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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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bißchen Hilfe, die er über den » Old-Boy«- Draht von ihm bekommen konnte. Dazu waren »Old-Boy«-Drähte ja schließlich da.
    »Geht in Ordnung. Ich erwarte seinen Anruf. Um 9 Uhr.«
    »Haben Sie vielen Dank, Mister Mallinson.«
    »Gute Nacht.« Mallinson legte den Hörer auf, stellte den Wecker auf 6 Uhr 30 statt auf 7 Uhr und legte sich wieder schlafen.
    Während Paris der Morgendämmerung entgegenschlief, ging ein Schullehrer mittleren Alters ruhelos im engen Wohn-Schlafzim-mer einer muffigen kleinen Junggesellenwohnung auf und ab. Um ihn herum herrschte ein Chaos: Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Manuskripte lagen überall auf dem Tisch, den Sesseln und dem Sofa, ja selbst auf der Decke des in einen Alkoven eingebauten schmalen Bettes herum. In einem weiteren Alkoven befand sich ein Spülbecken, in dem schmutziges Geschirr gestapelt war.
    Was ihn zu seiner ruhelosen Wanderung trieb, war jedoch nicht der unordentliche Zustand seines Zimmers, denn seit seiner Enthebung vom Posten eines Gymnasialdirektors in Sidi-bel- Abbès und dem Verlust seines schönen Hauses und der beiden Diener, die dazu gehörten, hatte er gelernt, so zu leben, wie er jetzt lebte. Seine Schwierigkeiten waren anderer Art.
    Als die Dämmerung über den östlichen Vorstädten anbrach, setzte er sich schließlich und nahm eine der herumliegenden Zeitungen zur Hand. Sein Blick überflog nochmals den Bericht auf der Seite mit den Meldungen aus dem Ausland. Die Überschrift lautete: »OAS- Chefs igeln sich in römischem Hotel ein.« Nachdem er den Artikel ein letztes Mal gelesen hatte, faßte er einen Entschluß, schlüpfte in einen leichten Überzieher, um sich gegen die frühmorgendliche Kühle zu wappnen, und verließ die Wohnung.
    Auf dem nahe gelegenen Boulevard hielt er ein Taxi an und ließ sich zur Gare du Nord fahren. Als das Taxi ihn abgesetzt hatte, wartete er, bis es davongefahren war, und entfernte sich dann vom Bahnhof. Er überschritt die Straße und betrat eines der durchgehend geöffneten Cafés. Nachdem er sich einen Kaffee bestellt und eine Telephonmarke hatte geben lassen, suchte er die im hinteren Teil des Raumes befindliche Telephonzelle auf, wählte die Auskunft, die ihn ihrerseits mit der Auslandsauskunft verband. Er fragte nach der Telephonnummer eines Hotels in Rom, erhielt innerhalb von sechzig Sekunden die gewünschte Auskunft, hängte ein und ging.
    Weitere hundert Meter vom Bahnhof entfernt, rief er von einem anderen Café aus abermals die Auskunft an, diesmal, um sich nach dem nächstgelegenen durchgehend geöffneten Postamt zu erkundigen. Man sagte ihm, daß es sich, wie er angenommen hatte, gleich um die Ecke beim Bahnhof befand.
    Auf dem Postamt meldete er ein Gespräch mit der Nummer in Rom an, die man ihm gegeben hatte, vermied es jedoch, das Hotel, um dessen Nummer es sich handelte, beim Namen zu nennen. Er wartete zwanzig Minuten lang, bis die Verbindung hergestellt war. »Ich möchte Signor Poitiers sprechen«, erklärte er der italienischen Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Signor ehe?« fragte die Stimme. »II Signor francesi. Poitiers, Poitiers…«
    »Che?» wiederholte die Stimme. »Francesi, francesi…« sagte der Mann in Paris. »Ah, si, il signor francesi. Momenta, per favore… « Es klickte ein paarmal, dann meldete sich eine müde Stimme auf französisch. »Ouäi…«
    »Hören Sie«, sagte der Mann in Paris beschwörend. »Ich habe nicht viel Zeit. Nehmen Sie Papier und Bleistift und schreiben Sie auf, was ich Ihnen sage. Haben Sie? Also: ›Valmy an Poitiers. Der Schakal ist aufgeflogen. Wiederholen Sie: Der Schakal ist aufgeflogen. Kowalsky wurde geschnappt. Hat gesungen, bevor er starb. Ende.‹ Haben Sie das?«
    »Ouäi«, sagte die Stimme. »Ich gebe es weiter.« Valmy hängte ein, zahlte rasch die Gebühren und verließ eilig das Postamt. Innerhalb einer Minute war in der Menge der Pendler verschwunden, die in diesem Augenblick aus der Bahnhofshalle strömte. Die Sonne stand über dem Horizont und begann das Pflaster und die kühle Morgenluft zu erwärmen.
    Zwei Minuten nachdem Valmy gegangen war, fuhr ein Wagen vor dem Postamt vor, und zwei Männer von der DST eilten hinein. Sie ließen sich von dem Beamten in der Telephonvermittlung eine Personenbeschreibung geben, die jedoch auf jedermann gepaßt hätte.
    In Rom erwachte Marc Rodin um 7 Uhr 55, als ihn der Mann, der während der Nacht ein Stockwerk tiefer den Dienst am Emfpangstisch versehen hatte, an der Schulter rüttelte.

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