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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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herum bereits wieder erzittern. Konzentriere dich auf das, was zu tun ist, sagte sie sich entschlossen.
    Sie machte sich auf den Weg durch die menschenleere Stadt, schritt schnell aus und manchmal lief sie beinahe. Die gewundenen Pflasterstraßen zogen sich die Abhänge hoch und wieder herunter, kurvten einmal nach rechts und dann wieder nach links, und die einzigen Lebewesen, die sich ihr dort zeigten, waren Tauben mit grünen Schwanzfedern und blaßgraue Möwen, die sich bei jeder Annäherung in ganzen Schwärmen unter hallendem Flügelschlag in die Luft erhoben. Warum Vögel, aber keine Menschen? Fliegen summten vorbei, und im Schatten sah sie Asseln und Käfer herumkriechen. Ein Rudel abgemagerter Hunde, alle verschiedenfarbig, rannte ein Stück vor ihr über die Straße. Warum Hunde?
    Sie riß sich zusammen und dachte wieder an den eigentlichen Zweck ihres Kommens. Was wäre wohl ein Anzeichen für die Anwesenheit Schwarzer Ajah? Oder eines für diese Gefahr, die Rand angeblich bedrohte? Die meisten der weißen Gebäude waren verputzt, doch der Putz war rissig und abgesprungen, und es zeigten sich an vielen Stellen verwittertes Holz oder blaßbraune Backsteine darunter. Nur die Türme und die größeren Bauwerke, die sie für Paläste hielt, bestanden aus Stein und waren ebenfalls weiß. Aber selbst ihre Steine zeigten bereits winzige Risse, wohl noch zu klein, um mit bloßem Auge erkennbar zu sein, doch mit Hilfe der Macht spürte sie alle auf. Wie Spinnweben überzogen sie Kuppeln und Türme. Vielleicht hatte das etwas zu bedeuten. Vielleicht bedeutete es, daß die Einwohner Tanchicos sich nicht genug um ihre Stadt kümmerten. Das war genauso wahrscheinlich wie jede andere Deutung. Sie fuhr mächtig zusammen, als plötzlich ein schreiender Mann direkt vor ihr vom Himmel fiel. Sie hatte gerade noch genug Zeit, um seine weißen Pumphosen und den dicken, von einem Haarnetz festgehaltenen Schnurrbart zu bemerken, und dann verschwand er wieder, nur einen Schritt über dem Straßenpflaster. Wäre er hier in Tel'aran'rhiod auf dem Pflaster aufgeschlagen, hätte man ihn zu Hause tot im Bett aufgefunden.
    Der hat wahrscheinlich genausoviel mit dem allem zu tun wie die Käfer, sagte sie sich.
    Vielleicht fand sie etwas innerhalb der Gebäude. Die Chance war nur gering, die Hoffnung schwach, doch sie war verzweifelt genug, um alles zu versuchen. Fast alles. Zeit. Wie lange hatte sie noch? Sie fing an, von Tür zu Tür zu rennen, und steckte den Kopf in sämtliche Läden und Schenken und Wohnhäuser.
    Tische und Bänke standen in den Schankräumen und warteten auf Gäste. Alles stand bereit - auch die Zinnkrüge und Teller auf ihren Regalen. Die Läden waren so ordentlich aufgeräumt, als hätten die Inhaber gerade erst frühmorgens ihre Geschäfte geöffnet, doch während auf den Tischen eines Schneiders Tuchballen lagen und bei einem Eisenwarengeschäft Messer und Scheren ausgelegt waren, hingen bei einem Metzger keinerlei Fleischstücke an den Haken, und der Ladentisch war leer. Wenn sie mit dem Finger irgendwo entlangfuhr, blieb allerdings kein Staubkörnchen daran hängen. Es war überall so sauber, daß selbst ihre Mutter zufrieden gewesen wäre. An den engeren Gassen standen die Wohnhäuser, kleine, einfache, weißgetünchte Gebäude mit flachen Dächern. Zur Straße zu hatten sie keine Fenster. Alles war bereit, daß nur noch die Familien eintreten mußten und sich auf die Bänke an den erkalteten Kaminen oder an die schmalen Tische mit den geschnitzten Beinen setzen, auf denen das beste Geschirr der Hausfrau stand. Kleider hingen an ihren Haken, Töpfe waren an den Decken der Küchen aufgehängt, und auf Bänken lagen Werkzeuge bereit und warteten.
    Einmal hatte sie das Gefühl, zurückgehen und nochmals nachsehen zu müssen. Also schritt sie ein Dutzend Türen entlang den gleichen Weg zurück und blickte ein zweites Mal in ein Haus hinein, das in der wirklichen Welt wohl einer Frau gehörte. Alles war fast genauso wie vorher. Fast. Wo vorher auf dem Tisch eine rotgestreifte Schüssel gestanden hatte, befand sich jetzt eine schlanke blaue Vase. Auf einer der Bänke in der Nähe des Kamins hatten zuvor ein kaputtes Kummet und einige Werkzeuge zur Reparatur bereitgelegen, doch nun stand sie an der Tür und darauf lagen ein Handarbeitskörbchen und ein Kinderkleid mit schönen Stickereien.
    Warum hat es sich geändert? fragte sie sich. Aber andererseits, warum sollte es unverändert bleiben? Licht, ich weiß

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