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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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über eine Million Ausländer in Frankreich auf. Soweit wir wissen, haben sie weder einen Namen noch ein Gesicht oder einen Paß, nach dem sie fahnden können. Als Fachmann, der er ist, wird er vermutlich falsche Papiere besitzen. Diehaben ihn noch lange nicht, und es besteht durchaus die Möglichkeit, daß er gewarnt wird, wenn er Valmy anruft. Dann wird er es schon noch schaffen, wieder herauszukommen.«
    »Wenn er Valmy anruft, erhält er doch gewiß Anweisung, die Aktion abzubrechen«, meinte Montclair. »Valmy wird sie ihm geben.« Rodin schüttelte den Kopf.
    »Dazu ist Valmy nicht befugt. Seine Weisung lautet, Informationen von dem Mädchen zu empfangen und sie dem Schakal weiterzugeben, wenn er von ihm angerufen wird. Genau das wird er tun, und nichts anderes.«
    »Aber der Schakal muß sich ja selbst sagen können, daß alles vorbei ist«, wandte Montclair ein. »Sobald er Valmy angerufen hat, wird er machen, daß er aus Frankreich herauskommt.«
    »Theoretisch schon«, sagte Rodin nachdenklich. »Wenn er das tut, muß er das Geld zurückgeben. Für uns alle, aber auch für ihn, ist der Einsatz sehr hoch. Es hängt davon ab, wieweit er auf seinen eigenen Plan vertraut.«
    »Halten Sie es für möglich, daß er noch eine Chance hat - jetzt, wo dies geschehen ist?« fragte Casson.
    »Ehrlich gesagt, nein«, sagte Rodin. »Aber er ist ein Spezialist. In gewisser Weise bin ich das auch. Es ist eine Frage der Einstellung, die man hat oder nicht hat. Eine Aktion, die man bis ins letzte selbst geplant hat, bläst man nicht ohne weiteres ab.«
    »Dann pfeifen Sie ihn doch, in Gottes Namen, zurück!« protestierte Casson.
    »Das kann ich nicht«, erklärte Rodin. »Ich würde es tun, wenn ich könnte, aber ich kann es nicht. Er ist abgereist. Er ist schon auf dem Weg. Er hat es ja so gewollt, und genauso hat er es jetzt bekommen. Wir wissen nicht, wo er sich aufhält und wie er vorgehen will. Er ist ganz auf sich selbst gestellt. Ich kann noch nicht einmal Valmy anrufen und ihn anweisen, den Schakal zu instruieren, daß die ganze Sache abgeblasen ist. Ich würde Valmy gefährden, wenn ich das täte. Jetzt kann niemand den Schakal mehr aufhalten. Dazu ist es zu spät.«

ZWÖLFTES KAPITEL
    Kurz vor 6 Uhr morgens war Kommissar Lebel wieder in seinem Büro, wo er Inspektor Caron vorfand, der, müde und überanstrengt aussehend, in Hemdsärmeln an seinem Schreibtisch saß. Vor ihm lag eine Anzahl Notizzettel, die mit handschriftlichen Vermerken bedeckt waren. Im Büro hatten gewisse Veränderungen stattgefunden. Auf dem halbhohen Karteischrank war eine Kaffeemaschine installiert, die das köstliche Aroma frisch gebrauten Kaffees verbreitete. Ein Turm ineinandergeschobener Pappbecher, eine Büchse mit Kondensmilch und eine Tüte Zucker standen griffbereit daneben. Diese Dinge waren noch im Lauf der Nacht aus der Kantine im Keller heraufgeschickt worden.
    In der Ecke zwischen den beiden Schreibtischen war ein Feldbett aufgestellt, auf dem eine rauhe Wolldecke lag. Der Papierkorb war geleert und neben den Sessel an der Tür gestellt worden.
    Das Fenster stand noch immer offen, und der blaue Dunst der unzähligen Zigaretten, die Caron geraucht hatte, trieb in die kühle Morgenluft hinaus. Jenseits des Flusses färbte das erste Licht des heraufkommenden Tages die Türme von St-Sulpice mit einem schwachen rosa Widerschein.
    Lebel trat an seinen Schreibtisch und ließ sich in seinen Sessel fallen. Er war seit vierundzwanzig Stunden auf den Beinen und sah ebenso übermüdet aus wie Caron.
    »Nichts«, sagte er. »Ich habe alles durchgesehen, was an Unterlagen über die letzten zehn Jahre vorhanden ist. Der einzige politische Killer aus dem Ausland, der jemals hier zu operieren versuchte, war Degueldre, und der ist tot. Wir hatten ihn in der Kartei, weil er zur OAS gehörte. Rodin wird vermutlich einen Mann ausgesucht haben, der mit der OAS nichts zu tun hat, und damit war er gut beraten. Von den einheimischen Sorten abgesehen, hat es in den letzten Jahren insgesamt nur vier auf Kontraktbasis arbeitende Berufsmörder gegeben, die in Frankreich ins Geschäft zu kommen versuchten, und drei davon haben wir. Der vierte sitzt irgendwo in Afrika lebenslänglich hinter Gittern. Im übrigen waren das allesamt Killer aus der Unterwelt. Das Format, den Präsidenten der Republik Frankreich aufs Korn zu nehmen, hatte keiner von denen. Ich habe mit Bargeron von der Zentralkartei gesprochen, und dort ist man bereits dabei, eine lückenlose

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