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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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verbringen. Ich möchte ins Ausland. Ich
würde gern mal Kanada, Südamerika und Australien
sehen... Deswegen möchte ich Lehrerin werden. Da habe
ich etwas Nützliches gelernt, auf das ich immer
zurückgreifen kann. «

»Barrow«, sagte Sally. »Ein Zentrum für Schiffsbau ---
richtig?« »Ja, und Docks und Eisenbahnlinien. Meine
beiden Brüder arbeiten in den Docks. Sie waren außer
sich, als Großpapa sein Erspartes mir vermachte und
nicht ihnen --- wo sie doch als Männer ein Recht darauf
hatten. Aber ich war immer diejenige, die ihm zuhörte,
wenn er sein Garn gesponnen hat - er war nämlich
Seemann. Er hat mir alles über die Niagara-Fälle, den
Amazonas, das Barner-Riff und und vieles mehr erzählt.
Ich habe so Feuer gefangen, dass ich es gar nicht
erwarten kann, alles mit eigenen Augen zu sehen. Wir
haben uns immer Bilder in dem alten Stereoskop
angeschaut, und er hat mir alles erklärt. Er war wirklich
lieb. « Sally lächelte. Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
»Haben Sie vielleicht schon einmal von einer Firma mit
dem Namen North Star gehört?«
    »North Star - ja, die ist in Barrow. North Star,
Maschinenfabrik und Eisengießerei. Hat das irgendetwas
mit Eisenbahnen zu tun? Ich weiß es nicht. Dort ist es zu
Arbeitskämpfen gekommen, glaube ich. Vielleicht
täusche ich mich auch. Ich kann Ihnen aber sagen, wer
darüber Bescheid weiß, eine Dame, die in Muswell Hill
wohnt, wo immer das auch sein mag --- ist das noch in
London? Ich schreibe Ihnen die Adresse auf. Sie war
meine Lehrerin in der Sonntagsschule, bis sie geheiratet
hat und hierher gezogen ist. Ihr Bruder hat für North Star
gearbeitet oder für die Firma, die von North Star
übernommen wurde. Sie kann Ihnen mehr berichten.
Mrs. Seddon, Cromwell Gardens 27, in Muswell Hill.
Grüßen Sie sie von mir, wenn Sie zu ihr gehen. Sagen Sie
ihr, ich werde sie besuchen, sobald ich ins Lehrerseminar
gezogen bin... « Irgendwie muss ich doch Glück haben,
dachte Sally bei sich. »Wenden Sie sich ruhig an mich,
wenn Sie noch mehr Rat brauchen«, sagte sie zu Miss
Lewis beim Abschied, »und viel Erfolg in Ihrem späteren
Beruf. «
    Nach der Arbeit räumte Sally ihren Schreibtisch auf und
schloss das Büro ab. Dann stand die einen Augenblick
auf der Treppe und überlegte, ob sie jetzt gleich nach
Muswell Hill gehen oder einen Brief schreiben sollte. Sie
überlegte immer noch, als Jim vorbeikam.
    »Sally! Noch Lust, was zu unternehmen? Oder willst du
schon nach Hause?«
»Ja... was steht denn an?«
»Komm mit ins Varietee. Mackinnon ist in
Schwierigkeiten, Fred und ich wollen nach dem Rechten
schauen. « Zusammen gingen sie durch die Menge, die
sich nach Feierabend auf den Straßen drängte: Melone
tragende Bankangestellte, Bürogehilfen,
Zeitungsverkäufer und Straßenkehrer --- und Jim
berichtete ihr von Isabels Nachricht vom frühen Morgen.
Sie warteten vor einem Steakhaus, bis die Straße frei zum
Überqueren war, und im warmen Brodem und Licht auf
dem Gehsteig erinnerte sie sich wieder an jenen Jim, den
sie vor sechs Jahren kennen gelernt hatte, als er selber
noch ein strubbeliger Bürogehilfe mit Tintenfingern war,
mager und quirlig wie ein Spatz. Sie war bester Laune.
»Lust, was loszumachen?«, sagte sie. »Lust hätte ich
schon, altes Haus. Also los!«
Chaka spürte ihre unternehmungslustige Stimmung und
wedelte mit dem Schwanz.
Sie ging rasch nach Hause, um sich umzuziehen. Wenig
später trafen sich alle drei um halb acht in der Schlange
vor der Royal Music-Hall. Frederick war im Abendanzug
und balancierte einen Spazierstock. Zu seiner großen
Überraschung küsste Sally ihn zur Begrüßung.
»Da lohnt sich das Kommen«, kommentierte er. »Was
steht denn auf dem Programm, Jim?«
Jim hatte das Plakat draußen neben der Tür gelesen und
kam nun zu seinem Platz in der Schlange zurück. »Ich
schätze«, rapportierte er, »Mackinnon tritt hier unter dem
Namen >Der große Mephisto< auf. Er wird wohl kaum in
Madame Tarocszys weiblicher Velozipedtruppe
mitmachen und sich auch nicht als Senor Ambrosio
Chavez, das knochenlose Wunder, verrenken... «
»Ich frage mich, was man sich unter einem weiblichen
Veloziped vorzustellen hat«, sagte Frederick. »Parkett
oder erster Rang? Wir sollten möglichst nahe an der
Bühne sitzen für den Fall, dass wir eingreifen müssen.
Was meinst du?«
»Vom ersten Rang kommt man hier nicht rasch nach
unten«, gab Jim zu bedenken. Wir sollten daher so weit
wie möglich nach vorn. Das Dumme ist bloß, dass wir
dann das

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