Der Schachspieler
seinen Bundesstaat durchzudrücken: Brücken, Windkraftanlagen, Vorschulförderung, die Antidrogeninitiative der Delaware National Guard, das neue Farris Cancer Center an der University of Delaware, Projekte des öffentlichen Nahverkehrs und vieles mehr, was ihm den Lohn seiner dankbaren Wähler bei der nächsten Wahl bescheren würde.
»Ich habe Roland gestern Abend angerufen«, begann Farris – der Senator schien mit jedem nördlich des Äquators per du zu sein –, »weil ich ihm noch etwas zu den Fragen sagen wollte, die er mir nach dem Mord an Barry gestellt hat. Ich fürchte, ich konnte ihm nicht allzu sehr weiterhelfen, das hat mich selbst am meisten gestört.« Der Senator stellte seine Kaffeetasse ab und breitete die Hände aus. »Wenn Sie herausfinden, wer meinen besten Freund umgebracht hat, dann würde ich den Dreckskerl am liebsten mit seinen eigenen Eingeweiden erwürgen. Verdammt, ja, Barry hatte Feinde, auch viele politische, wie Sie den Nachrichten entnehmen konnten. Wir sind hier in Washington, um Himmels willen. Im Krieg und in der Liebe ist ja bekanntlich alles erlaubt, aber hinterher gibt man sich die Hand und hält eine versöhnliche Rede, bis zum nächsten Kampf. Ich habe zu Roland gesagt, dass es wahrscheinlich ein Einbrecher war, der die Nerven verloren hat, und dass Barry einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war.«
»Aber dann ist Ihnen noch etwas eingefallen?«
»Eigentlich war es mein Sohn, der mich auf etwas gebracht hat. Vielleicht hat es etwas zu bedeuten, vielleicht auch nicht.« Der Senator wandte sich seinem Sohn zu. »Patrick, erzähl Agent Cady von den beiden Nichtsnutzen an der Uni.«
»Ich kannte Alain und Adrien Zalentine aus Princeton.« Cady griff in seine Brusttasche und holte ein Notizbuch hervor. »Wie gut?«
»Na ja, wie man sich so kennt.« Der Kongressabgeordnete neigte den Kopf. »Ich war ein oder zwei Jahre älter, aber wir waren im selben Eating Club: T. I. – Tiger Inn.«
»Was ist ein Eating Club? Eine Studentenverbindung?«, fragte Cady. Er hatte die Ohio State University besucht und im Studentenheim gegessen.
»Nein. Verbindungen waren in Princeton lange verboten, deshalb wurden solche Eating Clubs gegründet, wo man sich zum Essen und geselligen Beisammensein traf. Ging recht lustig zu an den Samstagabenden.«
»Sind Sie mit ihnen in Kontakt geblieben?«
»Ich weiß, was Sie denken: Farris ist Politiker und will alle zwei Jahre wiedergewählt werden. Da kommt ihm das Geld der Zalentines sehr gelegen«, sagte Patrick mit einem breiten Lächeln. »Er wäre ja dumm, wenn er sich die Chance entgehen ließe. Das klingt doch plausibel, oder?«
Cady nickte.
»Ich hab mich nie um Unterstützung an die beiden gewandt. Nicht ein Mal. Und Kontakt gab’s auch keinen. Ehrlich gesagt, sie waren schon damals ziemlich komische Vögel.«
»Inwiefern?«
»Ich habe zum Beispiel nie einen allein gesehen, immer war auch der andere in nächster Nähe. Und sie hatten so eine seltsame Art, Dinge anzustarren. Ich schwöre, jemand hätte einen Pudding fallen lassen können, und die beiden hätten das genau beobachtet, geradezu analysiert, und dann wie zur Bestätigung einen kurzen Blick gewechselt. Als ich einmal nach dem Essen wegging, hatte ich plötzlich dieses komische Gefühl, beobachtet zu werden. Kennen Sie das?«
Cady nickte erneut.
»Also, dieses Gefühl war auf einmal so stark, dass ich richtig Gänsehaut bekam. Bei der Tür drehte ich mich um – und tatsächlich, die Zwillinge saßen nebeneinander und starrten mich an.«
»Hatten die Zalentines enge Freunde im Tiger Inn?«
»Nicht dass ich wüsste. Der Club ist ein bisschen exklusiv, man muss eine lästige Prozedur über sich ergehen lassen, um reinzukommen. Befragungen, blöde Spiele, solche Sachen. Die Zalentines haben nie viel Wert auf Kameradschaft gelegt. Die lebten mehr in ihrer eigenen Welt. Vermutlich haben sie ein paar Leute geschmiert, um in den Club reinzukommen.«
»Erzähl Agent Cady von der Party«, warf Senator Farris ein.
»Ja.« Der Abgeordnete faltete die Hände und ließ den Blick in die Zimmerecke schweifen, um sich zu erinnern. »Dane Schaeffers Familie besaß ein Haus bei Hillsdale in Bergen County, direkt am Snow Goose Lake. Dane hat auch in Princeton studiert und war ein guter Kumpel von mir im Club. Sein Vater war geschäftlich viel in Italien unterwegs, oft wochenlang in Mailand oder Neapel, und nahm seine aktuelle Freundin mit. Dann stand das Haus am See oft leer, und
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