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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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den Weiß-Fall reden.«
    Sie stehen am Waschbecken, glotzen in den Spiegel.
    Der Sandner begreift nur zu gut.
    »Du schaust aus wie ausgespien«, sagt er.
    »Kann des sein, dass du uns verwechselst, ich bin der Rechte«, bekommt er zur Antwort.
    »Gut, reden wir – aber muss es auf dem Scheißhaus sein?«
    Auf dem Weg zum Besprechungsraum bekommt der Sandner von seinem Kollegen ein Update über die letzten Ereignisse. »Sanguis« und »Licinia«, bürgerlich Marcus Schulz und Beate Raitmeir, waren in der Nacht auf dem Präsidium aufgetaucht und hatten angegeben, den Dennis Weiß nach dem Konzert erschlagen zu haben. Der Oberkommissar hatte sie vernommen und erst einmal vorsorglich wegsperren lassen.
    »Verbindungen zum Opfer?«
    »Sie hatten Konzertkarten.«
    »Motiv?«
    »Er hätte es selbst gewollt, und jemand hat es ihnen eingegeben.«
    »Eingebung, sauber, Satanisten?«
    Achselzucken vom Kare. »Wie die sich benennen, ist mir wurscht, schwarzes Gwand und Kajal halt, aber wenn du mich fragst, ein klassisches Renommiergeständnis – ich hab Leut drauf ansetzen müssen, die den ganzen Mist überprüfen, und ihr Auto und die Wohnung werden auseinandergenommen.«
    »Von unseren Steuergeldern. Haben sie Details gewusst?«
    »Nicht mehr, als veröffentlicht ist, aber ehrlich gesagt, wissen wir auch nicht viel mehr.«
    »Waren sie auf Droge oder betrunken?«
    »Nicht mehr wie du, Sandner.«
    »Depp, verblödeter.«
    »Was mach ma mit denen?«
    »Vorläufig einkasteln. Wenn sich dann kein Haftgrund ergibt, kann’s uns wurscht sein. Sollen der Wenzel und der Haftrichter eine Entscheidung treffen, die verdienen mehr Geld.« Ein Schwindelgefühl erfasst den Sandner. Zurück aufs Scheißhaus könnte er und sich ordentlich ausspeien. Er greift sich an die Stirn, seufzt.
    »Ich komm glei«, sagt er zum Kare und wedelt mit der Hand, um ihn loszuwerden.
    Der Oberkommissar schaut ihn mit gerunzelter Stirn an, weicht aber nicht von seiner Seite.
    Keinen Pfifferling tät man momentan darauf setzen, dass diese beiden ungekämmten, stoppeligen Mannsbilder mit den untertassengroßen Augenringen in der Verfassung sind, einen Mörder zu erhaschen. Misstrauen sollte aber immer dann angebracht sein, wenn das äußere Bild sich gar zu harmonisch an die Erwartungen schmiegt, quasi kuschelndes Klischee. Und – das Präsidium besitzt einen funktionstüchtigen Kaffeeautomaten.
    Dass ihnen merkwürdige Geschöpfe aller Art und Gattung die Tür einrennen, ist für die Ermittler Routine. Bei der Konstellation des Falles gibt es keinen Mangel an Möchtegern-Mördern und sonstigen Lichtgestalten, das öffnet Tür und Tor für jedwede abstruse Geschichte. Werwölfe, Wiedergänger und Vampire, per Anruf, E-Mail oder Fax, die wenigsten haben sich die Mühe gemacht, vorbeizuschauen – das ist hochanständig gewesen von Sanguis und Licinia.
    Ein netter Herr aus Germering hatte sogar telefonisch seine Großtante als Hexe denunzieren wollen, worauf ihm der Oberkommissar mitgeteilt hatte, sobald der Großinquisitor von der Fortbildung aus Rom wieder da wäre, würde er sich persönlich des Falles annehmen.
    »Wie wär’s mit einem Scheiterhaufen am Marienplatz?«, schlägt der Kare grinsend vor.
    »O lodernd Feuer«, rezitiert der Sandner, dann geht er in die Schlacht.
    Er hat sich daran erinnern können, dass in früheren Jahren doppelt so viele Beamte einen Besprechungsraum bevölkert haben, oder war das nur eine optische Täuschung wegen der Dimension des Raumes gewesen? Die Technik hat der Quantität die Zunge rausgestreckt. Dazu ist der Andrang heute auch wegen Personalmangel, Krankschreibungen und Stundenabbau überschaubar.
    Nicht ganz ein Dutzend Leute haben sich vom Kare instruieren lassen, die Tatortbilder betrachtet, in den ersten Protokollen gelesen und sich Notizen gemacht. Der Sandner hat seine kindische Befriedigung aus dem nervösen Zucken der wenzelschen Mundwinkel gezogen, immer wenn er die Namen Fendt und Auerhammer oder gar die Rolle der Stiftung erwähnt hat. Funktioniert hat das als Schlüsselreiz, ab und an hat der Wenzel protestierend den Schnabel aufgesperrt, aber eingebracht hat es natürlich nichts. Nach wie vor hat ihnen jeder Anhaltspunkt gefehlt für die Stunden zwischen dem Abgang vom Dennis Weiß nach der Party bis zum Mord. Vom Tatort ganz zu schweigen. Sie haben sich im Umfeld der Location um Zeugen bemüht, inzwischen sind auch die Trambahnfahrer der Nachtlinien und die Taxler mit einbezogen

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