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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Zwerg und Riese in schwarzer Gewandung.
    Auf Sandners Nicken hin beugt sich sein Kollege über die Leiche und ruckelt sie hin und her.
    »Äha, die Handschellen haben Sicherheitsverschluss, damit man sie ohne Schlüssel wieder aufbringt, so hab ich das gern.« Er fummelt etwas, dann klickt es.
    »Wozu sind die überhaupt gut – Kinderspielzeug?«, will der Hartinger wissen, der sich hinkniet, damit ihm kein Detail entgeht. Er muss den Schirm halten.
    Die Leichenbestatter und der Kare werfen sich einen wissenden Blick zu.
    »Normalerweise nimmst du die zum Vögeln«, erläutert er. Er schiebt die Fesseln behutsam in einen kleinen Beutel.
    Ein Spusimann nimmt sie ihm ab.
    »Sonst hat er nichts, keinen Schmuck, niente.« Er streift sich die Latexhandschuhe ab.
    Der Sandner seufzt auf und nickt den Bestattern zu.
    Während sie den Toten vom Grab pflücken, marschiert er zurück zum BMW und holt seine Pennytüte. Am Leichenwagen wartet er auf die beiden. Bevor sie einsteigen, drückt er dem Kleinen die Tüte in die Hand.
    »In der Rechtsmedizin gebts das für den Doktor Aschenbrenner ab. Sagts, der Hauptkommissar Sandner will den Todeszeitpunkt wissen, und was er sonst noch sagen kann.«
    Überaus skeptisch starrt der Mann auf die Tüte, die er nun mit spitzen Fingern weit von sich hält.
    »Todeszeitpunkt, ja?«, versichert er sich, die Stirn tief gefaltet. Er ist sich unsicher, ob er fragen soll, was drin ist, ob er es wirklich wissen will – das nützt der Sandner gnadenlos aus.
    »So ist es, und das ist nur für den Aschenbrenner, ja keinem anderen – Servus.«
    Bevor das ungleiche Duo protestieren kann, dreht sich der Polizist abrupt um und schreitet zurück auf den Friedhof. Er weiß, dass sie reinschauen, Hauptsache sie geben den Gockel ab. Da setzt er auf hauptkommissarische Autorität.
    Es gibt bestimmt Legionen von Vorschriften und Paragrafen bezüglich der Hygiene und Pipapo. Der klassische Patient in der Gerichtsmedizin dürfte jedoch immun sein gegen Hühnerpest und Vogelgrippe.
    Wenn man etwas über den Tathergang und das Opfer erfährt, kann man den Täterkreis eingrenzen, basta. Mortui vivos docent. Das ist bei Menschen so und auch beim Federviech.
    »Hat jemand noch Kaffee?«, fragt er in die Runde.
    Der Rückerl vom KDD kommt auf ihn zu. Zigarette im Mundwinkel, Kragen hochgeschlagen, Dackelgesicht. Der Bogart von der Kripo.
    »Servus, Sandner. Brauchst du die Alte noch, die ihn gefunden hat?«, fragt er. »Die ist noch drüben im Bus – da gibt’s auch einen Kaffee – und einen Psychologen.«
    »Ich nehm beides – schwarz, ohne Zucker. Hat sie was Wichtiges gesagt, außer dass sie den Jungen entdeckt hat?«
    Der Rückerl schüttelt den Kopf, nimmt einen tiefen Zug, bläst den Rauch Richtung Himmel. Seine Augen werden zu kleinen Schlitzen.
    »Den Friedhofswärter habt ihr bestimmt auch schon befragt«, stellt der Sandner fest. »Ich les mir dann die Protokolle durch, das reicht eh. Ihr könnt alle nach Hause schicken. Dankschön erst mal.«
    Der Kare gesellt sich zu ihnen, fummelt eine Zigarette aus der Packung. Rückerl gibt ihm Feuer. »Was machen wir mit der Presse, die sind schon angerückt. Friedhof ist gut für die Auflage, Gruseleffekt.«
    »Ja nix über die Identität heute, nur das Routineblabla. Das Prominentengschiss können wir nicht brauchen.«
    Sandner sucht sich seine Leute zusammen. »Pack ma’s!«
    Der Kare hat sich die Hände in die Hosentaschen gesteckt und mustert stirnrunzelnd die Gräberreihen. Die feuchte Kippe hängt im Mundwinkel. Bullenattitüde.
    »Staatsanwalt?«, presst er zwischen den Lippen hervor.
    Der Sandner schafft es so gerade, gleichmütiges Achselzucken zu imitieren. Scheißdreck. Gibt es noch blödere Fragen? »Heute? Der Wenzel ist dran – den setzt du über alles ins Bild«, sagt er schroff.
    »Was soll ich ihm Nettes erzählen, wo du abgeblieben bist? Und du könntest ruhig einmal ›Bitte‹ sagen.«
    »Du hast ja keinen Schimmer, was ich alles könnt ...«
    Sie gehen gemeinsam zum schmiedeeisernen Tor.
    Trotz der vielen Menschen herrscht beinahe Stille. Friedhofsruhe. Der Regen frisst die Geräusche. Die Spusileute in ihren weißen Anzügen wirken auf den Sandner wie kleine emsige Engel, wie sie da zwischen den Gräbern herumwuseln.
    Er steigt wieder zum Hartinger ins Auto. Als der losfahren will, hält er ihn mit einer Handbewegung auf. Dass er dem Wenzel nicht begegnen mag, könnte man vermuten, wie er zum Handy greift, um die Wiesner im Büro

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