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Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Droge. Ist aber Grenzüberschreitung,verboten. Konsequenzen müssen dir egal sein. Gibt es ja eigentlich auch gar nicht. Auch Grenzen nicht.
    Johann nickte.
    Aber sie sind lebensnotwendig für die Leute. Kommen ihrer Vorsicht entgegen. An ihrer Vorsicht kannst du sie erkennen. Wollen alle so schnell wie möglich ihre Jugend hinter sich bekommen. Willst du was trinken? Hier. Was rauchen? Hier. Alles hier. Atmen auf, wenn sies geschafft haben. Schließen die Türen ein für allemal und trauen sich nicht mehr raus. Peter lächelte. Aber sie sind nicht sehr haltbar, die Häuschen, die sie sich bauen. Halten nur, solange man daran glaubt. Solange man nichts weiß.
    Du kannst alles wissen und trotzdem mitspielen, sagte Johann.
    Peter lächelte. Auf Dauer nur, wenn du einer der Idealisten bist. Ein Betrüger ist eine tragische Figur, sieht mehr, weiß mehr, muß wahnsinnig werden oder sich umbringen. Nur ein echter dummer Idealist denkt nicht darüber nach, was er tut und wozu es gut ist. Verbrecher sind die letzten wirklichen Realisten.
    Aber für die Momente ists auch irgendwann zu spät, sagte Johann.
    Wenn du einen gehabt hast, kommts auf nichts mehr an, sagte Peter. Dann ists egal, was aus dir wird oder anderen.
    Menschen sollten Eintagsfliegen sein, sagte Johann.
    Sie sinds, aber keiner wills wahrhaben.
    Wo ich herkomme, wollte es keiner wahrhaben.
    Hier gehts schneller, sagte Peter. Hier lebt und stirbt sichs schneller. Die andern denken, bei ihnen stirbt sichs gar nicht. Dabei dauerts nur ein bißchen länger. Nicht der Rede wert.
    Es kann einem wie eine Ewigkeit vorkommen, sagte Johann.
    Warum bist du hier?
    Johann schwieg.
    Sie stoßen dich rein, sagte Peter, oder besser: raus, mit nichts in der Hand, raus aus dem großen Vakuum mit allem drin, was du nicht willst, was du haßt, raus, und du siehst dich um und bemerkst, daß alles, was in dem Vakuum steckt, alles ist, was es gibt, und draußen, wo du bist, ist es leer.
    Das hat sein Gutes, sagte Johann.
    Nicht wahr?
    Johann sagte nichts.
    Daß du keine Antworten weißt, gefällt mir. Ich habe selber einen ganzen Sack voll, aber keine der Fragen paßt dazu.
    Hast du noch welche? fragte Johann.
    Nein. Peter grinste.
    Und nichts bleibt übrig, sagte Johann.
    Außer den Nächten, in denen die andern Angst haben, und den Tagen, die nicht morgens anfangen und abends aufhören, sondern sind, da sind und wieder da sind. Und Geld, um das Spiel eine Weile mitzuspielen.
    Und zu gewinnen, sagte Johann.
    Peter schüttelte den Kopf. Das nicht, das nicht.
    Wenn du weißt, wie verrückt es ist, und spielst es trotzdem, sagte Johann, bist du ihnen einen Schritt voraus.
    Im Gegenteil, sagte Peter. Wenn dus weißt und trotzdem spielst, hast du schon verloren. Gewinnen tun die, die in den Topf reingreifen und aus all der Beliebigkeit ganz problemlos was für sich raussuchen ohne zu zögern, irgendeinen einfachen handfesten Selbstbetrug, der für ein ganzes oder wenigstens halbes Leben reicht. Wenn du weder mit der Beliebigkeit zurechtkommst, noch mit irgendeiner von den preiswerten Eindeutigkeiten, fällst du tiefer und tiefer und greifst schließlich doch den letzten Halt, der noch da ist. Aber du hast recht, daß du hergekommen bist. Hier hat die Nacht ein Menge Ecken, die ausgefüllt werden wollen.
    Das hört sich nach was an, wenn du mir garantierenkannst, daß ich zusammen mit der Nacht verschwinde, bevor der Katermorgen anbricht.
    Peter trank und lächelte und trank und sagte dann: Das ist gar nicht so schwer zu bewerkstelligen. Du verschwindest mit einem letzten Glanz von der aufgehenden Sonne.
    Und nun?
    Fangen wir an. Oder bist du müde?
    Nein, sagte Johann. Und du?
    Ich bin immer wach, sagte Peter.
    Er stieg aus dem Bett, nackt, und bewegte sich dicht an Johann vorbei und zögerte einen Moment. Johann sah zwischen seinen Beinen hindurch und wartete. Peter suchte seine Kleider zusammen, und sie verließen die Wohnung.

III
    Der Sommer war lang und warm, und die Hitze hielt den feinen bitteren Nebel der Autoabgase und Fabrikschlote dicht an der Erde, und es war immer ein leichter Dunst in der Luft, die nach Zigaretten schmeckte, und der blaue Himmel sah aus wie durch ein staubiges Fenster betrachtet. Stein und Stahl in der Stadt hatten sich mit Wärme vollgesogen und gaben sie in lauten und eiligen Nächten ab, wenn die Menschen kreuz und quer und in Kreisen sich über die Stadt ausbreiteten wie Fliegen über eine frisch überfahrene warme Katze.
    Es war Morgen, wenn das

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