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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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okay – mehr Zeit. Obwohl ich nicht weiß, ob ich Ihnen über die Janine so viel erzählen kann.«
    »Da findet sich schon ein Stoff. Wollens mit mir was essen gehen?«
    Jetzt grübelt sie einen Moment, schaut auf ihre schwarzen Stiefeletten.
    »Warum nicht?«, meint sie dann.
    »Wann hättens Zeit?«
    »Schlagen Sie was vor.«
    »Freitag abends?«
    »Keine Zeit.«
    »Mittwoch?«
    »Geht’s leider wahrscheinlich auch nicht.«
    »Heut Abend?«
    »Sie wollen ja wirklich schnell vorankommen. Okay, wo?«
    Ein Lächeln schenkt sie ihm, ehrlich schaut es aus.
    Auf diese Frage ist der Sandner unzureichend vorbereitet. Deswegen kommt er in Kalamitäten. Eben hatte er ein Leck-mich-am-Arsch-Gefühl, als hätte man ihm in der Nacht eine Wahrheitsdroge eingeflößt. Offenbar nicht abschreckend. Über die Janine reden? Auch. Wohlfühlen tut er sich bei der Frau Fuchs, so wird ein Schuh draus. Und der direkte Weg ist für den ungeduldigen Sandner oft der einzige, weil er sich sonst verheddert, ausfranst wie der Saum einer alten Jeans, und zum Tüfteln anfängt. Besser wird es erfahrungstechnisch damit selten, höchstens anders. Entweder, du kommst ans Ziel, oder du machst dir die Schuhe schneller nass. Wenn du dich um Tötungsdelikte kümmerst und siehst, wie gschwind das Sackerl zu sein kann, findest du von Jahr zu Jahr weniger, wofür sich Warten rentiert. Einen Bausparvertrag hat er auch nicht. Als routinierter Womanizer würde er eine passende Lokalität locker aus dem Ärmel ziehen, aber wir reden hier vom Sandner, und der ist untrainiert.
    »Und?«, wiederholt sie.
    Misstrauische Menschen trauen den Therapeuten zu, dass sie das Hirn aufblättern und drin schmökern, wie in einem Roman – in Abhängigkeit vom Klienten könnte es auch ein Groschenhefterl sein oder ein Remittenden-Exemplar.
    Genauso scheint die Fuchs ihn augenblicklich zu mustern. Ihre Aufmerksamkeit hat eine Konsistenz, sodass der Sandner glaubt, ein Wesen wahrzunehmen, das grad seine Finger nach ihm ausstreckt. Nicht unangenehm, warme Hände hat es und riechen tut’s nach Zedernholz. Bevor er ganz den Spinnerten gibt, stemmt er die Füße fest gegen den Boden und macht den Rücken gerade.
    »Sie könnten mich anrufen, so gegen sieben«, sagt er.
    »Wär eine Möglichkeit, ja.«
    Synchroner Blick der beiden zur Uhr. Drei Minuten sind verstrichen, ausreichend Zeit für ein hart gekochtes Ei, alternativ für einen magischen Moment beim Hauptkommissar.
    Sie verbringen die restlichen sieben Minuten mit der Janine. Erfahren tut er wenig. Nach dem Umzug zu den Fendts war sie nur noch einmal hier gewesen. Über die Schwangerschaft und den Dennis hat sie sich nicht großartig auslassen wollen. Es wär halt passiert, sie hätte Mist gebaut und wolle nicht darüber reden. Aber gefreut hätte sie sich über das Kind. Dass sie verschwunden ist, ohne es mitzunehmen, wäre schon merkwürdig.
    Bevor der Sandner die Praxis wieder verlässt, will er noch wissen, wie sie vorgehen würde, um einen Mord aufzuklären.
    »In der Therapie kann man manchmal die Leute verstören, sodass sie aus ihren alten Mustern ausbrechen und handeln.«
    »Verstören, damit sie handeln?«
    »Die Lebenden natürlich. – Vielleicht tät ich auch eine Rekonstruktion machen, eine Skulptur.«
    »Das Verstören gefällt mir – was meinens mit Skulptur?«
    »Das würde jetzt länger dauern, heben Sie sich die Frage doch auf, für heut Abend. Ich unterstütz Menschen, ihre Mittel zu nutzen, das, was in ihnen steckt, für die Zukunft. Sie dagegen kümmern sich doch ums Handeln in der Vergangenheit.«
    »Auch. Aber ich hab schon ein Interesse, die Lebenden zum Handeln zu bringen. Wenn man nix findet in der Vergangenheit, kann man immer noch morgen was verändern.«
    »Nicht mehr für die Toten, oder?«
    »Um der Toten willen, tät ich sagen.«
    »Ciao, Herr Sandner.«
    »Ja. Wiederschaun, Frau Fuchs.«
    Ein bisschen durcheinander ist er, der Sandner, er muss auch gleich noch einmal läuten, weil er seine Handynummer noch nicht abgeliefert hat.
    Die Wiesner schaut von ihrem Schreibtisch auf.
    Eine junge Polizistin steht vor ihr. Sympathische Erscheinung, Marke Pumperlgesund. Mit ihren vollen, roten Backen und den gülden glänzenden Locken könnte sie just aus der Werbung für Hautcreme entstiegen sein.
    Der Kommissarin ist sie heute Morgen bei der Besprechung aufgefallen. Sie war in der Umgebung des Friedhofes eingesetzt gewesen und hatte die Befragung einer älteren Dame zum Besten gegeben.

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