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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wer ihn darangebunden hatte, da er sich bemühte, keiner Frau mehr Aufmerksamkeit zu widmen als jeder anderen. Und er war immer fröhlich bei ihnen und lachte viel. Bring sie zum Lachen und vielleicht auch zum Seufzen, aber vermeide Bindungen, war sein Wahlspruch. Für Bindungen hatte er keine Zeit. Zumindest redete er sich das ein.
    »Ich komme schon.« Er humpelte nervös zur Tür. Einst hatte er die Aaaahs und Oooohs von Menschen gehört, die kaum glauben konnten, daß ein knochiger, weißhaariger alter Mann Rückwärtsüberschläge, Handstände und Flickflacks fertigbrachte, so flink und gelenkig wie ein Junge. Das Hinken hatte dem ein Ende bereitet, und er haßte es. Das Bein schmerzte am meisten, wenn er müde war. Er riß die Tür auf und zwinkerte überrascht. »Also, na, dann komm rein, Mat. Ich dachte, du wärst voll bei der Arbeit, den kleinen Lordchen die Börsen zu erleichtern?« »Sie wollten heute nacht nicht mehr weiterspielen«, sagte Mat mürrisch und ließ sich auf den dreibeinigen Hocker fallen, der neben Thoms Stuhl die einzige Sitzgelegenheit im Zimmer darstellte. Sein Mantel stand offen, und die Haare waren verwirrt. Der Blick aus seinen braunen Augen war unstet und blieb nie länger als ein paar Sekunden an einem Fleck hängen. Das übliche Funkeln seiner Augen, das immer zu zeigen schien, er habe etwas Lustiges entdeckt, das niemand anders bemerkte, fehlte heute nacht.
    Thom runzelte bei Mats Anblick nachdenklich die Stirn. Sonst überschritt Mat niemals diese Schwelle, ohne ihn des ärmlichen und schäbigen Zimmers wegen aufzuziehen. Er akzeptierte Thoms Erklärung, daß ein Quartier neben denen der Diener dazu beitragen werde, die Menschen vergessen zu lassen, daß der Schatten der Aes Sedai auf ihn gefallen war, aber Mat ließ sich nur selten die Möglichkeit entgehen, ihn deswegen aufzuziehen. Natürlich war ihm auch klar, daß dieses Zimmer eine gedankliche Verbindung mit dem Wiedergeborenen Drachen fast unmöglich machte, und da Mat eben Mat war, fand er auch diese Erklärung sehr wohl verständlich. Es hatte Thom allerdings nur zwei hastig hingeworfene Sätze gekostet in einem jener seltenen Momente, wo niemand anders ihnen lauschte, um Rand den wirklichen Grund klarzumachen. Jeder hörte einem Gaukler zu, jeder beobachtete ihn, aber trotzdem sah ihn keiner richtig an oder erinnerte sich später daran, mit welcher Person er gesprochen hatte. Solange er eben nur ein Gaukler war, unterhielt er mit seinen dürftigen Tricks die Leute vom Land und die Dienerschaft und vielleicht auch ein paar Damen der Gesellschaft. Er war ein Gaukler und keine Person. So sahen es die Tairener. Er war ja schließlich kein Hofbarde.
    Was brachte den Jungen dazu, um diese Zeit hier herunterzukommen? Vielleicht die eine oder andere junge Frau - und ein paar davon waren alt genug, um es besser wissen zu müssen -, die sich von Mats spitzbübischem Grinsen hatte einfangen lassen? Nun, er würde eben so tun, als sei es einer von Mats gewöhnlichen Besuchen. Es sei denn, der Junge sagte etwas Gegenteiliges.
    »Ich hole das Spielbrett. Es ist schon spät, aber für ein Spiel wird es schon noch reichen.« Er konnte der Versuchung nicht widerstehen und fügte hinzu: »Würdest du gern auf den Spielausgang wetten?« Er hätte niemals mit Mat beim Würfelspiel gewettet, aber bei diesem Spiel war es etwas anderes. Er glaubte, hier sei einfach zuviel Ordnung und Überlegung im Spiel, um Raum für Mats übliches eigenartiges Glück zu lassen.
    »Was? O nein. Es ist zu spät zum Spielen. Thom, ist... ? Ist irgend etwas... hier unten passiert?« Thom lehnte das Spielbrett an ein Tischbein und kramte seinen Tabaksbeutel und die langstielige Pfeife aus dem Durcheinander auf dem Tisch heraus. »Zum Beispiel?« fragte er und stopfte die Pfeife. Er hatte Zeit, um ein Stück Papier in der Hand zu zwirbeln und es dann in die Flamme einer Kerze zu halten. Dann paffte er, bis die Pfeife richtig brannte, und spuckte Tabaksreste auf den Boden. Erst jetzt antwortete Mat.
    »Zum Beispiel, daß Rand jetzt dem Wahnsinn verfällt! Nein, wenn etwas in der Art passiert wäre, hättest du nicht zu fragen brauchen.« Thom juckte es zwischen den Schulterblättern, doch er blies so ruhig wie möglich einen blaugrauen Rauchring zur Decke und setzte sich auf seinen Stuhl. Dann streckte er seine knochigen Beine aus. »Was ist geschehen?« Mat atmete tief ein, und dann brach alles aus ihm heraus: »Die Spielkarten haben versucht, mich umzubringen.

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