Der Saubere Tod
wurde, wie eine Filmaufführung, bedienten sich wie vom kalten Büffet und breiteten über jede Spitze, über jeden Versuch, sie lächerlich zu machen, das dicke Fell ihrer guten Laune. Und während sie staunend, ein wenig verkühlt und eng beieinander an Tresen und Tanzflächenrändern standen, die Gläser schützend vor der Brust, ihre Sinne vom Lichtgeflimmer geblendet, wurden Peter und Johann in all der Hektik, dem Hinein undHinaus von Mal zu Mal schweigsamer. Die Erinnerung an Abenteuer des Vergessens in Sommernächten wurde immer greller, lächerlicher, abgeschmackter, und die zauberischen Stätten eines originalen, verzweifelten, schnellen Lebens verloren ihre Bedeutung, ihre Besonderheit, der glitzernde Staub der Schmetterlingsflügel war abgeschabt.
Noch einmal versuchte Peter, der längst nicht mehr Herr der Situation war, die Zügel des Abends in die Hand zu bekommen, seine Begleitung auf seine Augen zu fixieren, das Spinngewebe der Zeit, das vor seinen Augen dichter wurde, mit einem Schlag zu durchtrennen, einer Tat voll selbstmörderischen Charmes, einer unwiderstehlichen Dummheit, einem Balanceakt am Rande des Unglücks, der alle Welt neidvoll, ängstlich abgestoßen und doch rettungslos fasziniert um ihn scharen würde.
Sie waren in einer Bar, die erst vor kurzem eröffnet hatte, aber schon berühmt war für ihre nächtlichen, aus Speed und Rausch geborenen kleinen Dramen. Es war ein großer hoher Raum, durch den die Stimmen der vielen Gäste hallten und sich zu einem unaufhörlichen gleichförmigen Summen mischten, ein Saal wie aus einem Hollywoodfilm der dreißiger Jahre, an dessen Stirnseite ein Pianist und ein Saxofonist Klangkuben formten, die mit dem Rauch zur Decke stiegen, von der ein riesiger Kronleuchter hing, das Markenzeichen der Bar.
Peter stand am Tresen und suchte angestrengt nach einer Idee, aber nichts wollte ihm mehr einfallen. Schließlich reckte er sich empor, rief Johann und den Touristen zu, sie sollten achtgeben, und stieg auf einen Tisch. Mit Ausnahme der Leute, die um den Tisch saßen, fiel das in der vollen Bar fast niemandem auf. Der Tisch stand direkt unter dem Kronleuchter. Peter sprang hoch, um sich daran festzuhalten und in einer Zirkusnummer durch die Luft zu schwingen.
Vielleicht dachte er an alte Filme, inspirierte ihn das sorgfältig nachempfundene Styling des Raumes – Abenteuervoller Tempo, die romantische Begeisterung für die wilde Bewegung flamboyanter Helden, vielleicht war es nur eine letzte Hoffnung auf Aufmerksamkeit, Johann wußte nicht, welche Bilder hinter Peters Augen aufleuchteten, aber langsam wandte das Interesse der Masse sich ihm zu.
Peter sprang, aber der Leuchter hing zu hoch, und er erreichte ihn nicht. Aus dem Publikum kamen aufmunternde Rufe. Peter sprang noch einmal, seine Fingerspitzen berührten die Messingarme, aber er konnte sie nicht greifen. Ein weiter Kreis Schaulustiger hatte sich um ihn gebildet. Peter sprang wieder hoch, der Tisch wackelte, und wieder griff er fehl. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen.
Von der Bühne aus überblickte man den ganzen Raum. Ein weites Zuschauerrund voll leuchtender Kleidung, bizarrer Haarschöpfe umstand den Tisch, ein fettes Juwel im leichten Dunst aus Musik, Rauch und Parfüm, und eine gekrümmte schwarze Gestalt versuchte in lächerlichen Verrenkungen mit ausgestreckten Armen und gekrallten Fingern, mit vergeblichen Hüpfern den Leuchter zu fassen. Die ersten Lacher kullerten aus der Menge, dann wurde das Scheitern deutlich und das Zuschauen peinlich, und die Menschen winkten ab und drehten sich um.
Peter versuchte es verzweifelt ein letztes Mal, aber die Kraft reichte nicht, und er knickte mit dem Fuß um, fiel und riß den ganzen Tisch mit sich. Benommen hörte er Gelächter, und als er sich aufrappelte, waren keine Zuschauer mehr da, die alte Ordnung war wiederhergestellt, der Zwischenfall bereits vergessen.
Eine Hand packte Peter an der Schulter. Es war der Manager, der ihn hinauswerfen wollte. Die Touristen kamen ihm jedoch zu Hilfe. Einer der jungen Männer war betrunken.
Halt halt, lallte er und legte dem Barbesitzer die Hand auf die Schulter. Das is unser Kumpel Peter. Der meints nich böse, der is nur n bißchen hinüber. Aber nen besserenFührer kannst du dir gar nicht wünschen. Der kennt sich hier aus, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht, und sein ruhiger Freund hier, das is n stilles Wasser, aber auch n ganz schöner Schluckspecht, aber du lieber
Weitere Kostenlose Bücher