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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Monitore und Bildschirme angebracht, die die verschiedenen Brücken zeigten. Jill stellte ihren Rucksack ab. Sie ging zu den Pflanzen und befühlte die Erde in den Ampeln mit Wachsblumen, die sie in den Fenstern aufgehängt hatte. Gut. Sie war feucht. Jemand hatte nach ihnen gesehen, als sie frei gehabt hatte.
    Während der bevorstehenden Schicht würde sie auf dem so genannten Verkehrssessel sitzen. Von da aus hatte sie den Überblick über sämtliche Schiffe innerhalb des Seeverkehrsgebietes von Södertälje und konnte sehen, wo sie sich befanden und welches Ziel sie ansteuerten. Das Gebiet umfasste den Schärengarten vom östlich gelegenen Landsort aus mitsamt dem Mälarsee bis hin zu den westlich der Schleusen gelegenen Bereichen Stockholms. Alles, was sich innerhalb dieses Gebietes bewegte, registrierte sie und gab es in die elektronische Seekarte ein. Sie folgte den Fahrzeugen, die sich als grüne Schatten auf dem Radarschirm abzeichneten. Dort konnte sie ihren Namen, ihren Kurs und ihre aktuelle Geschwindigkeit ablesen. Alle Fahrzeuge, die länger als 45 Meter waren, unterlagen der Pflicht, sich in der VTS-Zentrale registrieren zu lassen.
    Im selben Moment, als sie in ihren Sessel sank, wurden sie von dem Lotsen auf der Listerland angefunkt, der mitteilte, dass sein Schiff gerade aus Köping auslief. Es handelte sich um Billy Anderberg, sie erkannte ihn an seiner Stimme. Als er hörte, dass sie am Apparat war, klang er froh. Er bat darum, ihn vom offiziellen Verkehrskanal 68 auf die elf, den Gesprächskanal, umzustellen.
    »Willkommen aus dem Urlaub«, rief er. »Wie viele Eisbären hast du geschossen?«
    »Zehn!«, antwortete sie schlagfertig. Sie mochte Billy, er war lustig und umgänglich. Gleichzeitig besaß er eine Ernsthaftigkeit, die sie gleichermaßen faszinierte wie beunruhigte. Sie waren schon mehrmals zusammen essen gegangen. Jedes Mal war sie darauf bedacht, ihren Teil der Rechnung selbst zu begleichen. Er war ein Freund, nicht mehr. Für manche Männer war es schwer, damit umzugehen.
    Kanal Nummer 16 war der Funk- und Notrufkanal. Er wurde auf allen Schiffen abgehört. Es war übrigens Kanal 16, den die Estonia für ihren Mayday-Ruf vor fast zehn Jahren benutzt hatte. So lange war das also schon her! Sie erinnerte sich an Gerd aus ihrer Clique in Hässelby, wo sie aufgewachsen war. Gerd war eine Pflegetochter bei Östmans und eine der treibenden Kräfte, als es darum ging, Justine zu mobben. Gerd war in der Nacht, in der das Schiff unterging, an Bord der Estonia gewesen. Es war ihr Junggesellinnenabend. Sie wollte heiraten, zum dritten Mal. Doch sowohl sie als auch ihre fünf Freundinnen wurden mit in die Tiefe gerissen.
    Es wurde Zeit, den automatischen Anrufbeantworter, der mit allgemeinen Informationen zu Wasserstand und Fahrrinnen einen Service für die Lotsen bot, neu zu besprechen. Sie griff nach dem Telefon und begann, die Werte abzulesen.
    »Wasserstand Ostsee +20, Mälarsee +1, Hjulsta-1, Västerås -1, Kvicksundsbron +2. Information zu den Fahrrinnen im Mälarsee. Bryggholmen, östliches Oknöhäll, Leuchtfeuer mit rotem Schein, jedoch erloschen, Linasundet, Duckdalbe 13 erloschen …«
    Nisse kam mit drei Bechern Kaffee, die er unten im Personalraum geholt hatte, die Wendeltreppe hochgestiegen. Er saß während dieser Schicht im Lotsensessel, während Fred auf dem Kanalsessel saß. Wenn man den Kanal betreute, musste man die Brücken öffnen und hinausgehen, um die Schiffe zu vertäuen, während sie in der Schleuse lagen. Nisses Hauptaufgabe bestand jedoch darin, den Arbeitsplan für die Lotsen aufzustellen, was extrem kompliziert sein konnte. Manchmal herrschte ein regelrechter Mangel an Lotsen. Zum Beispiel, wenn jemand krank war oder sich noch innerhalb seiner vorgeschriebenen Ruhezeit befand. Außerdem waren die Lotsen dazu verpflichtet, einen Auftrag abzulehnen, wenn sie sich nicht genügend ausgeruht fühlten. Ansonsten war das Risiko zu hoch. Besonders der Mälarsee war ein kompliziertes Fahrwasser mit Untiefen und engen Passagen, das Konzentration und langjähriger Erfahrung bedurfte.
    Die meisten Menschen waren erstaunt, das zu hören. Wurden die Schiffe heutzutage nicht ausschließlich durch Computer gesteuert? Tatsache war, dass es immer noch keine ausreichend entwickelten Programme gab, die es möglich machten, die gesamte Verantwortung dem Computer zu übertragen. Außerdem war die Technik viel zu anfällig. Ein Computer konnte zum Beispiel bei einem Gewitter einen

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