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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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mir gekommen, oder?«, stellt der Bursch fest und zündet sich eine Lucky an.
    Der Lehrer öffnet mit finsterem Gschau ein Fenster, bleibt aber stumm.
    »Ich mag, wie Sie Schlagzeug spielen. Ehrlich, kein Klimbim, keine Show. So würd ich mich gern auch mit Ihnen unterhalten«, sagt der Sandner im Plauderton zu seinem Gegenüber im Cordsessel. »Und ja, wegen Ihnen sind wir da, Herr Sobotnik, die Kommissarin Wiesner kennen Sie ja schon.«
    »Und Sie sind der Hauptkommissar Sandner.«
    »Ich mach mal Kaffee«, brummt der Neumanager und lässt sie allein. Der Sandner lehnt sich zurück und widmet sich ganz dem jungen Drummer. Blond ist er und fast ein bisschen zu schön. Großer Mund, zarte Finger, lange Beine in engen Jeans.
    Dem Sobotnik dauert die Stille offenbar zu lange.
    »Sie sind doch hier, weil Sie was wissen wollen«, sagt er. »Fragen Sie halt was.«
    »Was zum Beispiel sollt ich wissen?«, gibt der Sandner zurück.
    »Na ja, wegen dem Dennis.«
    Der Sandner schweigt. Inzwischen hat er das Gefühl, so bekommt er mehr, als wenn er ihn mit Fragen löchern tät.
    Der Sobotnik rutscht auf dem Sessel hin und her.
    »Also, ich kenn, kannte den Dennis aus London. Wir haben beide dort Drums gelernt. Wir haben zusammen eine Wohnung gehabt.«
    »Eine Beziehung auch?«
    »Wieso fragen Sie das?«
    Der Sandner zuckt die Schultern.
    »Neugier.«
    »Ja, wenn Sie es so nennen wollen, aber das ist Geschichte. Ich bin vor einem halben Jahr wieder nach München und hab ihn erst nach dem Gig wiedergesehen.«
    »Hat er Sie eingeladen?«
    »Nein, das war der van Leyden«.
    »Mit dem standens in Kontakt? Wieso des?«
    »Er ist ein Manager, und ich bin Musiker, ist halt so.«
    »Sie arbeiten grad in der Systemgastronomie?«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Hat den Dennis das Wiedersehen arg gfreut?«
    »Es war schon okay, ich meine, es war lange her.«
    »Was war lange her, gab es Streit? Worüber?«
    »Dennis war ein egoistischer ... ich meine, der hat sich nie gekümmert, was mit anderen ist, wenn er was gemacht hat, und darüber hatten wir Stress. Aber egal – vorbei.«
    »Hat er Sie hintergangen?«
    »Hintergangen? Lustiges Wort. Sie meinen, ob er mit anderen gepoppt hat, in London? Kann sein, keine Ahnung – wenn, dann wär es scheißegal, lang her.«
    »Und vorgestern Abend?«
    »Na ja, wir haben uns unterhalten, ein Bierchen getrunken, und dann ist er weg.«
    »Wann ist er weg?«
    »So gegen zwölf, er hat gesagt, er muss noch mal weg.«
    »Hat er sich ein Taxi gerufen oder gesagt, wohin?«
    »Nein.«
    »Und Sie? Sind Sie noch geblieben?«
    »Nein, ich bin dann auch weg, in die Innenstadt.«
    »Wie sind Sie denn weg, mit dem Auto?«
    »Ja.«
    »Zur selben Zeit wie der Dennis?«
    »Ja, etwa.«
    »Etwa? Später, früher oder zur selben Zeit?«
    »Mein Gott, zur selben Zeit.«
    »Hat der Dennis an dem Abend mit jemandem Streit gehabt, irgendwas Komisches, war er aufgeregt?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Und warum haben Sie ihn hergewatscht?« Der Sandner schiebt die Frage zwischen die anderen, als hätte sie keinen besonderen Platz.
    »Ich?«, fragt Sobotnik verwirrt.
    Der Sandner weiß, dass er jetzt Zeit gewinnen will. Die will er ihm nicht lassen.
    »Wir wissen, dass Sie ihn geschlagen haben – also warum?«, fragt er. Stimme Marke Filetiermesser.
    »Ich ...«, stottert der Sobotnik.
    »Warum, Kruzifix noch mal?«
    Natürlich wäre das jetzt schad gewesen, wenn er den Falschen bezichtigte. Kalkuliertes Risiko. Der Sandner steht auf, steckt die Hände in die Hosentaschen, beugt sich ganz nahe zum Sobotnik.
    »Das ist einfach so passiert«, flüstert der.
    »Was? Reden Sie mal lauter, was ist einfach so passiert, die Watschn? Reden wir von der Watschn?«
    Sobotnik starrt ihm in die Augen. Der Sandner starrt zurück. Das kennt er noch aus der Grundschule. Ein Wettbewerb im Niederstarren. Dann nickt der Bursch.
    »Ja«, haucht er.
    Der Sandner setzt sich wieder, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. »Hat er die verdient gehabt?«
    »Ja, die hat er sich verdient. Aber ich hätt es nicht machen sollen, ist halt passiert.«
    »Was war los, da zwischen Ihnen beiden?«
    »Oh Mann.«
    »Ich möchte die ganze Geschichte, wir beide haben richtig Zeit.«
    »Ja, Sie vielleicht. Okay. Ich hab den Dennis in London kennengelernt, hab ich Ihnen doch schon gesagt, Drummer school. Er kam ein halbes Jahr nachdem ich dort angefangen hab. Er war irgendwie so ’ne ganz verlorene Gestalt, verstehen Sie, so unsicher, so daneben.

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