Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
Vom Netzwerk:
Schnecken, die die Fühler aus ihren Häusern strecken, Rip van Winkles, die ein Jahrhundert verschlafen hatten.
    Das Licht ging an, und Johanns Blick schweifte über dieZuschauer. Es herrschte Stille, und er sah, es waren wieder Menschen, junge, in bizarren Kleidern, aber der Abgang der Göttin hatte die Schatten von ihren Stirnen und Augen entfernt, und dann brach der Applaus los.
    Sie schwiegen alle drei auf dem Weg zur Rosa-Bar und fanden erst im Gezwitscher und Gesumm der überfüllten Voliere die Sprache wieder. Daniela und Myra saßen an der Bar, und sie grüßten einander kurz, bevor sich Barbara, Anatol und Johann nach hinten drängten und einen Tisch eroberten.
    Der Mythos, sagte Anatol. Was für ein Mythos.
    Johann hatte die Augen geschlossen, Barbara durchmaß den Raum mit Blicken.
    Gott, was für ein Gefühl, in der Hand von so jemandem zu sein. Von so einer Frau.
    Einer Göttin, sagte Barbara. Und kein Wort wurde gesprochen. Gesprochen wird überhaupt nicht mehr.
    Stell dir vor, wir werden so gelenkt. Sitzen wie Spatzen in jemandes Hand, der uns zerquetschen kann.
    Gefällt dir der Gedanke? fragte Barbara.
    Entsetzlich, sagte Anatol. Wie entsetzlich, aber wie geborgen.
    Wie zu Hause, hm? sagte Johann mit geschlossenen Augen.
    Anatol sah ihn an. Das zu Musik machen.
    Den Leuten hats jedenfalls gefallen, sagte Barbara.
    Dieses schreckliche Geborgenheitsgefühl, sagte Anatol. Hattet ihr das nicht auch?
    Nein, sagte Johann.
    Aber das den Leuten durch Musik zu vermitteln.
    Meinst du, daß sies hören wollten? fragte Barbara.
    Ich weiß nicht.
    Es ist komisch, was sie hören wollen und was nicht.
    Ja, wie findet man es raus? fragte Anatol. Und leben mußman auch, und dann ist da schließlich die Karriere, die Karriere.
    Es wurde Sekt gebracht, niemand wußte, wer ihn bestellt hatte, und sie blickten sich um, ob jemand so aussah, als würde er spendieren. Die Bar war so voll, daß überhaupt niemand zu sehen war. Vielleicht war es auch ein Mißverständnis. Sie tranken. Es gab nichts mehr zu erzählen. So! sagte Barbara schließlich und klopfte auf den Tisch.
    Ich bleib noch ein wenig, sagte Anatol.
    Daniela und Myra saßen immer noch auf den Hockern am Eingang, als Barbara und Johann die Bar verließen.
     
    Was hast du? fragte Barbara. Du hast irgendwas.
    Sie stand am Herd und kochte Kaffee. Johann saß auf einem der Gartenstühle und betrachtete sich im schwarzen Spiegel der großen Scheibe. Also was ist los? fragte Barbara.
    Nichts.
    Barbara zuckte die Schultern und kam mit dem Kaffee.
    Was hast du eigentlich vor?
    Was soll ich vorhaben?
    Du mußt doch irgend etwas tun.
    Du meinst, ich habe was, und das liegt daran, daß ich mich langweile, und das liegt daran, daß ich nicht arbeite, stimmts?
    Möchtest du Zucker? fragte Barbara.
    Johann sah aus dem Fenster. Er wußte, was er wollte, und er wußte, daß er es Barbara nicht sagen konnte. Das war sein Problem. Er hatte Lust, so schmutzig zu sein, daß Barbara nicht mehr mit ihm reden würde.
    Oder willst du hier die ganze Zeit rumsitzen? fragte sie.
    Nein, sagte Johann.
    Von der Sorte gibts hier ohnehin zu viele.
    Johann sah sie an.
    Ich meins ernst, ich kann so was nicht ertragen.
    Was?
    Leute, die sich nicht aufraffen können, etwas zu tun.
    Egal was? fragte Johann.
    Nein. Arbeit.
    Ehrliche Arbeit, nicht? sagte Johann.
    Barbara sah ihn an. Ich könnte keine Leute um mich ertragen, die dahocken und warten.
    Ich kann überhaupt keine Leute um mich ertragen, sagte Johann.
    Soll ich gehen?
    Er winkte ab.
    Man muß etwas tun, sagte Barbara.
    Ich weiß.
    Ich hab nicht immer Zeit, sagte Barbara.
    Und?
    Ich meine, du wirst dich langweilen, wenn niemand da ist, den du kennst.
    Es gibt auch ganz andere Möglichkeiten, zu Geld zu kommen, sagte Johann.
    Gewiß.
    Dreckigere, als sie dir lieb wären.
    Oh, ich kenne ziemlich dreckige, sagte Barbara.
    Aber du willst keinen Dreck in deinem Bett.
    Das nicht, sagte Barbara.
    Johann sah aus dem Fenster.
    Was hast du vor? fragte Barbara.
    Johann sagte nichts.
    Ich seh dir an, daß du dumme Gedanken hast, sagte Barbara.
    Die dich nichts angehen.
    Das ist richtig.
    Johann schwieg.
    Ich will mich nicht mit dir streiten, sagte Barbara. Dukönntest zum Beispiel jetzt mit mir aus diesem ungemütlichen Raum in mein Zimmer gehen.
    Johann sah aus dem Fenster.
    Möchtest du? fragte Barbara.
    Johann bemerkte, daß ihre Stimme und ihre Bewegungen sich wieder änderten, wie am ersten Abend.
    Ja natürlich, sagte er.
    Dann gingen sie in

Weitere Kostenlose Bücher