Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
Vom Netzwerk:
schwebten in der Leere des großen Raumes, ein ausgestorbener Strand, der im Licht zerstäubte, erfüllt von den lügnerischen Klängen vonSmooth Operator, die aus den Fenstern aller Hinterhöfe wehten; sie hockten wie Vögel im Morgengrauen auf Brückengeländern, und Johann mußte sich an den Lichtmasten im nächtlichen Asphaltsee festhalten, um nicht ins All geschleudert zu werden. Und überall war Peter, der sich bewegte, als spüre er unterhalb seiner Schulterblätter verzückt heimliche Flügel, die seine Füße vom Boden heben würden, wenn er nur wollte, und der nur ging, um den Gesetzen der Physik zu genügen. Er schuf Augenblicke, in denen Gefühl und Bild zusammenfielen, in denen die Sicht klar wurde und den Blick freigab auf: Peter und Johann, einzige Menschen, die nicht nachdachten, forschten, noch warteten, einzig scharfe Silhouetten vor dem sich bauschenden Bühnenvorhang der übrigen Welt. Wange an Wange durchschritten sie die Nächte, und im Zentrum jeder Sekunde wurzelte Peter, der alle Erinnerungen an den morgigen Tag lange hinter sich gelassen hatte. Berühmt werden, sagte er eines Abends, so berühmt, daß sie dich lieben, mit heißer und blutiger Liebe, ihrem Blut und deinem, das kannst du nur, wenn du jung bist. Aber wer sind die anderen, es gibt sie nicht, nur wenn du sie umbringst, im Moment der Gewalt werden sie wahrhaftig.
    Barbara arbeitete den ganzen Sommer hindurch, und Johann sah wenig von ihr, noch von Anatol, aber das war ihm egal. Ihr Ernst, ihre Verantwortung, die Schneckenhäuser ihrer Gedanken, das war so schwer und so langweilig wie Mittage voll drückend staubiger Hitze, das war alles auf später gerichtet, auf ein Alter, an das Johann nicht glauben mochte, und auf eine Zukunft, der Peter Abend für Abend spottete, wenn sie im Auto unterwegs waren und er in den Kurven geradeaus lenkte, bis irgend jemand in letzter Sekunde das Steuer herumriß und ihn anschrie, ob er sie alle umbringen wolle, und die andern hinten im Wagen neben Johann schwitzten vor Angst um ihr Leben. Später lachtePeter schallend und sagte träumerisch: Hab in solchen Momenten immer das Gefühl, ins Nichts hinauszusegeln und das Auto an beiden Seiten unter mir festhalten zu müssen, aber du kannst sicher sein, daß, wann immer jemand dabei ist, er es verhindern wird. Hängen so sehr am Leben, werden es niemals geschehen lassen. Ist ein wunderbares Spiel, darauf zu warten, ob sies nicht doch geschehen lassen, aber niemand läßt es geschehen, sie treten alle auf die Bremse oder greifen ins Lenkrad und schwitzen und steigen aus. Es ist ein fettes Land mit fetten Menschen.
    Du bist nicht fett, sagte Johann.
    Nein, ich bin anders.
    Johann sah ihn an. Peters grüne Augen waren schwarz vor Erwartung auf die Welt. Der Klang der Musik drehte sich, als sie weitergingen, langsam nach hinten weg.
    Manchmal fragte sich Johann, womit sie eigentlich ihre Zeit verbrachten und was es war, das ihn an Peter band und ihn das freie Zimmer in der großen Wohnung nun fest bewohnen ließ. An manchen Morgen kam wie ein kurzer Übelkeitsanfall die Erkenntnis, daß er nichts tat, daß er Sand siebte, aber dann erinnerte er sich. Keine Macht der Welt konnte sie zwingen, etwas zu tun, nie wieder.
     
    Eines Abends sagte Peter: Ich habe heute keine Zeit. Ich muß zu Bokassa. Aber Johann bestand darauf mitzukommen.
    Das Haus in der Cuxhavener Straße war ein kleines verfallenes Schloß in Stuck, das letzte alte Gebäude zwischen dem geometrischen Beton an seinen Flanken. Neben der Tür hing ein Messingschild: Brazzaville GmbH Im- und Export. Bokassa war ein riesiger muskulöser Neger in einem grauen Flanellzweireiher und rosa Hemd. Er hatte eine Schürze umgebunden, denn er kam aus der Küche. Er schlug Peter auf die Schulter, musterte Johann und gab ihm dann die Hand. Sie ließen sich in weißen Ledersesseln nieder.
    Du siehst gut aus, sagte Bokassa zu Peter. Besser als seit langem.
    Danke. Du aber auch.
    Bokassa lachte. Ja, mir gehts auch gut. Ich habe vor einigen Wochen ein schönes Geschäft gemacht. Kaffee. Das beste seit der Geschichte mit der Butter zwischen München und Belgrad.
    Er muß seine Geschäfte hier machen, sagte Peter, denn zu Hause in Zaire ist er zum Tode verurteilt worden.
    Bokassa hob die Hände zu einer bescheidenen Geste.
    Ich habe einen südamerikanischen Verkäufer und eine Rösterei zusammengebracht, zu äußerst günstigen Bedingungen.
    Und als nächstes? fragte Peter.
    Zur Zeit mache ich in Immobilien, sagte

Weitere Kostenlose Bücher