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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Containerterminal.
    Das Areal ähnelt einer kleinen Stadt mit schmalen Straßen und fensterlosen Hochhäusern. Aus den Augenwinkeln nimmt er etwas wahr, macht eine Vollbremsung und setzt mit quietschenden Reifen zurück.
    Disas Auto steht in dem Gang vor ihm. Es ist von einer dünnen Schneeschicht bedeckt, und die Fahrertür steht offen. Joona hält an und läuft hin. Der Motor ist noch warm. Er schaut in den Wagen, aber es gibt keine Spuren eines Kampfs.
    Er saugt eisige Luft in seine Lunge.
    Disa ist ausgestiegen und geradeaus gegangen. Der Schnee füllt die Spuren, macht sie unscharf.
    »Nein«, flüstert er.
    Zehn Meter vor ihrem Auto ist eine Stelle ausgetreten, von der eine schlurfende Spur nur einen Meter weit seitlich zwischen die hohen Container führt, wo sie endet.
    Unter dem pudrigen Neuschnee lässt sich eine Perlenkette aus Blutstropfen erahnen.
    Dann liegt der Schnee glatt und unberührt.
    Joona zwingt sich, nicht nach Disa zu rufen.
    Auf die Container um ihn herum fallen scheppernd Eisbrocken. Er weicht ein paar Schritte zurück und sieht, dass zwanzig Meter über ihm fünf ISO-Container in der Luft schaukeln. Auf dem untersten sieht er weiße Buchstaben auf rotem Metall: Hamburg Süd.
    Es sind die Worte, die er Disa sagen hörte, kurz bevor das Gespräch endete.
    Joona läuft durch den Gang auf den Kran mit den Containern zu. Der Schnee ist tief, und er rutscht auf etwas Metallischem ab und schlägt mit der Schulter gegen einen gelben Container.
    Er gelangt zum Anleger fünf und schaut sich um. Sein Herz rast. Ein Hafenarbeiter mit Helm spricht in ein Walkie-Talkie. Schnee fällt durch das Licht der Scheinwerfer, wirbelt über dem schwarzen Wasser.
    Ein riesiger Kran auf Schienen ist dabei, ein Containerschiff nach Rotterdam zu beladen.
    Joona sieht den roten Container mit der Aufschrift Hamburg Süd und läuft los.
    Etwa hundert Container in unterschiedlichen Farben und mit verschiedenen Reedereinamen sind bereits hinter den neuen geladen worden.
    Zwei Hafenarbeiter gehen in ihren strapazierfähigen Kleidern und orangen Westen mit schnellen Schritten an der Kaimauer entlang. Der eine zeigt zur hohen Kommandobrücke des Schiffs hinauf.

164
    Joona blinzelt in dem dichten Schneegestöber, springt über einen Betonquader und erreicht die Kaikante. Im schwarzen Wasser treiben Eisschollen und rollen klirrend gegen den Schiffsrumpf. Der Duft des Meeres vermischt sich mit dem Dieselgeruch von vier Raupenfahrzeugen.
    Joona geht an Bord, eilt im Laufschritt an der Reling entlang, wälzt eine Kiste mit Schäkeln aus dem Weg und entdeckt einen Spaten.
    »He, hallo«, ruft hinter ihm ein Mann.
    Joona geht über einen nassen Karton und sieht, dass an der Reling zwischen Schraubenschlüsseln, Kranhaken und einer rostigen Kette ein Vorschlaghammer liegt. Er wirft den Spaten fort, greift nach dem Hammer und läuft zu dem roten Container. Er ist groß genug, um vier Autos Platz zu bieten. Er schlägt mit der Hand dagegen, und im Metall ertönt ein dumpfes Echo.
    »Disa«, ruft er und läuft um den Container herum.
    Die Doppeltür ist mit einem schweren Containerschloss verriegelt. Er holt mit dem Hammer weit aus und schlägt zu. Es kracht, als Schloss und Siegel brechen. Er lässt den Hammer auf Deck fallen und öffnet die Türen.
    Disa ist nicht da.
    Im Dunkeln sieht man nur zwei BMW-Sportwagen.
    Joona weiß nicht, was er tun soll. Sein Blick schweift über den Kai zu der riesigen Lagerfläche für Container.
    Ein Gabelstapler mit blinkenden Lichtern transportiert Stückgut.
    In der Ferne erahnt man in dem dichten Schneegestöber die Öltanks auf Loudden.
    Joona streicht sich über den Mund und geht zurück. Ein Portalhubwagen transportiert eine Reihe grauer Container zu einem Güterzug, und mehr als dreihundert Meter entfernt fährt ein Lastwagen mit schmutziger Plane an Bord eines Roro-Schiffs nach Sankt Petersburg.
    Eine Zugmaschine mit einem roten ISO-Container hinter sich folgt dem Lastwagen auf der Rampe.
    Auf der Seitenfront des Containers steht Hamburg Süd.
    Joona versucht festzustellen, wie er am schnellsten dorthin gelangt.
    »Sie haben hier nichts zu suchen«, ruft hinter ihm ein Mann.
    Joona dreht sich um und sieht, dass es ein großgewachsener Hafenarbeiter mit Helm, oranger Weste und groben Arbeitshandschuhen ist.
    »Landeskriminalpolizei«, erklärt Joona schnell. »Ich suche nach einer …«
    »Sie halten jetzt einfach mal den Mund«, unterbricht ihn der Mann. »Es spielt überhaupt keine Rolle,

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