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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sie nicht aus Tarabon kamen. Elayne schaltete schnell, knickste, wie es sich für eine Dienerin gehört, und nahm das Tablett. Eine Dienerin, die ihre Arbeit tat und etwas trug, würde bestimmt nicht angehalten werden oder an eine andere Arbeit geschickt. Lady Ispan? Das war kein ungewöhnlicher Name in Tarabon, aber auf ihrer Liste der Schwarzen Schwestern stand ebenfalls eine Ispan.
    »Willst du mich verhöhnen, du kleine Kuh?« brüllte die mollige Frau und ging um den Tisch herum mit drohend erhobenem Holzlöffel auf sie zu.
    Sie konnte nichts tun, ohne sich zu verraten, nichts als entweder dableiben und sich schlagen lassen oder wegrennen. Also schoß Elayne mitsamt dem Tablett aus der Küche, Nynaeve und Egeanin dicht auf den Fersen. Das Geschrei der Köchin verfolgte sie, aber zum Glück nicht die Köchin selbst. Die Vorstellung, wie sie alle drei durch den Palast hetzten, von der molligen Köchin verfolgt, ließ in Elayne den Wunsch aufsteigen, hysterisch zu kichern. Sie verhöhnen? Sie war sicher, daß schon Tausende von Malen Dienerinnen genau auf die gleiche Art vor ihr geknickst hatten.
    In dem engen Korridor, der von der Küche wegführte, waren rechts und links weitere Türen zu Vorratsräumen, und außerdem hatte man ihn vollgepfropft mit offenen Hochschränken, in denen Besen und Mops aufbewahrt wurden, dazu Eimer, Seifenpulver, Tischtücher und alle möglichen Dinge. Nynaeve holte sich einen dicken Staubwedel aus einem der Schränke, und Egeanin nahm aus einem anderen einen Arm voll zusammengefalteter Handtücher. Dazu holte sie sich einen großen Steinstößel aus einem Tiegel, der in einem dritten Schrank stand. Den Stößel verbarg sie unter den Handtüchern.
    »Ein Knüppel kann manchmal nützlich sein«, sagte sie, als Elayne eine Augenbraue hochzog. »Vor allem, wenn niemand erwartet, daß man eine Waffe hat.« Nynaeve schnaubte, sagte aber nichts. Sie hatte Egeanin kaum noch beachtet, seit sie zugestimmt hatte, die Frau mitzunehmen.
    Weiter drinnen im Palast wurden die Gänge breiter und höher. Die weißen Wände waren mit Friesen verziert, und an den Decken befanden sich vergoldete Arabesken. Lange bunte Läufer lagen auf den weißen Bodenkacheln. Kunstvoll geschmiedete Goldlampen auf vergoldeten Ständern beleuchteten die Szenerie und verströmten den Duft parfümierten Öls. Gelegentlich weitete sich solch ein Korridor zu einem kleinen Innenhof, der von einer Galerie mit schlanken, kannelierten Säulen umgeben war. Von Balkonen mit filigranfeinen Steingeländern aus konnte man den Hof überblicken. In großen Brunnen plätscherte Wasser, und rote, weiße und goldene Fische schwammen unter den breiten Blättern und weißen Blüten schwimmender Wasserpflanzen in den Becken umher. Alles stand im totalen Gegensatz zu der Stadt draußen.
    Gelegentlich sahen sie andere Diener, Männer und Frauen in Weiß, das übliche Emblem mit Baum und Blatt auf eine Schulter aufgestickt, die geschäftig ihren Aufgaben nachgingen, oder auch Männer in den grauen Röcken und Stahlhelmen der Miliz, die mit Stäben oder Knüppeln bewaffnet waren. Keiner sprach mit ihnen oder blickte sich auch nur nach ihnen um. Sie waren eben einfach drei Dienerinnen, die ihrer Arbeit nachgingen.
    Schließlich erreichten sie einen engen Treppenaufgang für Diener, der auf ihrem hastig skizzierten Plan eingezeichnet war.
    »Denkt daran«, sagte Nynaeve leise, »falls Wachen an ihrer Tür stehen, geht ihr sofort wieder. Wenn sie nicht allein ist, geht ihr auch. Sie ist nicht der wichtigste Grund für unsere Anwesenheit.« Sie atmete tief durch und zwang sich dazu, Egeanin direkt anzusehen. »Falls Ihr es zulaßt, daß Elayne etwas zustößt... « Von draußen war schwach eine Trompete zu hören. Einen Augenblick später hallten Gongschläge durch die Gänge und unweit von ihnen wurden Befehle geschrien. Männer mit Stahlhelmen rannten weiter unten über den Gang.
    »Vielleicht müssen wir uns keine Gedanken mehr darüber machen, daß vor ihrer Tür Wachen stehen könnten«, sagte Elayne. Auf der Straße hatte offensichtlich der Tumult richtig eingesetzt. Die von Thom und Juilin ausgestreuten Gerüchte hatten das Volk angeheizt. Domons Seeleute hatten sie an Ort und Stelle noch mehr angestachelt. Sie bedauerte wohl, daß so etwas notwendig war, aber die Auseinandersetzungen würden die meisten Wachen aus dem Palast locken, mit etwas Glück sogar alle. Diese Menschen dort draußen wußten nicht, daß sie eine Schlacht ausfochten, um

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