Der Schachspieler
veranstaltete? Der Schnaps floss in Strömen, Pärchen fanden sich und zogen sich in einen Winkel zurück, und am nächsten Tag werden die Partner gewechselt: junge Leute, die es wie die Karnickel treiben. Wie nennt man das heute so nett? Bumskumpel. Wissen Sie, dieser Schaeffer ist im Grunde ein guter Junge. Er fuhr angeblich den ganzen Sonntag mit seinem Boot über den See, suchte das Ufer ab, um zu sehen, ob das Mädchen es vielleicht doch an Land geschafft hatte. Noch bevor die Leiche aus dem See gezogen wurde, hab ich dem Jungen klargemacht, dass jetzt Schluss ist mit den Partys.«
»Danach gab’s keine Probleme mehr dort?«
»Nein, aber ich glaube auch nicht, dass der junge Schaeffer nach diesem Wochenende noch mal dort übernachtet hat. Schlechte Erinnerungen. Sein Vater hat letztes Jahr wieder geheiratet, da hab ich den Jungen wiedergesehen.«
»Sie waren eingeladen?«
»Falls Sie damit irgendwas andeuten wollen – vergessen Sie’s. Es war ein riesiges Fest in Hillsdale, und der Alte hat mir eine Höflichkeitseinladung geschickt. Ich wär lieber zu Hause geblieben und hätte mir ein Baseballspiel angesehen, aber ich bin nun mal gewählter Sheriff hier, und so wie ich diese Kreise kenne, wäre es nicht sehr schlau gewesen, nicht zu erscheinen.«
»Was macht der junge Schaeffer heute?«
»Er lebt ziemlich zurückgezogen. Betätigt sich als Finanzspezialist und managt das Familienvermögen in irgendeiner abgelegenen Hütte in der Nähe von Chester. Er ist grau geworden.«
»Diese Nacht hat für viele das Leben verändert.«
»Kann man wohl sagen.«
»Hat Ihr Team mit Sonargeräten nach dem Mädchen gesucht?«
»Jep. Wir haben ein Tauchteam mit Side-Scan-Sonar eingesetzt. Sie werden nicht mal nass, bis sie die Leiche gefunden haben. Wir wollten nicht, dass irgendwann eine Wasserleiche im See treibt. Haben Sie schon mal eine Wasserleiche gesehen, Agent Cady?«
»Ja«, antwortete Cady und bemühte sich, das Bild aus seinen Gedanken zu verdrängen. Irgendwann steigt die aufgedunsene Leiche durch die Fäulnisgase an die Oberfläche. Die Überreste eines Ertrunkenen sind kein schöner Anblick. Oft beginnen Fische an dem Toten zu knabbern, was die Zersetzung beschleunigt.
»Dann wissen Sie ja, wie das ist«, fuhr Littman fort. »Die Taucher fanden sie schon am nächsten Tag. Sonntagabend. Nicht so schlimm wie eine richtige Wasserleiche, aber trotzdem nicht schön.«
»Im Bericht des Pathologen steht was von Kratzern und Schrammen.«
»Geringfügige Verletzungen, aber nicht im Gesicht, auch keine Würgemale am Hals. Keine Hautfetzen unter den Fingernägeln. Nichts, was auf einen Kampf oder eine Vergewaltigung hindeutet.«
»Wenn es keine Zeugen gibt und das Opfer keine schweren Verletzungen hat«, dachte Cady laut, »dann lässt sich fast nie nachweisen, dass ein Tod durch Ertrinken in Wahrheit Mord war.«
»Für den Rechtsmediziner spricht jedenfalls alles dafür, dass sie einfach ertrunken ist. Das Wasser in der Lunge deutet daraufhin, dass sie noch lebte, als sie unterging. Die Hinweise bestätigen die Aussage des jungen Ingram. Dabei kam er mir auch nicht gerade wie ein Märchenprinz vor.«
»Haben Sie Ingrams Aussage noch in derselben Nacht bekommen?«
»Der Junge war völlig am Boden, ein Häufchen Elend. Sechs Stunden vorher muss er noch stockbesoffen gewesen sein. Sicher nicht in der Lage, ein Mädchen zu vergewaltigen. Nein, wahrscheinlich haben sich die beiden einfach mit reichlich Wein in Stimmung gebracht und dann gebumst. Nicht gerade vorbildlich für Princeton-Studenten, aber so war’s nun mal. Sex in beiderseitigem Einvernehmen.«
»In dem Bericht steht, dass Sperma in der Vagina gefunden wurde. Hat man getestet, ob es von Bret Ingram stammte?«
»Noch mal, es gab keine Hinweise auf Fremdverschulden. Nichts, was auf einen Kampf hindeutete, und die Ermittlungen haben die Aussage des Jungen bestätigt. Er gab zu, Sex mit Marly Kelch gehabt zu haben, und zwar zweimal, bevor sie ins Wasser gingen. Ehrlich gesagt, Cady, auf Schaeffers Party hätten Sie wahrscheinlich an allen möglichen Orten Spermaspuren der verschiedensten Leute gefunden, mehr als in Hugh Hefners Haus. Die Kleider des Mädchens lagen sogar ordentlich zusammengelegt im Bootshaus.«
Cady erinnerte sich an die sauber gefaltete Schmutzwäsche in den Wohnungen der Zalentines. »Die Kleider zusammengelegt, bevor die beiden – betrunken, wie sie waren – Sex hatten?«
»Sie nerven mich, Cady«, erwiderte Sheriff
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