zu mutlos. Zu unruhig, zu deprimiert zum Arbeiten. Und dann hatte sie eine Idee: Vielleicht war es ja auch schon elf. Und dann müsste die Post gerade gekommen sein. Vielleicht sollte sie einfach zum Großen Haus hinüberwandern und nachsehen, ob etwas für sie dabei war. Sie konnte heute nichts arbeiten. Heute nicht. Und wer sollte ihr das auch vorwerfen?
    Wie sich herausstellte, war wirklich Post für sie da. Sogar gleich zwei Sachen. Sie sah in ihrem Fach in der Garderobe nach, prüfte mit hungrigem Blick die Gevierte der Postfächer, wobei sie wie jeden Tag die Anzahl der Sendungen registrierte, die Lauras, Irvings und auch Janes Fach verstopften, während ihr eigenes meist auffällig und entwürdigend leer blieb. Sie bekamen Briefe von Verlegern, Agenten und Lektoren, Hochglanzzeitschriften, Rezensionsexemplare, Fanpost. Ruth bekam nie etwas. (Eine Zeit lang hatte sie erwogen, sich selbst dicke Briefumschläge zu schicken, aber sie hatte gefürchtet, dass der Poststempel sie verraten würde – Owen jedenfalls hätte es gemerkt. Er war es, der die Post sortierte – und jedes Geheimnis, jeder Informationsfetzen über irgendwen war auf Thanatopsis ein gefundenes Fressen; die Kolonie war der reinste Dschungel, wirklich –, und wenn das herauskäme, könnte sie sich nie wieder sehen lassen.)
    Ruth beneidete Laura Grobian, die Fanpost aus der ganzen Welt bekam. Wenn sie allein bei den Postfächern war, wenn sie sicher sein konnte, dass niemand es sah, zog sie die Umschläge heraus und blätterte sie durch, musterte wie gebannt die Stempel, die Adressen, die exotischen Briefmarken und Aufkleber. Irving beneidete sie ebenfalls. Und Jane auch, obwohl sie sich das nur widerwillig eingestand. Jane erhielt natürlich Briefe ihres Verlegers, außerdem Korrekturabzüge, und einmal bekam sie sogar einen Umschlag von Harper’s , der verdächtig nach einer Veröffentlichungszusage aussah, ganz zu schweigen von den schmalen blauen Aerogrammen aus Italien, die zwei- bis dreimal die Woche eintrafen. Ruth hatte meistens überhaupt keine Post – und jeder sah es. Wahrscheinlich machten sich alle darüber lustig – wer sollte ihr auch schon schreiben? Sie hatte keinen Verleger. Sie hatte keinen Agenten. Sie hatte weder Fans noch einen mysteriösen heißblütigen Liebhaber in Venedig, der als Absender nur mit den Initialen C. da V. zeichnete, nicht einmal Freunde hatte sie. Ihre Mutter schrieb ihr nie auch nur eine einzige Zeile.
    Heute aber gab es eine Überraschung.
    Schon als sie durch die Tür trat, sah sie den großen gefütterten Umschlag aus ihrem Fach ragen, und sie wusste sofort, was er enthielt. Es war das Manuskript von »Tage des Feuers, Nächte der Asche«, das ihr Atlantic zurücksandte. Vom New Yorker war die Erzählung schon abgelehnt worden, aber sie hatte Irving bekniet, ihre Sache mit seinem Namen und seinem Einfluss zu unterstützen, und auf Atlantic hatte sie deshalb große Hoffnungen gesetzt. Drei Wochen lang war das Manuskript in der Redaktion gewesen. Und jetzt war es zurück, ein toter Albatros, Ausschuss in sauberer, viereckiger Verpackung, wieder eine Abweisung, die ihr die weite Welt erteilte. Als sie den dicken Umschlag herauszog, flatterte eine zweite Sendung für sie zu Boden. Es war eine Postkarte, die in verführerischem Hochglanz den sonnenbeschienenen Strand von Juan-les-Pins zeigte. Auf der Rückseite standen sechs Zeilen von Betsy Butler, einer Dichterin, die Ruth noch aus Iowa kannte und die noch weniger publiziert hatte als sie, falls dies möglich war, weshalb Ruth auch gern Kontakt mit ihr hielt. Betsy lag also am Strand. Demnächst würde eins ihrer Gedichte in einer Zeitschrift abgedruckt, von der Ruth noch nie gehört hatte. Na gut. Schön. Aber da war noch ein P.S.: Ob sie schon das Neueste gehört habe? Von Ellis Disick, der mit ihnen in Iowa gewesen war? Sein erster Roman war gerade für 250.000 Dollar versteigert worden, die Filmrechte waren an Universal gegangen, und das Buch war

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