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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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anzurufen. Der Sandner täte das natürlich vehement bestreiten. Zügig ermitteln, würde er sein Vorgehen beschreiben.
    »Hast du was für mich?«, fragt er gleich.
    Die Wiesner ist voll im Bilde: »Die Band ist im Hotel Sammert in der Landwehrstraße abgestiegen, Information vom ›Zenith‹. Und beim Handy vom Manager, van Leyden heißt der, erwisch ich nur die Mailbox.«
    »Okay«, beschließt der Sandner, »da fahr ich mit dem Hartinger jetzt hin, wenn du noch was erfährst, meld dich.«
    Von der Ablage greift sich der Sandner eine bunte Postkarte samt Kugelschreiber. Darauf notiert er sich van Leydens Nummer, ohne sich um den Text zu scheren. Er dreht die Karte um, betrachtet das Bild. Sonnenuntergang auf Bali. Klassiker.
    »Hätten Sie halt was gesagt, ich hab ein Notizheft dabei«, muckt der Hartinger auf.
    Der Sandner hat ein Déjà-vu. Die Corina hat auch immer seine Rücksichtslosigkeit beklagt. Keinen müden Gedanken würde er für andere verschwenden. Müde Gedanken? Vielleicht bleibt einfach nichts für die Lebendigen übrig, die Toten fressen ihn schon auf, bis zu den Knochen.
    »Von deiner Freundin?«
    »Sie haben sie gelesen?«
    »Hätt ich sollen?«
    »Nein.«
    Plötzliche Müdigkeit überfällt den Sandner.
    »Also ... Landwehrstraße, Hotel Sammert«, bring er bloß raus.
    Wieder das Handy. Kurz durchschnaufen – er konzentriert sich, bevor er loslegt. »Schauts ihr, was alles den Weiß mit München verbindet – kommt er daher, Bekannte, Angehörige, Feinde? Und ein paar Beamte sollen mal um den Friedhof in die ... Anwesen. Die sollen aber auf die Hund aufpassen, dass ihnen keiner die Hosen zerreißt. Wird zwar nix bringen, die Häuser sind zu weit weg von der Straße, da hätte schon einer aus Langeweile mit einem Nachtsichtglas statt mit seiner Thusnelda spielen müssen – aber trotzdem. Identifizieren wäre auch ned schlecht. – Ich meld mich vom Hotel wieder.«
    Der Hartinger trödelt Richtung Innenstadt. Wahrscheinlich kennt der nur die zwei Extreme. Antreiben will der Sandner ihn nicht, sein Bedarf ist gedeckt.
    »Was meinen Sie?«, fragt ihn der junge Polizist.
    Mit so einer allumfassenden Frage kann der Hauptkommissar nichts anfangen. Genauso gut hätte er von ihm den Sinn des Lebens wissen wollen.
    Er spürt dessen Blick auf sich ruhen. Der Sandner schaut dafür auf die Straße und seufzt. »Meine Tochter wohnt mit einem Musiker zusammen.«
    »Rockmusik?« Sein Fahrer stellt ein verständnisvolles Nicken zur Schau.
    »Nein, er ist Flötist bei den Wiener Philharmonikern.«
    Jetzt hat der Hartinger was zum Kauen.
    Wieder hat Sandner das Handy am Ohr.
    »Heim«, sagt er, nachdem er der Wiesner eine Weile gelauscht hat.

»Aber Sie können mir doch sagen ...«
    Die Frau am anderen Ende der Leitung wiederholt nur das städtische Beamtenmantra.
    »Ich kann Ihnen keine Akten faxen, die müsst ich ja auch erst auffinden, die liegen ja nicht hier einfach rum, wie stellen Sie sich das vor? Am Montag ist die Vertretung von der Frau Frode-Schöneberg, die ja noch krankgeschrieben ist, bis einschließlich Mittwoch, wie ich schon sagte, die Frau Binsenmeyer wieder da. Die ruft Sie dann bestimmt zurück. Ich bin nur der Jourdienst, für ganz dringende Geschichten.«
    Sandra Wiesner hätte gern ein Stück vom Hörer abgebissen, am allerliebsten aber der amtlichen Jourdienstkuh das vorwitzige Zungenspitzel. »Also, wie ich schon mehrmals sagte, wir führen Ermittlungen durch, ist das jetzt dringend, oder was? Ich will jetzt die Informationen. Jetzt! Sonst schick ich bei der Frau Binsenberg einen Beamten vorbei und lass sie auf dem Präsidium vorführen. In spätestens fünfzehn Minuten. Oder soll der Staatsanwalt anläuten? Himmelherrgott, das muss doch möglich sein, eine vorläufige Auskunft zu bekommen. Von mir aus lesen Sie mir die Daten vor. Ich will wissen, ob und in welcher stationären Einrichtung der Dennis Weiß war!«
    »Telefonisch kann ich da ja gar nichts machen, ich würde Ihnen ja gern helfen, Frau ...?«
    »Polizeikommissarin Wiesner, wie ich schon sagte.«
    Sie knallt den Hörer auf. Zigarette, sie braucht dringend Nikotin.
    Ob der Sandner da einen Dreh gehabt hätte? Die leere Drohung hatte dieses dumme Stück in etwa so hart getroffen wie ein geschnipptes Wattebäuschchen. Sie hatte sich provozieren lassen und war voll gegen die Behördenwand gebumst.
    In dem Jahr, seit sie zur Mordkommission versetzt wurde, hatte sie fünf Anläufe gestartet, sich die dämliche Raucherei

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