Der sanfte Kuss des Todes
stellte sich vor ihre Zeichnungen und versperrte ihm die Sicht.
Jetzt war es an Jack, ärgerlich zu werden. »Ich habe Sie angeheuert«, erinnerte er sie. »Das heißt, das Ergebnis Ihrer Arbeit gehört mir.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn Sie unbedingt auf solchen Formalien beharren wollen: Sie haben mich noch nicht bezahlt, also denke ich mal, die Zeichnungen gehören mir.«
Das führte zu nichts. Er hätte es besser wissen müssen und sie nicht verärgern sollen, aber er war schon den ganzen Tag gereizt gewesen, und diese letzte Enttäuschung trug nicht gerade dazu bei, seine Laune zu heben.
»Na gut«, sagte er und wandte sich von ihr ab. »Sie haben gewonnen. Wenn Sie nicht wollen, dass wir sie verwenden, dann verwenden wir sie eben nicht.«
Sie gab keine Antwort, und er wusste, dass sie davon ausging, sein Angebot habe einen Haken.
»Meinen Sie das ernst?«, fragte sie schließlich. »Sie vertrauen auf meine Meinung?«
»Hey, Sie sind die Expertin. Wenn Sie glauben, dass sie nicht gut sind, dann sind sie nicht gut.« Scheiße . Er hatte wirklich gehofft, er wäre der Lösung des Falls einen Schritt näher gekommen.
»Ich habe nicht gesagt, dass sie nicht gut sind, ich habe nur …«
»Wie denn nun? Entweder sind sie brauchbar oder sie sind es nicht.«
»Das stimmt nicht. Sie können sie immer noch intern verwenden. Wenn Sie zum Beispiel noch irgendwelche anderen Zeugen finden, dann könnte ich die beiden Beschreibungen miteinander vergleichen, um herauszufinden, inwieweit sie übereinstimmen.«
Andere Zeugen. Na klar. »Die stehen praktisch Schlange«, sagte er sarkastisch.
»Okay, dann nicht. Aber Sie haben die Möglichkeit, das Bild mit potentiellen Verdächtigen zu vergleichen. Mir ist nur nicht wohl bei dem Gedanken, dass diese Bilder veröffentlicht werden.« Sie deutete auf die Zeichnungen. »Das ist viel zu willkürlich. Hier ist er dick, da dünn, da hat er eine Glatze, dort keine. Ganz zu schweigen davon, dass die Beschreibung, nach der ich gearbeitet habe, von einer ausgesprochen problematischen Zeugin stammt.«
»Problematisch? Was ist, glauben Sie ihr etwa auch nicht?«
Sie versteifte sich. »Selbstverständlich glaube ich ihr. Ich meine, rechtlich gesehen. Seit dem Überfall auf Lucy sind elf Jahre vergangen. Was ist, wenn Sie damit an die Öffentlichkeit gehen, dann aber einen Mann verhaften, der keiner dieser Zeichnungen ähnlich sieht? Das wäre für jeden Verteidiger ein gefundenes Fressen! Er würde vorbringen, dass Sie den Falschen verhaftet haben oder dass offenbar noch jemand anders an der Tat beteiligt war. Sie könnten Ihren eigenen Fall zum Platzen bringen.«
Jack rieb sich den Nasenrücken. Er war müde. Und hungrig. Und er hatte diese Ermittlung satt, obwohl sie noch kaum in Gang gekommen war.
»Scheiße«, murmelte er und ließ sich auf die Bettkante sinken.
Fiona löste ihre verschränkten Arme. »Tut mir leid, dass ich Ihnen nichts Besseres bieten kann. Aber ich habe
Ihnen von Anfang an gesagt, dass die Umstände gegen uns arbeiten.«
»Ich weiß, ich weiß.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Dann ließ er seinen Blick durch das spartanisch eingerichtete kleine Zimmer wandern. Dieses billige Motel machte wirklich nicht viel her, aber es war das Beste, was Grainger County zu bieten hatte, nachdem Fiona nicht bereit gewesen war, einen Batzen Geld im Cold Creek Farms, dem schicken Hotel im Nachbarort, zu lassen.
Jack musterte sie, wie sie erschöpft und niedergeschlagen in seinem viel zu großen Hemd vor ihm stand. Er sollte nicht allein hier mit ihr in diesem Motelzimmer sein. Er ertappte sich bei der Vorstellung, dass sie nur sein Hemd trug und sonst nichts.
»Haben Sie Hunger?«, fragte er unvermittelt.
Sie hob überrascht die Augenbrauen. »Ich … nein, eigentlich nicht. Ich habe schon gegessen.«
Jack entdeckte auf dem Nachttisch neben einer Flasche Evian eine leere Tüte M & M. Offenbar war sie eine wahre Gesundheitsfanatikerin.
»Meinen Sie damit was Richtiges, oder haben Sie irgendwas aus dem Süßigkeitenregal an der Tankstelle reingefuttert?«
Jetzt sah sie ihn misstrauisch an, und ihm wurde klar, dass er keinen großen Eindruck auf sie machte. Er war etwas aus der Übung darin, seinen Charme spielen zu lassen.
Er stand auf und trat einen Schritt auf sie zu, und sie wich noch etwas mehr zurück. »Darf ich Sie zum Essen einladen, Fiona? Einem Essen aus sämtlichen Nahrungsmittelgruppen?«
Sie hatte einen Kohlestrich auf
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