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Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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hast gehen lassen. Wußtest du nicht, daß er Dummheiten machen würde?
    Johann antwortete nicht.
    Wußtest dus nicht, oder war dirs egal, oder wolltest dus womöglich sogar?
    Johann antwortete nicht. Es war Zeit, Peter loszuwerden, es war spät. Er verabschiedete sich kurzerhand, stand auf und ging. Am Ende der Admiralstraße nahm ihn das hohe zugige Burgtor des NKZ, des Selbstmördertroja, auf. Er hörte seine Schritte auf dem Asphalt, die Mauern gaben den Klang zurück.

VIII
    Anatol Strittmatters Vater kam am Morgen in der Oranienstraße an, um seinen Sohn nach Hause zu holen. Er war ein großer schlanker Mann mit grauem Vollbart, schütterem Haar und Hornbrille. Seine Stimme war tief, sanft und leise. Er trug dunkelbraune Cordhosen und ein englisches Jackett mit Wildlederflecken auf den Ellbogen. Seine Daumen waren gelb, denn er stopfte seine Pfeife mit ihnen nach. Er lebte in Freudenstadt, wo er das von seinem Vater ererbte Sägewerk leitete und Vorsitzender der dortigen Rudolf-Steiner-Gesellschaft war. Barbara hatte mit ihm telefoniert und ihn informiert, daß sein Sohn wegen eines Nervenzusammenbruchs drei Tage in der Klinik gelegen habe. Strittmatter hatte sich am Telefon ruhig verhalten und dann gesagt, er würde nach Berlin kommen, um Anatol zu holen.
    Er saß verlegen auf der Kante eines der Gartenstühle und hielt mit beiden Händen die Pfeifentasche auf den Knien.
    Möchten Sie etwas trinken? fragte Barbara.
    Sie habens schön hier, murmelte Strittmatter und nahm erst dann wahr, daß er etwas gefragt worden war. Wie bitte? Ja gern, ein Täßle Tee, wenn Sie haben.
    Barbara setzte Wasser auf.
    Haben Sie Umstände gehabt mit dem Anatol?
    Keine Spur, sagte Barbara. Er hat einfach zuviel gearbeitet.
    Strittmatter schüttelte den Kopf. Er ischt ein Künstler.Aber ich glaube, die Ruhe bei uns auf dem Land, zu Hause, das wird ihm helfen.
    Er ist schon in Ordnung, sagte Barbara. Besser, jemand hat einen Auskick, weil er zuviel arbeitet, als wenn er überhaupt nichts tut.
    Strittmatter stopfte sich eine Pfeife. Wo ischt er jetzt?
    Er kommt gleich, er packt wohl noch.
    Sind Sie seine Freundin, wenn ich fragen darf?
    Nein,
eine
Freundin. Wir wohnen halt zusammen.
    Schön haben Sies hier. Strittmatter sah sich um.
    Barbara nickte.
    Ja, Wohngemeinschaften, sagte Strittmatter. Es ischt schade, daß es so was zu meiner Zeit noch nicht gab. Ich glaub, das ischt doch die Lebensform der Zukunft, mit all der täglich geläbten Solidarität. Die Familie, Sie sähns ja, wir wisset zuwenig voneinander, das gibt keinen rechten Halt mehr. Meinen Sie, daß er gleich kommt?
    Barbara nickte. Sie setzte sich neben Strittmatter und trank eine Tasse Tee mit ihm.
    Und Sie, was machen Sie?
    Ich bin Journalistin.
    Ah. Er räusperte sich und stopfte mit dem Daumen nach. Wo ischt denn sein Zimmer?
    Barbara deutete mit dem Finger.
    Bei uns daheim, begann Strittmatter, ists doch ruhiger als hier in der Großstadt, und der Bub kann sich ein bißle besinnen.
    Anatol hat sich wohl gefühlt in Berlin, sagte Barbara.
    Die Tür öffnete sich, und Anatol kam heraus, blaß, mit unsicheren Schritten, in jeder Hand einen Koffer. Strittmatter sprang auf und ging auf ihn zu. Sie blieben voreinander stehen. Anatol setzte die Koffer ab.
    Er nickte ernst. Papa.
    Grüß dich, mein Junge. Strittmatter schloß ihn in dieArme und drehte den Kopf zur Seite, die Pfeife im Mund. Er war viel größer als Anatol, und sie ähnelten einander überhaupt nicht.
    Möchtest du auch noch einen Tee? fragte Barbara.
    Anatol blickte in dem weiten Raum umher. Sein Gesicht war von der gleichen Farbe wie die Wände. Er schüttelte den Kopf.
    Nein, ich möchte gleich gehen.
    Strittmatter klopfte seine Pfeife in einem Aschenbecher aus. Er reichte Barbara die Hand.
    Nochmals vielen Dank.
    Barbara nickte. Strittmatter wandte sich seinem Sohn zu, der mit den Koffern mitten im Raum stand.
    Wir haben fascht anderthalb Meter Schnee.
    Wie gehts Mama?
    Gut. Sie freut sich, dich zu sehen.
    Gehen wir also, sagte Anatol. Barbara, bestellst du den anderen Grüße?
    Ich werds ausrichten.
    Zu wievielt leben Sie hier? fragte Strittmatter.
    Ohne mich sechs, sagte Anatol.
    Barbara hielt ihnen die Tür auf. Gute Reise.
    Strittmatter stopfte seine Pfeife neu, während er, seinem Sohn folgend, die Treppen hinabstieg.
     
    Der nächste Tag war der Tag von Marias Abreise nach Afrika. Sie hatte ein einfaches Flugticket nach Accra gekauft und 1500   Mark gespart.
    Johann hatte das Badezimmer

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