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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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menschlichem Bewusstsein vergleichen ließe. Aus den Überbleibseln älterer Strukturen errichtet, war das Kenilworth die meiste Zeit seiner Existenz am Rande des Kollapses.
    Oder der Überdosis.
    Es hat sich schon lange selbst überlebt. Der lange Marsch der Jahre dem Ende entgegen war mit Fehlfunktionen und internen Ausfällen gepflastert. Die stechenden Schmerzen nicht funktionierender Leitungssysteme. Die Kratzer und Krusten des Vandalismus. Die Zerstörungen des Wetters. All die Verluste in Farbe und Form und Spannung, die mit den Auswirkungen des Alters einhergehen. Die Millionen kleiner Möglichkeiten, mit denen Körper ihre Besitzer quälen und verraten können. Das geschieht jetzt alles in den erinnerten Wänden des Kenilworth.
    Die Wände geben in dem Maße nach, in dem auch das Gedächtnis nachlässt. Sie verlieren ihre Substanz wie verrottendes Fleisch.
    Das Kenilworth Arms versucht, durch Drogen betäubt, das zu verwenden, was es weiß. Oder was es sich noch vorstellen kann, in seinen letzten Stunden.
    Tiefer im Drogenrausch versunken als je zuvor, hat es etwas, was man als einen Traum bezeichnen könnte.
     
    »Du kannst zurückgehen und dir all das Blut und das zerschlagene Glas ansehen, aber ich sehe dazu keine Veranlassung. Bauhaus und seine Schar von Affenhirnen werden die Bude auf den Kopf stellen. Und wahrscheinlich jeden umbringen, der ihnen unter die Augen kommt.«
    Die Rekapitulation hatte Jamaica nicht den Appetit verdorben. Wohl aber Bash.
    Er saß nur da. Damit seine Hände nicht zitterten, presste er sie aufeinander. Sie zuckten trotzdem. Seine Rechte schmerzte, weil er Marko damit geschlagen hatte. Der verstorbene Marko mit dem Spatzengehirn und dem Killerinstinkt, der jetzt in seinem Grab aus verwehtem Schnee vor dem Kenilworth lag. Bash fragte sich, ob der Körper sich zu schwarzem Wasser auflösen würde, wenn der Frühling kam, und in die Gullys abfließen würde, so wie er es Jonathan beschrieben hatte.
    Er sagte nichts.
    »Pass auf. Hör mir zu!« Jamaicas Haltung ihm gegenüber ließ keinen Widerspruch zu. »Ich weiß, was dir wahrscheinlich gerade im Kopf herumspukt. Es tut mir verdammt leid um Jonathan. Aber glaub mir, wir können da im Augenblick absolut nichts machen. Wir haben keinerlei Wahl. Du hast Marko gesehen; diese Kerle nehmen es verdammt ernst, wenn sie jemandem etwas heimzahlen wollen. Wir dürfen denen nicht über den Weg laufen. Die dürfen auf keinen Fall wissen, wo wir sind. Wir können nur abwarten. Abwarten und zusehen, ob Cruz noch auftaucht.«
    »Wie lange gibst du ihm noch?«
    »Wenn bis um zwölf nichts passiert ist, dann bin ich weg. Wenn der Sturm das zulässt. Da wird es noch einen anderen Sturm gegen – ein Wirbel von Fragen wegen Jonathan. Du solltest dir überlegen, ob du derjenige sein willst, der sie beantworten muss.«
    »Verdammt.« Sein Louisiana-Akzent kam wieder durch, gedämpft durch seine gelockerten Zähne. Selbst wenn nur ein Teil von dem, was Jamaica ihm erzählt hatte, wahr war, dann wollte Bash ganz bestimmt nichts davon den Jungs in Uniform erklären müssen. Sie war eine Prostituierte … aber Jonathan hatte ihr vertraut … und warum sollte sich jemand eine so abstruse Geschichte ausdenken?
    »Ich denke immer noch, dass ich daran schuld bin«, sagte sie. »Er wollte mir aus der Patsche helfen, das war alles. Er hat das für eine völlig Fremde getan. Aber ich glaube nicht, dass er je in diese Geschichte verwickelt worden wäre, wenn diese blöde Amanda nicht wäre, da unten in Texas. Er hat mir die Geschichte erzählt. Ich glaube, sie war der Grund, warum er für mich diesen Schacht hinuntergeklettert ist.«
    Das ließ Bash aufschnauben, und er sah zur Seite. Als er sich wieder umdrehte, schwammen Tränen in seinen tiefbraunen Augen.
    »Oh, gottverflucht noch mal …« Er schloss gequält die Augen. Jamaica langte zu ihm herüber und nahm seine unverletzte Hand in die ihren. Er entriss sie ihr. »Nein. Du verstehst das nicht.«
    »Sieh mich an.« Sie versuchte ihm zu helfen, in gewisser Weise Jonathan zu ersetzen. »Jonathan, er war …«
    »Halt die Schnauze!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch und das Geschirr hüpfte. Die Konversation im ganzen Raum verstummte. »Du bist diejenige, die es nicht begriffen hat«, fauchte er. »All diesen Mist über Amanda. «
    »Sie hat ihm das Herz gebrochen. Sie passten nicht zueinander. Was gibt es da zu verstehen?«
    »Amanda existiert verflucht noch mal überhaupt nicht!« Seine Stimme war

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