Der Schatten erhebt sich
entspannt neben dem Wegweiser, und Loial sowie Faile saßen ganz nahe auf ihren Pferden, die Stablaternen in der Hand. Der Ogier hielt auch die Zügel ihrer Packpferde. Seine Ohren zuckten, als er erst Faile, dann Perrin ansah, und dann wieder Faile. Andererseits schien sie vollkommen darauf konzentriert, ihre Reithandschuhe zurechtzuzupfen, weiche grüne Lederhandschuhe, die auf dem Handrücken jeweils einen goldenen Falken zeigten. Sie hatte sich auch umgezogen. Ihre frische Kleidung wies den gleichen Schnitt auf wie die vorherige, hoher Kragen und enger Hosenrock, doch sie war aus brokatbesetzter grüner Seide gefertigt und schien auch irgendwie ihren Busen zu betonen. Perrin hatte diese Sachen noch nie gesehen.
»Was willst du?« fragte er mißtrauisch.
Sie blickte auf, als sei sie überrascht, ihn zu sehen, hielt den Kopf nachdenklich ein wenig schief und lächelte dann, als habe sie sich gerade daran erinnert. »Ach, ja. Ich wollte sehen, ob man dir beibringen kann, zu kommen, wenn ich dich rufe.« Ihr Lächeln wurde breiter, wohl, weil sie gehört hatte, wie er mit den Zähnen knirschte. Er rieb sich die Nase. Es lag ein leicht ranziger Geruch in der Luft.
Gaul lachte leise in sich hinein. »Genauso könntest du versuchen, die Sonne zu verstehen, Perrin. Sie existiert einfach, und es gibt nichts zu verstehen daran. Du kannst nicht ohne sie leben, aber sie fordert ihren Preis. Genauso ist es mit den Frauen.« Bain beugte sich hinüber und flüsterte Chiad etwas ins Ohr. Dann lachten beide. So, wie sie Gaul und ihn anblickten, wollte Perrin lieber erst gar nicht wissen, was sie so komisch gefunden hatten.
»Das stimmt überhaupt nicht«, grollte Loial, wobei seine Ohren prüfend vor- und zurückzuckten. Er sah Faile anklagend an, was ihr aber nichts auszumachen schien, denn sie lächelte ihn nur kurz an und beschäftigte sich wieder mit ihren Handschuhen. Jeder einzelne Finger wurde sorgfältig zurechtgezupft. »Es tut mir leid, Perrin. Sie bestand darauf, daß sie selbst dich rufen wolle. Deshalb. Wir sind da.« Er zeigte auf den unteren Teil des Wegweisers, von dem aus eine weiße, von Schlaglöchern unterbrochene Linie nicht zu einer Brücke oder einer Rampe führte, sondern geradewegs hinein in die Dunkelheit. »Das Wegetor von Manetheren, Perrin.« Perrin nickte stumm. Er wollte nicht vorschlagen, der Linie zu folgen, damit ihm Faile nicht wieder vorwarf, er habe die Führung übernommen. Wieder rieb er sich abwesend die Nase. Dieser fast unterschwellige ranzige Geruch ging ihm auf die Nerven. Er würde nichts vorschlagen, und sei es noch so vernünftig. Wenn sie die Führung behalten wollte, na bitte. Doch sie saß im Sattel, fummelte an ihren Handschuhen herum und wartete ganz offensichtlich darauf, daß er etwas sagte, damit sie dann eine geistreiche Bemerkung loslassen konnte. Sie bevorzugte Spitzen, während er einfach sagte, was er dachte. Gereizt ließ er Traber wenden, um ohne sie und Loial loszureiten. Die Linie führte zu einem Wegetor und er konnte das Avendesora-Blatt genausogut selbst finden, um es zu öffnen.
Plötzlich hörte er das gedämpfte Klappern von Hufen aus der Dunkelheit. Das und der ranzige Geruch ließen es ihm mit einemmal wie Schuppen von den Augen fallen. »Trollocs!« brüllte er.
Gaul wirbelte mit einer geschmeidigen Bewegung herum und rammte einen Speer in den durch einen schwarzen Schuppenpanzer geschützten Brustkorb eines Trollocs mit Wolfsschnauze, der mit erhobenem Sichelschwert in den Lichtkreis stürmte. Aus dieser Bewegung heraus trat der Aiel zur Seite, zog mühelos den Speer aus dem Körper des Trollocs, und die mächtige Gestalt stürzte knapp neben ihm zu Boden. Hinter dem einen kamen weitere herangerannt. Ziegenbärte und Hauer von Keilern, spitze Schnäbel und gewundene Hörner, Krummschwerter, Dornenäxte und harpunenartige Speere... Die Pferde bäumten sich auf und wieherten wild.
Perrin hielt die Laterne an der Stange hoch, denn der Gedanke, im Dunklen diesen Kreaturen gegenüberzustehen, ließ ihm den kalten Schweiß ausbrechen. Dann schlug er nach einem Gesicht mit einer Schnauze voller spitzer Zähne. Er war überrascht, als ihm bewußt wurde, daß er den Hammer aus der Schlaufe neben den Satteltaschen gerissen hatte. Wenn er auch nicht die scharfe Schneide der Axt aufwies, reichten doch zehn Pfund Stahl, von dem starken Arm eines Schmieds geschwungen, um den Trolloc mit eingeschlagenem Gesicht kreischend zurücktaumeln zu lassen. Loial schlug mit
Weitere Kostenlose Bücher