Der Schatten erhebt sich
fuchsähnlichen Gesichtszügen.
Das Glühen Saidars umgab Temaile bereits, aber trotzdem hatte sie keine Chance. Elayne war so entsetzt über das sich ihr bietende Bild, daß sie blitzschnell nach der Wahren Quelle griff und mit Strängen aus Luft knallhart zuschlug, sie von den Schultern bis an die Füße damit einspann und die Fesseln mit einem brutalen Ruck anzog. Gleichzeitig webte sie einen Schild aus dem Element Geist und wuchtete es zwischen die Frau und die Wahre Quelle, um sie davon abzutrennen. Das Glühen um Temaile verschwand, und sie brach über der Polsterbank zusammen, als sei sie von einem Pferdehuf getroffen worden. Ihre Pupillen weiteten sich, und sie landete schließlich bewußtlos drei Schritt entfernt von Elayne mit dem Rücken auf dem grüngoldenen Teppich. Die Frau mit den dunklen Zöpfen fuhr zusammen, als ihre unsichtbaren Fesseln von ihr abfielen, und betastete in staunender Ungläubigkeit ihren Körper, während sie von Temaile zu Elayne und dann zu Egeanin blickte.
Elayne verknotete das Gewebe, mit dem sie Temaile gefesselt hatte, und trat dann erst richtig in das Gemach ein, wobei sie sich nach weiteren Schwarzen Ajah umsah. Hinter ihr schloß Egeanin die Tür. Es schien sonst niemand anwesend zu sein. »War sie allein?« wollte sie von der Frau in Rot wissen. Die Panarchin, wie Nynaeve sie beschrieben hatte. Nynaeve hatte doch auch etwas von einem Lied erwähnt.
»Ihr gehört nicht... zu ihnen?« fragte Amathera zögernd. Ihre dunklen Augen glitten über ihre Kleider. »Ihr seid aber auch Aes Sedai?« Sie schien immer noch gewillt, daran zu zweifeln, obwohl das mit Temaile doch ganz eindeutig war. »Aber Ihr gehört nicht dazu?« »War sie allein?« fuhr Elayne sie an und Amathera zuckte zusammen.
»Ja. Allein. Ja, sie... « Die Panarchin verzog das Gesicht. »Die anderen zwangen mich, mich auf den Thron zu setzen und zu sagen, was sie mir in den Mund legten. Es erheiterte sie, wenn ich manchmal auf ihren Befehl hin wirklich Gerechtigkeit walten ließ, und manchmal ließen sie mich Urteile von schreiender Ungerechtigkeit verkünden oder Vorschriften, die noch generationenlang für Auseinandersetzungen sorgen werden, wenn ich sie nicht widerrufen kann. Aber die da!« Dieser Mund mit seinen vollen Lippen verzog sich haßerfüllt. »Sie setzten sie zu meiner Bewachung ein. Sie verletzte mich aus keinem anderen Grund, als mich zum Weinen zu bringen. Sie zwang mich, ein ganzes Tablett voll Pfeffer zu essen und ließ mich keinen Tropfen trinken, bis ich sie auf Knien anbettelte, während sie schallend lachte! In meinem Traum trägt sie mich an den Füßen mit dem Kopf nach unten bis zur Spitze des Morgenturms und läßt mich dann fallen. Nur ein Traum, aber er scheint so realistisch, und jedesmal läßt sie mich schreiend ein Stück weiter hinunterfallen. Und sie lacht darüber! Sie läßt mich anrüchige Tänze lernen und schmutzige Lieder singen, und sie lacht, wenn sie mir ankündigt, daß sie mich vor ihrer Abreise zwingen werden, öffentlich zu singen und tanzen, für die... « Sie warf sich mit einem Schrei wie eine angreifende Katze über die Polsterbank auf die gefesselte Frau, ohrfeigte sie wild und trommelte mit den Fäusten auf sie ein.
Egeanin, die mit verschränkten Armen vor der Tür stand, schien bereit, das zuzulassen, doch Elayne verwebte schnell ein paar Stränge Luft um Amatheras Taille. Zu ihrer eigenen Überraschung war sie sodann in der Lage, die Frau von der sowieso bewußtlosen Schwarzen Schwester zu heben und auf die Füße zu stellen. Vielleicht hatte sie mehr Kraft, seit sie mit Jorin geübt hatte, diese schwierigen Gewebe in den Griff zu bekommen.
Amathera trat nach Temaile und wandte sich dann mit bösem Blick Elayne und Egeanin zu, als ihr pantoffelbewehrter Fuß ihr Opfer verfehlte. »Ich bin die Panarchin von Tarabon, und ich werde an dieser Frau Gerechtigkeit üben!« Dieser Schmollmund schmollte jetzt wirklich. Hatte die Frau denn kein Gespür dafür, wie man sich in ihrer Position, ihrem Rang gemäß, verhielt? Ihr Rang entsprach schließlich dem eines Königs, eines Herrschers!
»Und ich bin die Aes Sedai, die gekommen ist, um Euch zu befreien«, sagte Elayne kühl. Ihr wurde bewußt, daß sie immer noch das Tablett in Händen hielt, und so stellte sie es schnellstens auf den Fußboden. Der Frau schien es auch so schon schwer genug zu fallen, ihre Verkleidung als Dienerinnen zu durchschauen. Temailes Gesicht war stark gerötet; es würde bis zu ihrem
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