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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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schlafen.« Seine Freunde blickten sich gegenseitig an und nickten. Er dachte daran, daß sie eigentlich mit einem festen Plan hätten herkommen müssen, doch sie hatten nur im Kopf gehabt, wie sie ungesehen aus dem Wohnwagenlager entkommen und die Mädchen herausholen könnten. Er war sich gar nicht sicher gewesen, daß sie diesen Männern folgen und sie wiederfinden konnten, bevor sie ihr Dorf erreichten, eine Ansammlung roh gezimmerter Hütten, von denen man die Aiel mit Steinen und Stöcken vertrieben hatte. Sie konnten nichts mehr ausrichten, wenn die Entführer so weit kamen.
    »Und was wird, wenn sie aufwachen?« fragte Gearan.
    »Ich werde Colline nicht im Stich lassen«, fauchte Charlin, und beinahe im gleichen Atemzug sagte sein Bruder ruhiger: »Wir bringen sie zurück, Gearan.« »Darauf kannst du dich verlassen«, stimmte ihm Lewin zu. Luca stupste Gearan in die Rippen, und der nickte grimmig.
    In der Dunkelheit nach unten zum Lager zu kommen, war gar nicht einfach. Von der Hitze ausgetrocknetes Reisig knackte unter ihren Füßen. Steinbrocken und Kiesel lösten sich und rollten den Abhang hinunter. Je leiser Lewin sich zu bewegen versuchte, desto mehr Lärm schien er zu machen. Luca fiel in ein Dornengestrüpp, das laut krachte, aber er schaffte es, schwer atmend, doch mehr oder weniger lautlos daraus zu entkommen. Charlin rutschte aus und glitt auf dem Hinterteil hangabwärts. Aber unten rührte sich nichts.
    Kurz vor dem Lager blieb Lewin stehen und tauschte ängstlichnervöse Blicke mit seinen Freunden. Dann schlichen sie auf Zehenspitzen weiter. Sein Atem klang ihm wie Donner in den Ohren, genauso laut wie das Schnarchen, das von den vier Deckenhügeln her ertönte. Er erstarrte, als das Schnarchen aufhörte und sich einer der Deckenhaufen bewegte. Doch dann lag er wieder still, und das Schnarchen begann erneut. Lewin atmete auf.
    Vorsichtig kroch er neben einen der kleineren Hügel und schlug die grobe, vor Dreck starrende Wolldecke zur Seite. Maigran blickte zu ihm auf, das Gesicht verschrammt und geschwollen und ihr Kleid zu Fetzen zerrissen. Er legte ihr die Hand über den Mund, damit sie nicht aufschreien konnte, aber sie blickte ihn lediglich weiter starr an und zuckte nicht mit der Wimper.
    »Ich werde dich schlachten wie ein Schwein, Junge.« Einer der größeren Deckenhaufen flog weg und ein Mann in schmutziger Kleidung und mit einem verwirrten Bart stand auf. Das lange Messer in seiner Hand schimmerte matt im Mondschein. Ein wenig vom roten Glühen der Kohlen spiegelte sich ebenfalls darin. Er trat gegen die Decken zu beiden Seiten, was ein Knurren hervorbrachte. Beide rührten sich. »Wie ein Schwein. Kannst du quieken, Junge, oder rennt Ihr Leute nur immer weg?« »Lauf weg«, sagte Lewin, aber seine Schwester stierte immer noch stumpf vor sich hin. Verzweifelt packte er sie an den Schultern und wollte sie nach drüben zerren, wo die anderen warteten. »Renn weg!« Sie kam steif aus den Decken hervor, beinahe als totes Gewicht in seinen Armen. Colline war auch wach. Er hörte sie wimmern. Doch sie wickelte ihre schmutzigen Decken noch enger um sich, als wolle sie sich darin verstecken. Maigran stand da, starrte ins Leere und sah nichts.
    »Es scheint, daß du nicht einmal das fertigbringst.« Grinsend kam der Mann um das Feuer herum, das Messer direkt vor seinem Bauch haltend. Die anderen richteten sich jetzt in ihren Decken auf und lachten. Sie wollten bei diesem Spaß zusehen.
    Lewin wußte nicht, was er tun sollte. Er konnte seine Schwester nicht verlassen. Alles, was ihm blieb, war, zu sterben. Vielleicht konnte er damit Maigran die Zeit erkaufen, um wegzulaufen. »Renn, Maigran! Bitte renn!« Sie rührte sich nicht. Sie schien ihn nicht einmal zu hören. Was hatten sie ihr angetan?
    Der bärtige Mann kam gemächlich näher, schmunzelte und genoß offensichtlich die Lage.
    »Neeeeeiin!« Charlin jagte aus der Nacht heran, warf sich auf den Mann mit dem Messer, so daß der zu Boden taumelte. Die anderen Männer sprangen auf. Einer, dessen Kopf kahlrasiert war und im trüben Lichtschein glänzte, hob ein Schwert und wollte auf Charlin einhauen.
    Lewin war nicht sicher, wie dann alles geschah. Irgendwie bekam er den schweren Kessel am Eisenstiel zu packen, schwang ihn herum und ließ ihn mit dumpfem Krachen gegen den geschorenen Kopf knallen. Der Mann brach zusammen, als seien seine Knochen geschmolzen. Aus dem Gleichgewicht gekommen, taumelte Lewin und versuchte, dem Feuer

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