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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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dass er friert?«
    Ariadne schüttelte den Kopf.
    »Das glaube ich nicht. Papa hat es gut dort, wo er ist.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Und du weißt ja … Papa hatte es in vieler Hinsicht schwer. Jetzt plagt er sich nicht mehr.«
    »War das meine Schuld?«, kam es undeutlich aus dem Kissen.
    »Was meinst du?«
    »Die Pilze!«
    »Nein, nein, das waren nicht die Pilze. Wie kommst du darauf, es waren auf keinen Fall die Pilze!«
    »Er hat es mir gezeigt«, sagte Christa mit belegter Stimme. »Ich habe mit den Fingern gefühlt, wie sie sein müssen. Ich habe sogar an ihnen gerochen, sie rochen nach Regen und Moos, alle Pilze rochen so, genau gleich, nach Regen und Moos.«
    Sie drückte das Mädchen dichter an sich, das Gesicht an ihrer Schulter.
    »Es waren nicht die Pilze«, beruhigte sie sie.
     
    Am frühen Sonntagmorgen knirschte der Kies auf der Einfahrt vor dem Haus, und ein Auto fuhr vor. Ariadne war sofort hellwach. Sie hatte nicht gerade tief geschlafen, hatte eher dagelegen und nach Geräuschen und Schritten gelauscht, als würde er jeden Augenblick zurück sein. Irgendwann sank sie dann in einen halluzinatorischen Traum, er stand über ihr, sein verzerrtes Gesicht: Was hast du getan, du widerliche Schlampe? Was hast du getan? Sie erwachte schweißgebadet, traute sich jedoch nicht aufzustehen oder sich wenigstens umzudrehen.
    Jetzt hingegen sprang sie auf und warf sich ihren Morgenmantel über.
    »Was ist denn, Mama?«, fragte Christa erschrocken.
    Sie schaute durch die Gardine hinaus. Es war ein schwarzes Auto, das sie nicht kannte. Ein Mann stieg aus. Er hielt einen Blumenstrauß in der Hand. Als er näher kam, sah sie, wer es war, Jonas Edgren, Tommys Kollege aus Skåne.
    »Es ist ein Bekannter von Papa«, antwortete sie. »Du kannst im Bett liegen bleiben. Ich gehe zu ihm hinaus.«
    »Darf ich hereinkommen?«, fragte er, als sie öffnete.
    »Oh, verzeihen Sie, ich bin noch nicht angezogen.«
    »Das macht nichts. Ich will nur kurz mit Ihnen reden.«
    Sie ließ ihn herein. Er zog seine Schuhe aus, sie sahen genauso aus wie Tommys, was ihr einen Schlag versetzte. Er drückte ihre Hand.
    »Ich habe Ihnen Blumen mitgebracht. Leider konnte ich keinen schöneren Strauß finden, um diese Zeit haben ja nur die Tankstellen geöffnet, und die Auswahl dort ist nicht gerade überwältigend.«
    »Danke«, sagte sie matt.
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer.
    »Setzen Sie sich doch, ich komme gleich.«
    Sie zog sich im Schlafzimmer eine Hose und einen Pulli an, Christa lag unbeweglich in ihrem Bett.
    »Wer war das?«, fragte sie.
    »Nur ein Freund von Papa. Du bleibst so lange hier.« Sie beugte sich hinunter und küsste das Mädchen auf die Wange.
    »Ich hab dich lieb, Christa.«
    Keine Antwort.
    Jonas Edgren wartete im Wohnzimmer. Er hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt und studierte die Fotografien, die eingerahmt im Bücherregal standen. Christa als kleines Mädchen. Christa mit einer Katze im Arm. Tommys und Ariadnes Hochzeitsfoto.
    »Möchten Sie vielleicht einen Kaffee?«, fragte sie schnell.
    »Nein, danke. Nichts.«
    Sie goss Wasser in eine Vase und trug die Blumen zum Tisch. Es waren Nelken und irgendwelche trockenen blauen Blumen, deren Namen sie nicht kannte. Eine der Knospen war bereits während des Transports abgeknickt. Jonas Edgren nahm das Hochzeitsfoto in die Hand.
    »Was für ein trauriger Morgen«, begann er. »Ein sehr trauriger Morgen.«
    Sie bewegte den Kopf in seine Richtung.
    »Woher wissen Sie es?«
    Er stellte das Foto zurück und kam auf sie zu.
    »Ariadne. Ich bin Polizist.«
    Sie hätte gern ein wenig mehr Zeit gehabt, um sich zu kämmen und die blauen Flecken in ihrem Gesicht zu überschminken. Aber jetzt war es, wie es war. Er streckte seine Hand aus und berührte vorsichtig die Haut unter ihrem linken Auge. Sah sie lange an. Sie schaute zurück, ohne den Blick abzuwenden.
    »Tommy und ich haben einander viele Jahre gekannt«, sagte er. »Oder man denkt jedenfalls, dass man einander kennt.«
    Sie schwieg.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
    In dem Moment begann sie zu weinen. Er machte Ansätze, sie in den Arm zu nehmen, aber sie wandte sich ab. Suchte in der Hosentasche nach einem Taschentuch.
    »Wir setzen uns am besten.« Sie spürte seine Hand um ihren Ellenbogen. »Kommen Sie, wir setzen uns.«
    Sie weinte eine Weile, bis die Tränen schließlich nachließen. Er saß und betrachtete sie.
    »ihre Tochter?«, fragte er. »Wo ist sie?«
    »Sie schläft. Ja, heute Nacht, wir haben

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