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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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beide dort geschlafen. Im Schlafzimmer.«
    »Wie wird sie damit klarkommen, was meinen Sie?«
    »Traurig.«
    »Ariadne, ich möchte, dass Sie mir erzählen, was geschehen ist. Schaffen Sie das?«
    Sie berichtete von Anfang an. Den Ausflug in die Pilze, das Abendessen.
    »Es war so unsagbar schrecklich«, flüsterte sie.
    »Ich verstehe.«
    »Er litt so furchtbar. Und dann, dass man nicht … ihm nicht helfen konnte. Man fühlt sich so, wie sagt man, machtlos.«
    »Und seine Spritzen? Ich weiß, dass er sie immer in seinem Rucksack bei sich hatte. Die Adrenalinspritzen und die Tabletten.«
    »Wir haben gesucht, wir haben sie nicht gefunden.«
    Er schaute sie fragend an.
    »Wir haben fast das ganze Haus auf den Kopf gestellt«, erklärte sie. »Aber nirgends.«
    »Das ist merkwürdig.«
    »Sie können sich vorstellen, dazustehen und zuzugucken, nichts machen zu können. Wie sich das anfühlt.«
    »Ja.«
    »Und dann … dann kam der Krankenwagen. Ich hatte das Gefühl, dass es mehrere Stunden dauerte.«
    »Ich frage mich, woran es gelegen haben könnte. Er ist allergisch gegen Hirse, das weiß ich. Aber die hat er ja bisher immer erfolgreich gemieden. Gibt es vielleicht noch weitere Allergien, von denen ich nichts weiß? Das Brot, das Sie gegessen haben? Was war es für eine Sorte?«
    »Bondgårdens Frukostlimpa. Er hat es schon oft gegessen.«
    »Kein anderes?«
    »Nein. Ich weiß nicht, ich glaube nicht.«
    »Haben Sie die Verpackung noch?«
    »Ich glaube, ja. Draußen in der Küche.«
    »Ich nehme sie mit, wenn ich gehe. Ist das in Ordnung?«
    »Natürlich.«
    »Möglicherweise hat er eine neue Allergie entwickelt, die ganz plötzlich aufgetreten ist. So etwas kommt vor, ich habe schon davon gehört. Die eine zieht oftmals die andere nach sich.«
    »Vielleicht.«
    »Es ist jedenfalls verdammt traurig. Unfassbar. Sie werden ihn wohl obduzieren müssen, um herauszufinden, woran es lag. Aber das hilft uns natürlich auch nicht mehr. Weder ihm noch Ihnen.«
    »Nein«, stimmte sie leise zu. »Das hilft nichts.«
     
    Jonas Edgren fuhr sie in seinem Auto zum Krankenhaus. Wartete, bis Ariadne sowohl Christa als auch sich selbst zurechtgemacht hatte. Er sagte dasselbe, was der Arzt am Telefon gesagt hatte. Dass es die Trauer erleichtern könne, wenn man ein letztes Mal Abschied nahm. Als sie nach draußen kamen, ging er zu Tommys Auto und schaute durch die Scheiben in das Wageninnere. Ariadne spürte, wie ihr Mund austrocknete. Sie hörte, wie jemand ihren Namen rief.
    »Ja?«
    »Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas.«
    Sie tat, was er sagte, und näherte sich dem BMW, wo seine Finger direkt auf die Rückbank zeigten.
    »Sehen Sie, was dort liegt!«
    »Oh! Sein Rucksack.«
    »Er muss vergessen haben, ihn gestern mit reinzunehmen.«
    »Ja.«
    »Merkwürdig, dass er nicht daran gedacht hat.«
    »Ja, das ist merkwürdig«, flüsterte sie. »Er hat sonst immer seinen Rucksack bei sich.«
     
    Tommys Kollege von der Polizei begleitete sie auf dem langen Weg ins Gebäude hinein. Sie wusste nicht, ob sie es sonst geschafft hätte.
    Der Aufbahrungsraum lag ganz hinten im Kellergeschoss. Sic gingen durch lange Verbindungsgänge, in denen die Staubflusen wie Ratten herumwirbelten. Ihr kam es so vor, als würden sie niemals ankommen. Die Schritte hämmerten in ihrem Kopf, sie hatte ein paar Magnecyl-Tabletten geschluckt, deren Wirkung allerdings noch auf sich warten ließ. Christa ging zwischen ihnen, sie hatten sie jeder an eine Hand genommen. Sie war blass und wirkte verbissen, hatte kaum geantwortet, als Jonas Edgren mit ihr gesprochen hatte.
    In dem Raum brannten zwei Kerzen. Tommy lag in einem gewöhnlichen Krankenhausbett und war mit einer hellgelben Decke bedeckt, die ihm bis zum Bauch reichte. Er trug seine eigene Kleidung, die er auch gestern getragen hatte. Auf dem T-Shirt fanden sich Spuren von Erbrochenem. Sein Gesicht war mit einem kleinen Tuch bedeckt, und die Hände, seine großen festen Hände, lagen ordentlich gefaltet auf seiner Brust. Jemand hatte ihm eine Rose zwischen Daumen und Zeigefinger gesteckt, sie war rot und begann bereits zu welken.
    »Tommy«, flüsterte sie. Neben sich hörte sie Christas stockendes Schluchzen. Jonas Edgren legte seinen Arm um das Mädchen und führte ihre Hände an den leblosen Körper.
    »Das ist dein Papa, meine Liebe, dein Papa Tommy. Er liegt hier so friedlich, du brauchst keine Angst zu haben, es ist nicht gefährlich, ganz und gar nicht. Wir werden ihn nur ein wenig streicheln, um

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