Der Schädelring: Thriller (German Edition)
eingeatmet und ihre intimen Sachen durchwühlt –
Nein. Er war einfach nur ein mieser Kerl. Er würde für sein Verbrechen bestraft werden und dabei vielleicht auch Mitchell anschwärzen. Und er war nicht länger Teil ihres Lebens, alle waren sie aus ihrem Leben verschwunden: Mitchell, ihr Vater, die bösen Menschen, alle, die versucht hatten, ihr weh zu tun.
Die einzige Person, die sie brauchte, war Dr. Forrest.
Sie vergewisserte sich, dass die Vorhänge gezogen waren und widerstand dem Drang, die Schlösser erneut zu überprüfen. Sie dachte an den Baseballschläger und fragte sich, ob sie ihn wohl wieder an seinen Platz unter dem Bett legen sollte. Nein, sie war jetzt tapfer; Dr. Forrest hatte ihr Kraft gegeben. Morgen würde sie der Therapeutin alles über diesen eigenartigen Tag erzählen und am Schluss der Sitzung würde sie vielleicht darüber lachen können.
Jetzt musste sie jedoch schlafen. Nachdem die Panik von ihr gewichen war, übermannte sie die Erschöpfung.
Sie ging zum Schrank, um ihr Nachthemd zu holen. Als sie die Tür öffnete, sah sie ein Stück gelbes Papier, das am Ärmel eines ihrer Kleider angeheftet war. Die Zeichnung war mit einem roten Buntstift ausgeführt worden. Sie zeigte einen ungleichmäßigen Kreis, der dem Bild glich, das auf der hölzernen Ringschachtel eingeschnitzt war.
Unterhalb des Pentagramms standen die in kindlicher Handschrift geschriebene Worte: HALLO JUUULIA.
20
„Wer hat Ihrer Meinung nach die Notiz hinterlassen?“ fragte Dr. Forrest.
Julia hielt die Hände im Schoß; die Handflächen waren feucht und ihre Finger bewegten sich unruhig hin und her. Die getäfelten Wände in Dr. Forrests Büro hatten immer eine beruhigende Wirkung ausgeübt, aber heute schienen sie näher und bedrückender zu sein. Der Geruch der Kaffeemaschine verdrängte die Luft. Julias Stuhl quietschte und der Lärm wurde durch die langen Pausen noch verstärkt.
Julia konnte ihrer Therapeutin nicht in die Augen sehen. Aber Dr. Forrest war liebenswürdig, sie war Julias Retterin, ihre Begleiterin auf der Reise durch ihren Kopf. Dr. Forrest würde nicht zulassen, dass ihr etwas Böses zustieße.
„Kommen Sie, Julia“, sagte die Therapeutin. „Sie können mir vertrauen.“
„Ich weiß nicht“, sagte Julia mit stockendem Atem. Ihre Knie zitterten und die Augen brannten. Der Körper verlangte nach Schlaf.
„Sie wissen nicht, wer die Nachricht hinterlassen hat?“
„Nein.“
„Der Mann, der verhaftet wurde, als er in Ihr Haus eingebrochen war.“
„Aber Walter sagte, dass das Fenster bereits offen war.“
„Dieser Walter . . . trauen Sie ihm?“
Julia schaute nach draußen. Normalerweise hielt Dr. Forrest die Vorhänge zugezogen während der Sitzungen, aber heute war ein so strahlender Tag, dass er fröhliche Gedanken anlockte. Die Sonne brachte die roten und goldenen Bäume zum Glühen, der Himmel war ein helles Blau und einige dünne, flaumige Wolken schwebten über den Bergen. Ein Tag zum Hoffen, ein Tag voller Optimismus. Der kommende Winter mit seinem Zerfall war sorgfältig hinter der strahlenden Pracht verborgen.
„Ich kenne ihn nicht sehr gut“, sagte sie schließlich.
„Halten Sie sich von ihm fern. Er ist Ihrer Heilung nicht förderlich.“
„Aber er war freundlich. Mit Ausnahme von Ihnen war er der Einzige, der mir nicht weh getan hat.“
„Es ist ganz natürlich, dass Sie sich verletzlich fühlen. Aber was mit Mitchell geschehen ist –“
„Sie haben gesagt, dass wir nicht mehr darüber sprechen müssen.“
„Natürlich. Wir werden uns letzten Endes damit befassen müssen, aber konzentrieren wir uns heute auf die Notiz.“
„Sie ist von einem der bösen Menschen“, sagte Julia überzeugt. „Sie kamen zurück. Sie sind mir hierher gefolgt.“
„Nun, Julia, nur weil Sie herausgefunden haben, dass dieser Snead nach Elkwood gezogen ist, heißt das noch lange nicht, dass eine Verschwörung im Gang ist. Die Vergangenheit ist real, die Misshandlung hat stattgefunden und Sie haben schwer gelitten. Wir müssen jedoch zur Überzeugung kommen, dass die Vergangenheit vorbei ist, sonst werden Sie nie gesund.“
Julia kniff die Augen zusammen. „Sie sind es, die sagt, dass ich die Vergangenheit wieder lebendig machen soll.“
Dr. Forrest stand auf und ging zum Fenster. „Wieso sind Sie böse auf mich, Julia?“
„Böse?“
„Ist es, weil ich nicht dort war, als Sie mich brauchten? Weil Sie bei Ihrer Selbstfindung einen Panikanfall hatten
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