Der Samurai von Savannah
gesunken, zu verdreckt. Er war aus dem Stand der Gnade gefallen, und zwar mitten hinein in den klebrigen Schlamm.
Von Verzweiflung überwältigt, starrte er in den Spiegel, doch dann, nach einer Weile, fiel sein Blick auf die Dusche. Es war die erste Duschkabine, die er seit über einem Monat gesehen hatte. Er musterte sie einen Moment lang nüchtern, als wollte er sie mit anderen Duschen vergleichen. Dann schob er die Glastür auf, betrachtete die blitzenden Armaturen, die Seifenschale, das blasse, duftende Stück französischer Seife darauf, das den ganzen Raum mit Obstgartenaroma erfüllte. Und er untersuchte auch die Wanne – eine Wanne, in der ein mit Blasen übersäter, schmerzgequälter Körper sich stundenlang aalen konnte. Ehe er wusste, was er tat, riss er sich die schmutzigen Verbände, die lächerlichen Shorts und das verschwitzte T-Shirt herunter, und schon fühlte er sich besser. Als er versuchsweise an den Hähnen drehte, rauschte sofort Wasser aus dem Duschkopf, und von diesem Geräusch, diesem Geruch ging es ihm gleich noch besser. Und dann, vollends überzeugt, stieg er in die Wanne und ließ das Wasser über sich laufen, und es war läuternd und rein, erlösend und süß.
Es war schrecklich heiß, einer dieser Tage, an denen einem die Luft wie ein heißer Lappen entgegenschlägt und kein Hund unter der Verandatreppe hervorkriecht, einer dieser Tage, an denen man sich
einfach nur mit einem kalten Bier und einem Teller Krabbenfleisch zurücklehnen und zusehen möchte, wie den Atlanta Braves auf dem Baseballfeld der Schweiß herunterläuft. Nur hatte er leider diesen Leuten in Tupelo Shores versprochen, den Rasen zu mähen und die Hecken zu schneiden, und er brauchte das Geld. Nicht für sich selbst – er hatte ja seinen Kautabak und den Garten, und mit seinen Fallen fing er sich mehr als genug Krabben, Austern und fette rote Meerbarben –, sondern für seinen Neffen. Royal wollte unbedingt eins dieser Nietenarmbänder haben, wie es die Punks in den MTV -Clips trugen, und Olmstead White hatte vor, ihn zum Geburtstag damit zu überraschen. Andererseits, bei näherem Nachdenken konnte er vielleicht auch selber ein bisschen Bargeld brauchen – zwar hatte er die meisten seiner Sachen aus dem Feuer bergen können, das Wichtigste jedenfalls, und es war auch kein echtes Problem gewesen, sich in dem umgebauten Hühnerstall hinten auf dem Grundstück häuslich einzurichten, aber ein paar Dinge fehlten ihm. Zum Beispiel Handtücher und Toilettenartikel – er hatte gern ein wenig Kölnischwasser und Pimentöl, machte sich gern fein für die Damen, und all diese Fläschchen waren natürlich wie Feuerwerkskörper explodiert. Und so kam es, dass er trotz der Hitze nach einer Mahlzeit aus schwarzen Bohnen und Reis mit einer kleingehackten Zwiebel und einem Schuss der scharfen Soße, die er selbst aus Knoblauch und getrockneten Chilis gerührt hatte, seine Machete über den Lenker des Fahrrads hängte, sich auf den Sattel schwang und auf die harte schwarze Bratpfanne von Straße hinausfuhr, die ihn zu den großen Villen am anderen Ende der Insel bringen würde.
Es waren fünfzehn Kilometer zu fahren, fast die ganze Strecke flach wie sein Küchentisch, und normalerweise war das nichts für ihn – da hätte er die doppelte Strecke und wieder zurück fahren können, ohne danach auch nur schneller zu atmen. Heute aber war er nicht so ganz auf der Höhe – vielleicht lag’s an der Hitze –, und obwohl er sich dahinrollen ließ, wo immer es ging, spürte er jedes Mal, wenn er in die Pedale trat, einen Druck auf der Brust, als hätte ihm jemand einen festen Strick um die Brust gebunden. Sobald er zu treten begann, spürte er, wie der Strick festgezurrt wurde und ihm alle Luft aus der Lunge presste, sodass er fast nicht mehr atmen konnte. Seine schlimme Hüfte machte ihm auch zu schaffen, und die Hand, voller Blasen und wundem Fleisch unter dem sauberen, weißen, eineinhalb Meter langen Verbandsstreifen, brannte genauso heftig wie an dem Tag, als dieser Chinese versuchte hatte, sie zu frittieren. Nach fünf Kilometern, als er gerade an Cribbs’ Laden vorbeikam, überlegte er kurz, ob er nicht umkehren und wieder nach Hause fahren sollte, so elend fühlte er sich, aber dann dachte er an die hilflose, pausenlos plappernde alte weiße Dame und ihren bettlägrigen Mann, außerdem hatte er ja fast schon die Hälfte des Weges hinter sich, also radelte er weiter.
Er fühlte sich besser, als er auf die kleine Brücke
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