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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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hingen jetzt da wie trübe Lampen in tiefen Gruben. Sie blinzelte heftig in dem ungedämpften Licht aus den nackten Glühbirnen des Foyers. Sie hielt ihre Knie umschlungen, verkroch sich in ihren Mantel. Jonathan dachte an ein Kind, das man nicht abgeholt hat, obwohl das Footballspiel schon lange vorbei ist.
    Sie sah ihn, und ihr Gesichtsausdruck hellte sich auf. Er blieb stehen, wo er war, und versuchte sich wieder an ihren Namen zu erinnern.
    Er sagte: »Hallo.« Sein Ton sagte: »Eine Überraschung, aber eine willkommene; was tust du hier zu dieser Nachtzeit? Ich hoffe, es betrifft mich.«
    »Mein Gott.« Sie räusperte sich. »Ich hatte gehofft, du würdest hierhin zurückkommen. Ich habe geklopft, aber du warst nicht zu Hause, und Cruz hatte nicht die Zeit, mir seinen Schlüssel zuzustecken.« Als sie aufstand, bekam Jonathan einen kurzen Blick auf ihren hautengen Lederrock, den Spitzenbesatz ihrer Strümpfe und auf die Beine, die so lang und so apart waren wie polierte Bronze. Sie ging vor ihm die Treppen zu seinem Appartement hoch. Cruz musste ihr die Nummer gegeben haben. »Können wir nach oben gehen? Es ist wirklich eiskalt hier unten.«
    Er nickte und stapfte hinter ihr die Treppe hoch, dankbar für den Anblick. Er hatte dreißig Sekunden, um seine Gedanken wieder auf die Reihe zu kriegen. Er fischte nach den Schlüsseln in seinem Parka, während sie mit der Tür einer Eisbox herumspielte.
    Drinnen beäugte sie das Chaos aus Pappkartons und fragte sich, was sie wohl enthielten. Sie mochte die magere schwarze Katze augenblicklich, die sich wie magnetisch angezogen in ihre Arme schmiegte. »Hast du Kaffee da? Oder ein Bier? Nein, lieber etwas Heißes. Sind in einer von diesen Kisten auch Handtücher?«
    »Ich packe gerade aus.« Das war lahm. Noch ein Versuch »Äh … Handtücher?«
    »Ja. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern ein Bad nehmen. Einfach nur einweichen und meine Knochen auftauen. Bei dem Gestank von Polizisten und Polizeirevieren hat man nachher immer den Wunsch, ein Bad zu nehmen.« Sie streifte ihre hochhackigen Schuhe ab, was schon eine Anstrengung bedeutete. Jonathan bemerkte, dass sich ihre kleinen Zehen nach außen gebogen hatten. Zu viele Jahre, in denen sie versucht hatte, elegant zu sein. Die Knöchel waren glänzend und wund gerieben. Ihre Füße waren eine Katastrophe.
    »Äh …« Er beschloss nicht mehr »äh« zu sagen. »Na sicher, ich meine, fühl dich wie zu Hause. Ich suche dir die Paraphernalien zusammen.«
    »Die was?«
    »Handtücher. Seife. Noch mehr Handtücher. Ich glaube, ich habe auch irgendwo einen Schwamm in einer von diesen geheimnisvollen Kisten.«
    »Wow … das wäre klasse. Ich fühle mich, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen. Und hätte verloren.« Sie ließ ihren Mantel auf die Pritsche fallen und setzte sich darauf, dann ließ sie ihre Tasche auf den Boden fallen und streifte sich die ruinierten Strümpfe ab. Der Gracilis-Muskel auf der Innenseite ihrer Schenkel schien die Größe von Jonathans Handgelenk zu haben. Er trat zum Vorschein, als sie das Bein hob. Der Muskel, auf dem Mann am zweitbesten kauen kann.
    Er wusste, was sie tat, und er wusste, dass sie es wusste. Er lächelte in sich hinein.
    Der Schlüssel, um mit ihr richtig umzugehen, würde darin liegen, dass er nicht wie ein Hündchen in einem pawlowschen Labor reagierte.
    »Wieso haben sie dich gehen lassen, aber Cruz nicht?« Das war nicht ganz die Frage, die er ihr eigentlich stellen wollte.
    Sie stand auf, um ihr Oberteil aufzuschnüren. »Sie wollen Cruz das Kokain anhängen und brauchen mich nicht, um Cruz und Bauhaus eine Verbindung nachzuweisen. Und sie sind wirklich verdammt scharf darauf, Bauhaus festzunageln.«
    »Ich habe die Nummer angerufen. Ich habe nicht mit ihm sprechen können.«
    Das schien sie zu amüsieren. »Ja, Bauhaus steht auf seine Sicherheitsmaßnahmen. Er hält sich für so eine Art Geheimagent. Der Mann von K. O. K. S.«
    Es ging jetzt darum, die interessanteren Teile auszuziehen. Sie lächelte in einer bezaubernden Vortäuschung von Schamhaftigkeit und steuerte auf das Badezimmer zu.
    »Halt, warte … lass mich das tun.« Er stürzte vor ihr hinein, vor allem, um sich davon zu überzeugen, dass nichts von dem scheußlichen Dreck wieder die Wanne hochgekommen war. Ein Hauch von Leichenhalle hing immer noch in der kalten Luft, aber das Pappviereck, das er in das kaputte Fenster gequetscht hatte, saß immer noch an seinem Platz. Er legte den Hebel um

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