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Der sanfte Kuss des Todes

Titel: Der sanfte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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Foto war davon nicht sehr viel zu erkennen.«
    Da die Leichen bei der Obduktion gewaschen wurden, bestand bei vielen der Opfer, vor allem bei Frauen, leider keine Möglichkeit mehr, die Frisur zu rekonstruieren. Auch
in dieser Hinsicht waren die Polaroidfotos keine große Hilfe gewesen, aber Fiona wollte nicht meckern.
    Jamison runzelte die Stirn. »Die Haare waren durcheinander und mit Blut und Erde beschmiert. Ich würde sagen, glatt mit Mittelscheitel.«
    Fiona murmelte etwas Unverbindliches. Nach dem was sie heute gesehen hatte, schien bei den jungen Frauen hier in der Gegend momentan der Seitenscheitel im Trend zu liegen, und sie beschloss, ihrer Beobachtung zu folgen, solange sie keine genaueren Informationen bekam.
    Jamison trat hinter ihren Stuhl, und Fiona spürte, wie sich ihr Nacken versteifte. Sie mochte es nicht, wenn ihr jemand beim Arbeiten über die Schulter sah. Aber sie wollte auch nichts sagen.
    »Es ist eine Schande, sie war noch so jung«, murmelte Jamison hinter ihr. »Und dann auch noch dieses Tier … Ich glaube nicht, dass sie lange da draußen lag, aber irgendwas hat sich an ihr zu schaffen gemacht. Vermutlich ein streunender Hund oder ein Kojote.«
    Fiona ließ ihren Blick zu der klaffenden Wunde am Schlüsselbein des Mädchens wandern, direkt über dem Y-förmigen Schnitt. Im Obduktionsbericht stand, es handle sich um den Biss eines Tieres, der postmortal erfolgt sei, und Fiona hatte sich bemüht, den Gedanken daran zu verdrängen, solange sie mit der Zeichnung beschäftigt war.
    Plötzlich brannten ihre Augen, und sie musste blinzeln.
    »Wirklich eine Schande«, wiederholte Jamison. »Ich habe eine Enkelin in dem Alter.«
    Fiona schwieg, weil sie das Gefühl hatte, dass er noch etwas sagen wollte.
    »Ich weiß, das klingt vielleicht merkwürdig …«, fuhr er fort.

    Sie räusperte sich. »Was denn?«
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie, na ja, ob Sie sie auf Ihrer Zeichnung vielleicht lächeln lassen könnten?«
    Jamison war diese sentimentale Bitte offensichtlich peinlich. Er konnte ja nicht wissen, dass Fiona so etwas immer wieder hörte, von Rechtsmedizinern, Streifenpolizisten und baumstarken, hartgesottenen Detectives.
    Bei manchen Fällen war das eben so.
    Sie holte tief Luft und blickte auf das Mädchen, das eine wenig überraschende Ähnlichkeit mit Lucy hatte.
    »Ich werde mein Bestes tun«, sagte sie.
     
    Jack blieb zögernd vor Fionas Motelzimmer stehen, es irritierte ihn, dass hinter den Vorhängen kein Licht zu brennen schien. Konnte es sein, dass sie schon schlief? Es war Viertel vor neun, und sie hatte gesagt, er solle gegen neun vorbeikommen, um sich die Zeichnungen anzusehen.
    Er klopfte vorsichtig an die Tür, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sie nicht zu stören, und dem Bedürfnis, die Zeichnungen in die Hand zu bekommen. Dann hielt er das Ohr an die Tür und lauschte. Die einzigen Geräusche, die er hörte, waren das Dröhnen der Lastwagen, die über den Highway 44 donnerten, und das gedämpfte Gelächter aus dem Fernseher zwei Zimmer weiter.
    In dem Moment wurde die Tür schwungvoll geöffnet.
    »Gerade habe ich an Sie gedacht«, sagte eine hellwache Fiona.
    »Ach ja? Warum denn?«
    Sie bedeutete ihm hereinzukommen. Das einzige Licht im Zimmer kam von der an einer hölzernen Staffelei befestigten Klemmleuchte. Die Staffelei war ihm vorher gar nicht aufgefallen. Sie musste sie in ihrem Auto gehabt haben.

    »Ich brauche noch ein paar Informationen, dann bin ich fertig«, sagte sie.
    Jack stieg ein beißender Geruch in die Nase, als er die Tür schloss. Er folgte Fiona durch das Zimmer und stellte fest, dass sie immer noch sein Hemd trug.
    »Ihre persönlichen Sachen sind im Labor«, sagte sie, »deshalb musste ich mich an den Bericht halten. Da steht, sie trug ›vier Zentimeter lange Ohrringe mit Federn‹. Sind das richtige Federn oder Anhänger aus Metall, zum Beispiel Silber?«
    Jack schloss einen Moment die Augen und rief sich den Fundort ins Gedächtnis. Ein Ohrring hatte vom linken Ohr der Toten gebaumelt, als man sie hochhob und in den Leichensack legte. Der zweite Ohrring fand sich später, er hatte sich in ihren Haaren verfangen. Jack war dabei gewesen, als der Rechtsmediziner ihn zu Beginn der Obduktion entfernt hatte.
    »Metall«, sagte er. »Ich glaube, es ist Silber, aber es könnte auch etwas anderes sein.«
    »Sonst noch irgendwelche Ohrringe? Vielleicht Stecker? Sie hatte zwei Löcher in jedem Ohrläppchen.«
    »Das war alles an Schmuck.«
    An

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