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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und Kamm, Nadeln, Faden, Fingerhut, Schere, eine Zunderschachtel und ein zweites Messer, kleiner als das an ihrem Gürtel. Dazu Seife und Badesalz und... Es war lächerlich, im Geist die ganze Liste nochmals durchzugehen. Egwenes Steinring lag sicher in ihrer Gürteltasche. Sie war aufbruchbereit. Es gab nichts, was sie noch hier halten konnte.
    »Nein, hat er nicht.« Elayne war stolz darauf, wie ruhig und gesammelt sie wirkte. Er schien beinahe erleichtert! Erleichtert! Und ich mußte ihm diesen Brief in die Hand drücken, ihm mein ganzes Herz öffnen wie eine blinde Närrin, die ich bin. Nun, wenigstens wird er ihn nicht öffnen, bevor ich weg bin. Sie fuhr zusammen, als Nynaeves Hand sich auf ihre Schulter legte.
    »Hast du dir gewünscht, daß er dich bittet hierzubleiben? Du weißt doch selbst, was du geantwortet hättest. Oder?« Elayne preßte die Lippen aufeinander. »Natürlich. Aber er mußte deswegen nicht gleich so glücklich dreinschauen.« Das hatte sie eigentlich nicht sagen wollen.
    Nynaeve blickte sie verständnisvoll an. »Männer sind selbst in besten Zeiten noch schwierig.« »Ich kann immer noch nicht glauben, daß er so... so...«, begann Egwene in ärgerlichem Tonfall. Doch Elayne erfuhr nie, was sie hatte sagen wollen, denn in diesem Augenblick wurde die Tür so heftig aufgestoßen, daß sie gegen die Wand krachte und zurückprallte.
    Elayne griff nach Saidar, bevor sie noch zusammengezuckt war, doch dann fühlte sie Verlegenheit in sich aufsteigen, als Lans ausgestreckte Hand die zurückprallende Tür abfing. Nach einem weiteren Augenblick jedoch beschloß sie, noch ein wenig an der Macht festzuhalten. Der Behüter füllte mit seinen breiten Schultern die ganze Tür aus. Sein Gesichtsausdruck glich dem eines heranstürmenden Gewitters. Hätten seine Augen Blitze schleudern können, dann wäre Nynaeve wohl nun verglüht. Auch Egwene war vom Glühen Saidars umhüllt und dachte nicht daran, es aufzugeben.
    Lan schien nur Augen für Nynaeve zu haben und beachtete die beiden anderen Frauen gar nicht. »Du hast mich in dem Glauben gelassen, ihr würdet nach Tar Valon zurückkehren!« fuhr er sie an.
    »Das hast du vielleicht geglaubt«, sagte sie ruhig, »aber ich habe das nie behauptet.« »Nie behauptet? Nie behauptet? Du hast davon erzählt, daß ihr heute aufbrecht und das immer im Zusammenhang damit, daß diese Schattenfreunde nach Tar Valon gebracht werden. Immer! Was hast du mich glauben machen wollen?« »Aber ich habe nie gesagt... « »Licht, Frau!« brüllte er. »Verdrehe mir nicht das Wort im Mund!« Elayne tauschte einen besorgten Blick mit Egwene. Dieser Mann verfügte über eine eiserne Selbstkontrolle, doch nun war er offensichtlich am Zerbrechen. Nynaeve war sonst diejenige, deren Gefühle mit ihr durchgingen, aber jetzt sah sie ihn ganz kühl an, den Kopf hoch erhoben und Gelassenheit im Blick. Die Hände lagen auf ihrem grünseidenen Rock.
    Lan beherrschte sich mühsam. Schnell kehrte seine sonstige steinerne Miene zurück. Er hatte sich offensichtlich wieder unter Kontrolle, doch Elayne war sicher, daß dies nur nach außen hin der Fall war. »Ich hätte nicht einmal gewußt, wohin ihr fahrt, wenn ich nicht gehört hätte, daß ihr eine Kutsche bestellt habt, um euch zu einem Schiff nach Tanchico zu bringen. Ich weiß nicht, warum euch die Amyrlin überhaupt gestattete, die Burg zu verlassen, oder warum euch Moiraine einsetzte, um die Schwarzen Schwestern zu verhören, aber ihr drei seid eben Aufgenommene. Aufgenommene, und keine Aes Sedai. Tanchico ist im Augenblick kein Ort für andere als Aes Sedai mit einem Behüter, der ihnen den Rücken deckt. Ich lasse dich dort nicht hin!« »Tatsache?« sagte Nynaeve leichthin. »Du stellst Moiraines Entscheidungen in Frage und auch noch die der Amyrlin. Vielleicht habe ich die Behüter bisher falsch gesehen. Ich glaubte, ihr schwört, zu akzeptieren und zu gehorchen - neben anderen Dingen. Lan, ich verstehe ja deine Sorge, und ich bin dankbar dafür - mehr als dankbar -, aber wir alle haben Aufgaben zu erfüllen. Wir brechen auf, und du mußt diese Tatsache hinnehmen.« »Warum? Um des Lichts willen, du mußt mir wenigstens sagen, warum! Ausgerechnet nach Tanchico!« »Wenn Moiraine dir das nicht gesagt hat«, sagte Nynaeve sanft, »hat sie vielleicht ihre Gründe dafür. Wir müssen unsere Aufgabe erfüllen, so wie du deine.« Lan zitterte. Er zitterte tatsächlich! Dann schloß er energisch den Mund. Als er schließlich wieder

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