Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
über den Deckel der Truhe verstreuten Glassplitter von allein, und sie rutschten hinunter auf den Teppich, als würden sie von einem unsichtbaren Besen weggekehrt. Rand und Moiraine blickten sich an, und dann setzte er sich zum Weitererzählen hin. Perrin war nicht sicher, wer von den beiden den Deckel der Truhe abgeräumt hatte. In Rands Bericht war nicht von Berelain die Rede.
    »Es muß einer der Verlorenen gewesen sein«, stellte Rand am Ende fest. »Vielleicht Sammael. Ihr sagtet doch, er befinde sich in Illian. Oder einer von ihnen ist hier in Tear. Könnte Sammael von Illian so schnell herübergekommen sein?« »Nicht einmal, wenn er selbst Callandor in Händen hielte«, antwortete Moiraine. »Es gibt Grenzen der Macht. Sammael ist nur ein Mensch und nicht der Dunkle König.« Nur ein Mensch? Keine sehr gute Beschreibung, dachte sich Perrin. Ein Mann, der die Macht benützen konnte und trotzdem, aus welchen Gründen auch immer, nicht dem Wahnsinn verfallen war, oder zumindest noch nicht, soweit man das beurteilen konnte. Vielleicht war er genauso stark wie Rand, aber wo Rand sich zu lernen bemühte, kannte Sammael bereits jeden Trick und jede Möglichkeit, die Macht einzusetzen. Ein Mann, der dreitausend Jahre im Gefängnis des Dunklen Königs verbracht hatte und der aus freien Stücken einst zum Schatten übergelaufen war. Nein. ›Nur ein Mensch‹ kam einer Beschreibung Sammaels oder eines der anderen Verlorenen, sei es Mann oder Frau, nicht einmal nahe.
    »Dann befindet sich einer von ihnen hier. In der Stadt.« Rands Kopf sank auf seine Hände herunter, aber er riß ihn sofort wieder hoch und blickte die anderen im Raum zornig an. »Ich lasse mich nicht noch einmal jagen. Zuerst werde ich der Jagdhund sein. Ich werde ihn - oder sie - finden und... « »Keiner der Verlorenen«, warf Moiraine ein. »Ich glaube das nicht. Das Ganze war zu einfach und doch auch wieder zu vielschichtig.« Rand sagte ruhig: »Keine Rätsel, bitte, Moiraine. Wenn nicht einer der Verlorenen, wer dann? Oder was?« Das Gesicht der Aes Sedai hätte gut ein Amboß sein können, doch sie zögerte und tastete sich nur an eine schlüssige Antwort heran. Man konnte auch nicht sagen, ob sie sich einfach nicht sicher sei in bezug auf die Antwort, oder ob sie lediglich überlegte, wieviel sie enthüllen sollte.
    »Da die Siegel am Gefängnis des Dunklen Königs langsam bröckeln«, sagte sie nach einer Weile, »könnte es unvermeidlich sein, daß - etwas von seiner Persönlichkeit entkommt, während er selbst sich noch drinnen befindet. Wie Blasen, die aus etwas Verfaulendem am Grunde eines Teichs aufsteigen. Aber diese Art von Blasen treiben durch das Muster hindurch, bis sie sich an einen Faden anhängen und platzen.« »Licht!« Das entschlüpfte Perrin, bevor er es verhindern konnte. Moiraines Blick wanderte zu ihm herüber. »Ihr meint, was Rand passierte, wird... wird irgendwann jedem passieren?« »Nicht jedem. Jedenfalls noch nicht. Am Anfang, denke ich, wird es nur ein paar Blasen geben, die durch Ritzen entschlüpfen, wo die Macht des Dunklen Königs bereits zugreifen kann. Und wer weiß schon, was später sein wird? Und weil die Ta'veren ja die anderen Fäden im Muster um sich herum neu knüpfen, so werden gerade sie wohl diese Blasen stärker anziehen als alle anderen.« Ihre Blicke sagten, sie wisse, daß Rand nicht der einzige war, dem ein wahr gewordener Alptraum widerfahren war. Ein kurzes Lächeln, schon wieder verschwunden, bevor er es richtig bemerkt hatte, sagte ihm, daß er das vor den anderen geheimhalten könne, wenn er es wünsche. Aber sie wußte Bescheid. »Doch in den kommenden Monaten - oder Jahren, falls wir das Glück haben, soviel Zeit gewinnen zu können - werden eine Menge Leute Dinge erleben, die ihnen graue Haare verschaffen, falls sie alles überleben sollten.« »Mat«, sagte Rand. »Wißt Ihr, ob er... ? Ist er...?« »Das werde ich bald genug wissen«, antwortete Moiraine gelassen. »Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber wir können hoffen.« So ruhig sie auch sprach, roch sie doch für Perrin nach Nervosität, bis Rhuarc sagte: »Es geht ihm gut. Oder es ging ihm gut. Ich habe ihn gesehen, als ich hierher unterwegs war.« »Wo ging er denn hin?« fragte Moiraine in etwas gereiztem Tonfall. »Es sah so aus, als gehe er zu den Quartieren der Diener hinüber«, berichtete der Aielmann. Er wußte, daß die drei ta'veren waren, auch wenn er sonst nicht soviel wußte, wie er selbst

Weitere Kostenlose Bücher