Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
Vom Netzwerk:
einzige Beruhigende für ihn. Joona Linna sagt, es sei eine unschätzbare Hilfe, wenn er bei seinem Sohn bleibe, ihn reden lasse, wie er wolle, ihm zuhöre und jede Erinnerung, jedes Detail aufzeichne.
    Als Reidar in den Eingangsbereich kommt, erwartet Veronica ihn bereits vor den Glastüren, die zum tief verschneiten Parkplatz hinausführen.
    »Ist es nicht noch ein bisschen zu früh, Mikael zu entlassen?«, fragt sie und reicht ihm die Tüten.
    »Sie sagen, es sei kein Problem«, erwidert Reidar lächelnd.
    »Ich habe eine Jeans und ein paar bequemere Jogginghosen, Hemden, T-Shirts, einen dicken Pullover und ein paar andere Sachen gekauft …«
    »Wie sieht es zu Hause aus?«, erkundigt sich Reidar.
    »Viel Schnee«, antwortet Veronica lachend und erzählt von der Abreise der letzten Gäste.
    »Meine Kavaliere sind auch fort?«, fragt Reidar.
    »Nein, die sind geblieben, aber … na, du wirst schon sehen.«
    »Was?«
    Veronica schüttelt lächelnd den Kopf.
    »Ich habe Berzelius gesagt, dass sie nicht hierherkommen dürfen, aber sie möchten Mikael wirklich unheimlich gerne sehen«, antwortet sie.
    »Kommst du mit?«, fragt Reidar, lächelt und rückt ihren Kragen gerade.
    »Ein anderes Mal«, antwortet Veronica und sieht ihm in die Augen.

94
    Reidar fährt, und Mikael sitzt in seinen neuen Kleidern neben ihm und sucht nach Radiosendern. Plötzlich hält der Junge inne. Saties Ballettmusik fällt wie ein warmer Sommerregen durch das Auto.
    »Papa, ist es nicht ein bisschen übertrieben, auf einem Gutshof zu wohnen?«, fragt Mikael lächelnd.
    »Doch.«
    Im Grunde hatte er das ziemlich heruntergewirtschaftete Gut damals gekauft, weil er die Nachbarn in Tyresö nicht mehr ertragen konnte.
    Sie sind von verschneiten Ackerflächen umgeben, und als sie in die lange Allee einbiegen, haben Reidars drei Freunde entlang der gesamten Auffahrt Festlichter entzündet. Als sie halten und aus dem Wagen steigen, kommen Wille Strandberg, Berzelius und David Sylwan auf die Treppe hinaus.
    Berzelius tritt einen Schritt vor und scheint für einen kurzen Moment nicht zu wissen, ob er den Jungen umarmen oder ihm die Hand geben soll. Dann murmelt er etwas und drückt Mikael an sich.
    Wille wischt hinter seiner Brille ein paar Tränen fort.
    »Du bist groß geworden, Mikael«, sagt er. »Ich bin …«
    »Lasst uns reingehen«, unterbricht Reidar ihn, um seinen Sohn zu retten. »Wir müssen etwas essen.«
    David errötet und zuckt entschuldigend mit den Schultern:
    »Wir haben ein Rückwärtsfest vorbereitet.«
    »Was ist das?«, fragt Reidar.
    »Man fängt mit dem Nachtisch an und hört mit der Vorspeise auf«, antwortet Sylwan und lächelt verlegen.
    Mikael tritt als Erster durch die große Tür. Die breiten, Eichenenholzdielen im Eingang duften nach Schmierseife.
    Ballons hängen an der Decke des Esszimmers, und auf dem Tisch steht eine große Torte, die mit einer Spiderman-Figur aus buntem Marzipan dekoriert ist.
    »Wir wissen, dass du erwachsen geworden bist, aber du hast Spiderman früher so geliebt, also dachten wir …«
    »Wir haben nicht richtig nachgedacht«, ergänzt Wille.
    »Also, ich probiere gerne ein Stück von dem Kuchen«, sagt Mikael freundlich.
    »So ist es recht«, sagt David lachend.
    »Danach gibt es Pizza … und zum Abschluss Buchstabensuppe«, kündigt Berzelius an.
    Sie setzen sich an den riesigen, ovalen Tisch.
    »Ich weiß noch, dass du einmal bis zum Eintreffen der Gäste auf eine Torte aufpassen solltest«, sagt Berzelius und schneidet Mikael ein großes Stück ab. »Als wir die Kerzen anzünden wollten, war sie ganz ausgehöhlt …«
    Reidar entschuldigt sich und steht vom Tisch auf. Er versucht, die anderen anzulächeln, aber sein Herz pocht angsterfüllt. Er vermisst seine Tochter so schmerzlich, dass er am liebsten schreien würde. Mikael vor dieser kindischen Torte sitzen zu sehen. Wie auferstanden von den Toten. Er atmet schwer, geht in den Flur hinaus und denkt an damals, als er die leeren Urnen seiner Kinder neben Roseannas Asche beerdigte. Anschließend war er nach Hause gegangen, hatte zu einem Fest eingeladen und war seither eigentlich nie mehr ganz nüchtern gewesen.
    Er steht im Flur und schaut ins Esszimmer, wo Mikael Torte isst, während seine Freunde versuchen, Konversation zu machen und ihn zum Lachen zu bringen. Reidar weiß, dass er das nicht andauernd tun sollte, zieht aber dennoch sein Handy heraus und ruft Joona Linna an.
    »Hier spricht Reidar Frost«, sagt er und spürt einen

Weitere Kostenlose Bücher