Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
wer Sie sind, Sie können hier nicht einfach an Bord eines …«
»Rufen Sie Ihren Chef an und sagen Sie ihm …«
»Sie warten hier und erklären alles den Leuten vom Sicherheitsdienst, die gleich …«
»Dafür habe ich keine Zeit«, entgegnet Joona und wendet sich ab.
Der Hafenarbeiter packt seine Schulter. Reflexartig fährt Joona herum, schlägt mit seinem Arm auf den des Mannes und dreht seinen Ellbogen hoch.
Das alles geht sehr schnell.
Wegen des Schmerzes in seinem Schultergelenk muss sich der Hafenarbeiter zurücklehnen, woraufhin Joona ihm die Füße wegtritt und er fällt.
Statt dem Mann den Arm zu brechen, lässt Joona los, und der Hafenarbeiter plumpst auf das Deck.
Der große Kran brummt, und dann wird es auf einmal dunkel, als das Licht der Scheinwerfer von der Fracht verdeckt wird, die direkt über ihm an dem Kran hängt.
Joona hebt den Hammer auf und eilt davon, aber ein jüngerer Hafenarbeiter in Signalkleidung stellt sich ihm mit einem schweren Schraubenschlüssel in der Hand in den Weg.
»Nehmen Sie sich in Acht«, sagt Joona mit ernster Stimme.
»Sie müssen hier warten, bis der Sicherheitsdienst eintrifft«, erwidert der Hafenarbeiter mit ängstlichen Augen.
Joona versetzt ihm mit der Hand einen Stoß gegen die Brust, um an ihm vorbeizukommen. Der Hafenarbeiter weicht einen Schritt zurück und schlägt zu. Joona bremst den Schlag mit dem Arm, wird aber dennoch an der Schulter getroffen. Er stöhnt vor Schmerz auf und lässt den Hammer fallen, der krachend aufs Deck schlägt. Joona packt den hinteren Rand vom Helm des Hafenarbeiters, zieht ihn nach unten und schlägt dem Arbeiter hart aufs Ohr, so dass er in die Knie geht und schreit.
165
Joona läuft durch den Schnee an der Kaimauer entlang, der Hammer pendelt an seiner Seite. Hinter sich hört er Rufe. Große Eisschollen drehen sich im eismatschigen Wasser. Das Wasser steigt, wird gegen den Kai gepresst und spritzt hoch.
Joona läuft über die Rampe in die Fähre nach Sankt Petersburg. Er eilt an den Reihen warmer, dampfender PKWs, Sattelschlepper und Lastwagen vorbei. Lampen an den Wänden spenden Licht. Hinter einem grauen Container achtern sieht man vage einen roten.
Ein Mann versucht, aus seinem Auto zu steigen, aber Joona drückt die Tür wieder zu, um schnell vorbeizukommen. Der Hammer stößt gegen einen Bolzen in der Wand des Schiffs, und er spürt die Erschütterung in Arm und Schulter.
Der Stahlboden ist vom schmelzenden Schnee unter den Fahrzeugen ganz nass. Joona tritt ein paar Leitkegel fort und läuft weiter.
Er erreicht den roten Container, hämmert gegen die Tür und ruft nach Disa. Das Schloss sitzt hoch. Er muss auf das Auto dahinter steigen – einen schwarzen Mercedes – und sich auf die Kühlerhaube stellen, um es zu erreichen. Unter seinen Füßen biegt sich das Blech, und der schwarze Lack bekommt Risse. Er schwingt den schweren Hammer und zerbricht das Schloss mit dem ersten Schlag. Das Scheppern hallt zwischen Wänden und Decke wider. Er öffnet den Container. Die eine Tür schwingt auf und scharrt über die Stoßstange des Autos.
»Disa!«, ruft er in den Container hinein, der voller weißer Kartons mit der Aufschrift Evonik ist. Dicht gepackte, auf Paletten gestapelte und mit Stahlbändern fixierte Kartons.
Joona hebt den Hammer auf und hastet in Richtung Heck an Autos und Lastwagen vorbei. Er spürt, dass er langsam ermüdet. Seine Arme zittern vor Anstrengung. Das Beladen des Schiffs ist abgeschlossen, und das Bugvisier wird heruntergeklappt. Die Maschinen grollen, und der Gitterboden bebt, als die Fähre ablegt. Eis schlägt krachend gegen den Rumpf. Er hat das Heck fast erreicht, als er einen weiteren roten Container mit der Beschriftung Hamburg Süd entdeckt.
»Disa«, ruft er.
Er läuft um den Container-Mover herum, bleibt stehen, betrachtet das blaue Containerschloss, streicht sich Wasser aus dem Gesicht, packt den Hammer und bemerkt nicht, dass sich hinter seinem Rücken jemand nähert.
Joona hebt den Hammer und will gerade zuschlagen, als ihn ein harter Stoß in den Rücken trifft. Es tut weh, und er bekommt für einen Moment keine Luft mehr, so dass ihm schwarz vor Augen wird. Er lässt den Hammer los, fällt nach vorn, schlägt mit der Stirn gegen den Container, bricht zusammen. Er rollt auf die Seite und rappelt sich wieder auf, Blut läuft ihm ins Auge, und er stolpert und stützt sich auf ein Auto.
Vor ihm steht eine große Frau mit einem Baseballschläger auf der Schulter.
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